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Tanz mit mir - Roman

Tanz mit mir - Roman

Titel: Tanz mit mir - Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lucy Dillon Sina Hoffmann
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fuhr Lauren fort und riss die Augen weit auf. »Ich will nicht, dass sie sich ärgert und es womöglich noch persönlich nimmt. Soll ich ihr Schokolade oder etwas Ähnliches besorgen?«
    »Das wird sie nicht denken, keine Sorge. Es ist schön, dass du wieder zu Hause bist, aber deine Mutter und ich genießen es ebenso sehr, unter uns zu sein, weißt du? Außerdem«, erklärte er und drückte Laurens Arm, »ist es nur fair, wenn du deinen alten Dad die langweiligen Dinge erledigen lässt, da deine Mutter schon alle Hände voll zu tun hat mit den Kleidern der Brautjungfern und allem anderen. Oder?«
    Lauren hielt inne und umarmte ihn. »Oooh! Du darfst dich nicht ausgeschlossen fühlen! Du bist doch mein Tanzlehrer!« Sie dachte kurz nach. »Jetzt, da ich so darüber nachdenke, könnte Chris eigentlich dringend ein wenig Nachhilfe beim Tanzen gebrauchen. Vielleicht könnte Mum das ja übernehmen? Ich glaube nicht, dass er Baxter wegen Nachhilfe fragen möchte – nicht, nachdem er diese Bemerkung über Männer mit Ohrringen gemacht hat. Meinst du, sie würde das tun?«
    »Ich werde sie fragen«, erwiderte Frank.
     
    Vielleicht war es eine reine Verzögerungstaktik, um nicht direkt wieder zur Arbeit zurückgehen zu müssen, doch auf
dem Rückweg vom Imbiss, wo Katie die Mittagspause verbracht hatte, machte sie einen Abstecher in die Bibliothek.
    Die Abteilung über die Stadtgeschichte war nicht gerade groß, doch Katie rief alle Dokumente auf, die sie über die Memorial Hall finden konnte. Wie sich schließlich herausstellte, gab es sogar eine ganze Archivkiste über das Gebäude. Unter dem grellgelben Licht der Neonröhren erzählten die vergilbten Dokumente und verknitterten Fotos Katie eine farbenfrohe Geschichte, die nach und nach mit jedem Schreiben die Memorial Hall vor ihrem inneren Auge zum Leben erweckte.
    Mehr noch als das Gebäude an sich waren es die Menschen, die einen Bauantrag gestellt, es entworfen und schließlich gebaut hatten, die in Katies Vorstellung Gestalt annahmen. Zuallererst war da Lady Cartwright, die trotz ihrer noch jugendlichen Züge schon weißes Haar hatte und in ihren Witwenkleidern überaus ehrwürdig und elegant aussah, als sie den Vorsitz führte bei den leicht verkniffen wirkenden, vollbusigen Ladys aus Longhampton. Katie las die Diskussionsprotokolle darüber, wie eine Balance gefunden werden könnte zwischen dem ehrenden Gedenken und der Feier des Lebens. Außerdem wurde gefordert, so viel und oft wie möglich örtliche Baustoffe und Handwerker einzusetzen. Sie stellte sich vor, wie viel Mühe und Anstrengungen dieses Bauvorhaben die kriegsgeschädigte Stadt gekostet haben musste sowie die Begeisterung, die wohl am Einweihungstag geherrscht hatte, als die Halle noch nach neuem Holz, frischer Farbe und Politur gerochen hatte. Frische Blumen, so las Katie in einer Notiz, waren eigens aus Mrs. Clarence Bonningtons Gewächshaus geliefert worden, und unter jedem Buntglasfenster war eine Kupfertafel zum Gedenken an die Gefallenen angebracht worden.
    Es gab verschiedene Fotos: Ein Bild aus den 1930ern von kleinen Mädchen in Matrosenanzügen, die in einer Reihe aufgestellt worden waren; eine Ballettklasse mit dürren Jugendlichen
nach dem Krieg; ein Schwarz-Weiß-Schnappschuss der Formationsturniertanzgruppe von 1960, bei dem die Herren schwarze Krawatten und die Damen ballonförmige, fruchtcremefarbene Kleider trugen, die von einem begeisterten Zeitgenossen von Hand nachkoloriert worden waren. Des Weiteren gab es Aufnahmen von Big Bands, die zu Besuch kamen, von einer Gilbert-&-Sullivan-Operette von 1948, ein paar Teddy-Boys von 1960 sowie ein Foto einer dunkelhaarigen, lächelnden Primaballerina, en pointe , deren schlanke Beine mühevoll angespannt waren, ohne Datum.
    Katie lehnte sich mit Tränen in den Augen zurück und wurde richtig sentimental. Bei der Memorial Hall handelte es sich nicht nur um ein einfaches Gebäude – es war das schon ein wenig verstaubte, gesellschaftliche Herz Longhamptons! Die Erinnerungen der Vergangenheit waren immer noch in dem Gebäude präsent – man sollte es renovieren, anstatt es abzureißen!
    Sie lieh sich so viele Unterlagen aus wie möglich und kopierte den Rest. Dann stopfte sie alles in ihre Umhängetasche und machte sich wieder auf den Weg ins Büro. Während sie den Rest des Tages damit beschäftigt war, Berichte zu schreiben und Pachtverträge zu überprüfen, war sie mit einem Teil ihrer Gedanken bei der Memorial Hall und der Frage, was

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