Tanz mit mir - Roman
andere Dinge ein, die wir im Moment auch gar nicht mehr üben …«
»Ich meinte das Tanzen.« Lauren versuchte, Chris’ Finger zu ignorieren, die sich ihr Bein hinaufschlängelten. Er fuhr immer zu schnell, wahrscheinlich sogar noch schneller, wenn seine Kumpel im Auto saßen. Lauren nahm seine Hand und legte sie wieder auf das Lenkrad. »Deine Mutter hat recht – man kann das Tanzen nicht über Nacht erlernen, und ich möchte einfach nicht, dass alle dabei zusehen, wie wir uns gegenseitig über die Füße fallen.«
»Wer sagt denn, dass wir über unsere Füße fallen werden? Außerdem ist es ja noch lange hin …«
Lauren schluckte die freche Antwort hinunter, dass er jede Minute bis zur Hochzeit dringend zum Üben benötigen würde. Normalerweise ärgerte sie sich nicht so sehr über Chris, doch jetzt regte sie sich schrecklich darüber auf, dass er nicht einmal die Grundschritte begriff. Für gewöhnlich war nämlich sie diejenige, die Probleme damit hatte, solche Dinge auf die Reihe zu bekommen. Doch Chris schien es überhaupt nicht zu stören, dass sie als Paar weit hinter allen anderen zurücklagen. Sogar diese begriffsstutzige, kichernde Kuh aus dem Finanzamt versemmelte den Walzer schon lange nicht mehr.
»Ganz ehrlich, Chris – es wird wirklich ganz, ganz – nimm die Finger von mir, ja?« Sie starrte finster auf die Hand, die sich wieder auf ihren Oberschenkel gelegt hatte. »Könntest du dich bitte auf die Straße konzentrieren?«
»Boah!« Er hob die Hände. »Was ist eigentlich mit dir los?«
»Leg beide Hände ans Lenkrad!«, schrie sie.
Bevor sie in die Straße abbogen, in der Kian wohnte, mussten sie an einer Ampel anhalten.
Lauren riss sich zusammen. Aus einem ihr unerfindlichen Grund ging ihr Chris’ linkisches Getrampel und Geschiebe immer stärker auf die Nerven. Warum bloß?
»Tut mir leid, ich habe einfach nur eine sehr stressige Woche in der Praxis hinter mir, weißt du? Ich musste den neuen Computer installieren und anschließen, und es gibt noch so viele Dinge, die für die Hochzeit noch geplant und entschieden werden müssen. Ich hätte meiner Mutter erst von den Pferden erzählen sollen, nachdem sie über den Caterer -«
»Pferde?«
Zu spät erinnerte sich Lauren, dass sie auch Chris noch nichts von den Pferden erzählt hatte.
»Was meinst du: Wäre es möglich, dass du einen Abend lang mal nicht an die Hochzeit, sondern stattdessen an mich denken könntest?«, grollte er. »Während Kian aus ist?«
Sie legte den Kopf zur Seite und schaute ihn an. »Bist du sicher, dass Kian heute Abend nicht da ist?«
Seit sich Chris bei Kian einquartiert hatte, war dieser exakt zwei Mal ohne Chris ausgegangen.
»Ganz sicher. Er hat mir gesagt, dass er eigentlich sogar plant, heute Nacht gar nicht nach Hause zu kommen«, fügte er hinzu. »Und wenn wir das Sofa ein wenig zur Seite schieben, haben wir sogar genug Platz, um diesen einen Schritt zu üben, was meinst du?«
Lauren legte die Hand auf sein Knie und strich über seine langen, muskulösen Oberschenkel. Chris trug immer noch den Anzug, da er direkt nach der Arbeit zu Irene gefahren war. »Danke, Chris!«
»Und wenn wir damit fertig sind, gehen wir zu einem etwas horizontaleren Tanz über, ja?«, bat er mit einem frechen Lächeln. »Abgemacht?«
Chris sah absolut verführerisch aus in seinem Anzug, dachte Lauren. Vielleicht sollte ich öfter in meiner Mittagspause beim Autohändler vorbeischauen und wie früher die romantischen Möglichkeiten einer Testfahrt ausprobieren.
»Na gut!«
Kians Wohnung war das genaue Gegenteil dessen, was Lauren sich als ihr erstes Zuhause vorstellte. Es herrschte das totale Chaos in der nur spärlich möblierten Wohnung. Außerdem stank es nach Curry und modrigem Waschpulver, das in der Waschmaschine festgetrocknet war. Chris und Lauren hatten sechs Monate lang relativ erwachsen und selbstständig zusammengelebt. Lauren klammerte sich nun an die Hoffnung, dass Chris die Zustände in einer solchen Junggesellenbude noch einmal deutlich vor Augen führten, wie schön es doch war, in ein frischgemachtes Bett zu fallen und zu wissen, dass das Badezimmer nicht mehr Bakterien beherbergte als der Kühlschrank in Laurens Arztpraxis.
Leider schien sich Chris in dieser Umgebung ein wenig zu wohlzufühlen.
»Geh ruhig durch«, erklärte Chris und wies ihr den Weg ins Wohnzimmer. »Ähm, warte mal, lass mich das kurz …«, fügte er dann plötzlich hinzu und schlängelte sich an ihr vorbei, um auf die
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