Tanz mit mir - Roman

Schnelle noch ein paar Dinge aufzuräumen.
    Lauren folgte ihm langsam, um ihm die Chance zu geben, wenigstens ein wenig von dem Grauen zu beseitigen, dem sie sich gleich gegenübersehen würde.
    Die einzigen Möbel im Wohnzimmer, wenn man einmal von einem alten Tisch und einem Parkverbotsschild absah, waren zwei große fleckige Sofas – jeweils eins für Chris und Kian. Von den Sofas aus konnte man auf einem riesengro ßen Plasmabildschirm perfekt Fußball gucken. Kian verdiente recht ordentlich, seitdem er leitender Angestellter im Elektrizitätswerk am anderen Ende der Straße geworden war, und er zeigte sich fest entschlossen, sein Geld sofort »wieder in die lokale Wirtschaft« zu investieren, wie zum Beispiel in das gewaltige Fernsehgerät, in das Soundsystem von Bose sowie in verschiedene schwarze Boxen, mit denen Lauren nichts anzufangen wusste. Sie war nicht gerade begeistert von Kians Finanzplanung. Er versuchte ständig, Chris dazu zu überreden,
sich ein Auto der Oberklasse zuzulegen, »um auch den lokalen Autohändler zu unterstützen«. Sie beschlich das ungute Gefühl, dass Chris’ Junggesellenabschied unter Umständen mehr als die gesamte Hochzeit kosten könnte.
    Chris bemerkte Laurens argwöhnischen Blick auf die Sofas und warf ein Kissen auf den größten Fleck, bevor er sie an die Wand schob, um Platz für ein paar Tanzschritte zu schaffen.
    »Ich hatte kurz darüber nachgedacht, Kian zu überreden, uns eine Putzfrau anzuschaffen. Aber dann dachte ich, dass es wohl besser wäre, das Geld für unser Bankguthaben zu sparen«, erklärte er. »Wenn du möchtest, kann ich später kurz eine Runde staubsaugen.«
    Lauren schmolz dahin, als sie Chris’ ernsten Blick sah, der ihr Gesicht nach Anzeichen der Zustimmung absuchte. Wenn er so lächelte wie jetzt, erinnerte er sie immer an den jungen David Beckham. Und sie war in diesem Punkt nicht die Einzige: Jede Frau in Longhampton unter fünfzig dachte das Gleiche. Er testet einmal das Lotterleben, redete sich Lauren ein, als er sie an die Hand nahm und sie zu der frei geräumten Fläche geleitete. In seiner Jugend waren in Irenes Haus wahrscheinlich nicht viele Flecken erlaubt gewesen. Da war es doch besser, wenn er sich jetzt austobte und nicht später in den eigenen vier Wänden.
    Lauren dachte daran, wie Chris seine Schmutzwäsche zu seiner Mutter gebracht hatte. Sie hätte sich dafür ohrfeigen können, dass sie auch nur eine Minute lang geglaubt hatte, er würde wenigstens einen Teil der anfallenden Hausarbeiten erledigen.
    Vielleicht sollte ich Irene einmal darauf hinweisen, wie die Wohnung hier aussieht, dachte Lauren boshaft, als Chris einen Arm um sie legte und die Walzerhaltung einnahm. Das könnte sie vielleicht davon abhalten, zum Tanzkurs zu kommen.
    Lauren schaute zufrieden zu Chris hoch und legte ihre Hand
auf seine Schulter. Sie konnte die Rundungen der Muskeln unter seinem Baumwollhemd fühlen. Er nahm ihre Hand und hob sie so hoch, wie Angelica es vorgeschrieben hatte.
    »Du willst also diese Figur üben, die deine Mutter beim Tanzabend getanzt hat?« Chris fasste ihre Hand fester und presste die Fingerspitzen der anderen Hand gegen ihr Schulterblatt. »Du beugst dich nach hinten?«
    »Nein, das ist doch langweilig! Wie wäre es mit dieser raffinierten Hebefigur aus Dirty Dancing ?«, fragte sie. »Du musst mich hochheben und drehst dich dann langsam.« Sie schaute sich um. Glücklicherweise befanden sich nicht viele Dinge in diesem Zimmer, die man dabei umstoßen könnte.
    Chris wackelte mit den Augenbrauen. »Okay! Dann werde ich den anderen in der nächsten Tanzstunde mal etwas bieten, worüber sie sich das Maul zerreißen können!«
    »Aber lass mich ja nicht fallen!«, warnte Lauren und hatte schon einen atemberaubenden Showtanz vor Augen, mit dem sie die altmodische Hochzeitstradition brechen würden. Wo stand denn geschrieben, dass man als ersten Hochzeitstanz einen Walzer tanzen musste ? Wozu war sie denn mit einem Amateur-Rugbyspieler zusammen, wenn sie nicht sein Krafttraining ausnutzen konnte? »Du bist der Einzige im Kurs, der diese Figur schaffen kann, ohne sich dabei das Kreuz zu brechen!«
    Bevor sie sich jedoch für die Figur bereit gemacht hatte, packte Chris Lauren schon an der Hüfte und hob sie mit einer Geschicklichkeit in die Höhe, die eher für eine Rugby-Gasse angemessen gewesen wäre als für eine Tanzfigur.
    Lauren quiekte und schrie und versuchte, ihre Arme auszubreiten, während Chris versuchte, sich