Tanz mit mir - Roman
lauschten dem Wind, der im Park durch das unverwüstliche Gebüsch blies.
»Was willst du also nun tun?«, fragte Lauren schließlich. Sie wunderte sich, wie fest ihre Stimme klang, wo sie doch innerlich vollkommen aufgewühlt war.
»Können wir eine Woche lang Pause machen?«, fragte Chris. »Einfach nur, um nachdenken zu können?«
»Du willst, dass ich darüber nachdenke , wie sehr ich dich heiraten will, damit du dann in einer Woche wiederkommst und mit mir Schluss machst?«, erwiderte sie sarkastisch. »Nein, Chris.«
»Nein!«, protestierte er. »Ich will einfach nur einen Augenblick lang die Pausetaste drücken, um sicher zu sein, dass ich genau weiß, was gerade passiert! Merkst du das denn nicht?
Begreifst du nicht, dass das mit dem Haus und den ganzen großen Plänen alles viel zu schnell geht und uns über den Kopf wächst?«
Lauren nickte kaum merklich und warf einen Blick zur Seite. Es tat ihr unglaublich weh zu sehen, wie erleichtert Chris aussah.
Erleichtert worüber, fragte sie sich. Dass sie nicht Schluss gemacht hatte? Oder dass er sich auf einem guten Weg befand, ihre Beziehung zu beenden?
Lauren bekam Kopfschmerzen. Chris wollte ihre Hand nicht loslassen und machte keinerlei Anstalten zu gehen.
In ihrem Kopf herrschte ein völliges Durcheinander, und alle Gedanken waren so sehr ineinander verwoben, dass sie nicht wusste, wie sie sie wieder entwirren sollte: ihre zerplatzten Hochzeitsträume, Chris’ Zurückweisung (was wollte er eigentlich?), die entsetzlich hohen Schulden ihrer Mutter – wie sollte sie irgendjemandem auch nur einen Teil davon erklären können?
Lauren kniff die Augen fest zusammen, doch als sie sie wieder öffnete, peitschte der Wind immer noch durch den Park, der öder und trostloser als je zuvor vor ihr lag. Sie wollte einfach nur allein sein, ihr Gefühlschaos lichten und herausfinden, was genau sie empfand. Dabei kann mir selbst meine Mutter nicht helfen, dachte Lauren, und sie wurde plötzlich von dem Gefühl überwältigt, dass sie nun endgültig ihre Jugendzeit hinter sich gelassen hatte.
Erwachsen zu sein bedeutete mehr, als einen Darlehensvertrag zu unterschreiben und ein Hochzeitskleid auszusuchen. Erwachsen zu sein bedeutete, ein Problem zu haben, das man nur allein lösen konnte.
»Könntest du bitte gehen?«, fragte sie Chris.
»Bitte?«
»Ich habe gefragt, ob du gehen könntest. Ich muss ein wenig allein sein.«
Chris war überrascht. »Aber …«
»Ich kann nicht nachdenken, wenn du neben mir sitzt. Ruf mich am Mittwoch an, okay?«
»Bist du sicher, dass du nicht …«, stotterte Chris.
»Ich bin mir sicher. Ruf mich an. Oder schick mir eine SMS, dass du mich anrufst, was auch immer.«
»Okay.« Chris stand auf und ging ein paar Schritte, die Hände tief in den Hosentaschen vergraben. Nach vier oder fünf Schritten blieb er stehen, drehte sich zu Lauren um und kam zur Bank zurück.
»Du bedeutest mir wirklich viel«, erklärte er eindringlich, nahm ihre Hand und ging vor Lauren in die Hocke, sodass sie auf Augenhöhe waren. In der Eile, sie zu finden, hatte er sich nicht rasiert, und seine Haut roch noch nach Schlaf und Bettwärme. Was für hübsche Augen er hat, dachte Lauren. Graublau und ehrlich.
Er schaute ihr in die Augen, als hoffte er, dass Lauren dort mehr lesen könne, als er zu sagen vermochte. »Ich will es einfach nicht verderben, sodass wir uns in zwei Jahren womöglich hassen.«
»Das will ich auch nicht«, antwortete Lauren leise.
Chris beugte sich vorsichtig nach vorn, schloss die Augen und küsste sie auf den Mund. Seine Lippen waren warm und zart, und als er sie mit quälender Sanftheit küsste, wurde Laurens Herz von einer Woge des Schmerzes überschwemmt. Wie konnte er nur so lieb und gleichzeitig doch so grausam sein?
Da Chris ihren Kuss als positives Zeichen wertete, legte er seine Hand um ihren Hinterkopf, doch Lauren schob ihn fort.
»Geh jetzt bitte«, forderte sie ihn auf und biss sich auf die Lippe. Und dieses Mal gehorchte er.
Eine ganze Weile lang saß sie reglos auf der Bank und versuchte verzweifelt, sich auf ein Problem nach dem anderen zu konzentrieren.
Sie konnte die Hochzeit definitiv absagen.
Allein der Gedanke daran ließ ihr den Atem stocken, doch sie zwang sich dazu, den Problemen ins Auge zu sehen.
Wenn Chris sich nicht sicher war, ob er sie heiraten wollte, stand für Lauren eindeutig fest, dass sie ihn nicht den Mittelgang hinunterzerren wollte – insbesondere nicht, wenn die Hochzeit ihre
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