Tanz mit mir - Roman
erklärte Bridget, griff in ihre abgenutzte Umhängetasche und kramte eine CD hervor. »Angelica hat diese CDs verteilt – sie sind für die Tanzvorführung. Eine ist für Sie beide, die andere für Jo und Greg.«
»Für die Tanzvorführung?« Diese Veranstaltung hätte Katie im Augenblick nicht gleichgültiger sein können, und doch fing sie sich innerlich wieder.
Bridget lächelte sie mitfühlend an. »Ich weiß. Als hätten wir nicht alle im Moment mehr als genug zu tun! Wir sollen Weihnachten unsere Tanzkünste beim Tanzabend vorführen – wir bekommen einen großen Auftritt im Rampenlicht! Sicherlich wird Angelica Ihnen beim nächsten Treffen noch einmal alles genau erklären. Aber sie hat uns als Hausaufgabe aufgegeben, die CDs im Auto abzuspielen und uns auf dem Weg zum Supermarkt vorzustellen, wie wir zu der Musik tanzen.« Bridget ahmte dabei ziemlich gut Angelicas Londoner Dialekt nach, sodass Katie grinsen musste.
»Ich würde Sie und Frank gern solo tanzen sehen«, erklärte sie und war froh, etwas Nettes sagen zu können und dies auch wirklich ernst zu meinen. »Sie sind viel besser als der Rest von uns.«
»Na ja, kein Wunder, nach so vielen Jahren …«, seufzte Bridget. »Natürlich hat auch meine Mutter – Franks Mutter übrigens auch – die meisten Wochenenden in der Memorial Hall verbracht. Das ist auch der Grund, warum Frank so gut tanzen kann«, fügte sie mit einem vertrauensvollen Augenzwinkern hinzu. »Seine Mutter hat ihm den Tipp gegeben, dass es einfacher sei, Mädchen kennenzulernen, wenn er tanzen könne. Kurz darauf hat er sich zum Tanzkurs angemeldet. Ich glaube, er wollte Chris in einem Gespräch unter
Männern etwas Ähnliches raten, aber ich denke, dass es heutzutage einfach nicht mehr das Gleiche ist.«
»Sie sind früher auch schon in die Memorial Hall gegangen?« Plötzlich war Katies Interesse geweckt.
»Oh ja. Na ja, ab und zu jedenfalls. Jeder ging dorthin, bis etwa … oh, bis in die späten Siebziger, nehme ich einmal an. Hier in der Gegend gab es kaum andere Möglichkeiten. Jeder ist tanzen gegangen.«
»Bridget, haben Sie Zeit und Lust, einen Tee mit mir zu trinken?« Katie stieß die Tür weit auf. »Es gibt da etwas, wozu ich gerne Ihre Meinung hören würde.«
»Ach ja, ich erinnere mich!« Beim Anblick der Fotos machte Bridget große Augen. »Schauen Sie mal, das ist Hean, die Freundin meiner Mutter. Dort, die Frau mit den hoch aufgesteckten Haaren. Sie war eine der Besten beim Formationstanz. Oh … schauen Sie sich bloß einmal diese Kleider an! Die waren wirklich toll, wissen Sie. Die Gruppe tanzte einen phantastischen Wiener Walzer, bei dem sich die Tänzerinnen wieder und wieder drehten, sodass ihre Petticoats in die Höhe flogen. Dann hielten sie plötzlich alle inne und legten in die entgegengesetzte Richtung los. Wie ein Kreisel. Sie sind sogar nach Blackpool gefahren und haben dort sämtliche Preise abgeräumt.« Sie seufzte. »Man sollte nicht glauben, dass sich damals in London gerade der Punkrock immer größerer Beliebtheit erfreute. Hier bei uns vergeht die Zeit doch sehr viel langsamer.«
Als Katie ihr ein weiteres Foto reichte, schaute Bridget auf die Uhr und warf Katie einen reumütigen Blick zu. »Apropos Zeit – ich sollte besser wieder nach Hause gehen. Ich sehe es nur ungern, wenn Frank sich sein Abendbrot allein zubereitet. Der Mann würde allein von Schinken und Pommes leben, wenn er könnte. Ihr Mann ist da ganz anders – die Männer von heute sind so viel unabhängiger, nicht wahr?«
Katie zuckte zusammen und wusste sofort, dass dies Bridgets Adleraugen nicht verborgen geblieben war.
»Kann Lauren nicht das Abendessen zubereiten?«, fragte sie, bevor Bridget eine Bemerkung machen konnte. Katie reichte ihr ein weiteres Foto, auf dem einige Ballerinen zu sehen waren. Angesichts der vielen nostalgischen Erinnerungen seufzte Bridget tief.
»Sehen Sie? Die Heizkörper sind immer noch dieselben! Nein, sie ist heute Abend mit Chris unterwegs – sie meinte, sie müsse etwas Wichtiges mit ihm besprechen.« Bridget verzog das Gesicht. »Wahrscheinlich hat es wieder irgendetwas mit den Brautjungfern zu tun. Nur im Schlaf denkt sie gerade einmal nicht an die Hochzeit. Außerdem ist sie in der Küche nicht viel geschickter als Frank – wenn das Essen nicht aus einem eingeschweißten Päckchen kommt, ist Lauren nicht interessiert. Na ja, dann muss Frank eben heute Abend sehen, wie er zurechtkommt. Außerdem«, erklärte sie und
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