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Tanz mit mir - Roman

Tanz mit mir - Roman

Titel: Tanz mit mir - Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lucy Dillon Sina Hoffmann
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Vorraum saß Lauren auf einer Bank nahe der Gedenktafel mit den Namen der Bürger Longhamptons, die im Zweiten Weltkrieg gefallen waren. Bridget legte den Arm um ihre Tochter und schickte Frank umgehend in den Saal zurück.
    »Jetzt sind wir zwei allein, Lauren«, tröstete Bridget, und schon kannten die Tränenfluten kein Halten mehr.
    »Ich weiß nicht, was ich tun soll«, stammelte Lauren schließlich zum fünften Mal.
    Bridget küsste Laurens Haar. »Das hat aber jetzt nichts damit zu tun, was ich dir über die Hochzeitskosten erzählt habe, oder?«
    Lauren schüttelte den Kopf. »Nein, ich verspreche es. Es ist wegen … Ich weiß es einfach nicht. Aber dann denke ich wiederum, dass ihr beide auch in unserem Alter wart und alles richtig gemacht habt, deswegen sollte ich wissen, dass …«
    »Lauren«, unterbrach sie Bridget sanft. »Ich werde dir jetzt etwas erzählen, was ich zuvor noch nie irgendjemandem erzählt habe. Und dir erzähle ich es nur, weil ich nicht möchte,
dass du meinst, unter Druck irgendetwas tun zu müssen, wozu du noch nicht bereit bist.«
    Lauren hob den Kopf und merkte, dass es ihrer Mutter nicht leichtfiel, so ehrlich zu sein. Laurens Mut sank. Sie war sich nicht sicher, ob sie überhaupt schon die Wahrheit über die Kreditkarten verkraftet hatte.
    Im Saal hatte Angelica den Kurs zu einem lebhaften Cha-Cha-Cha angetrieben, der laut genug war, um eventuelle Schluchzer zu übertönen. Die lateinamerikanischen Rhythmen drangen durch die Glastüren und wurden nur von Angelicas lautstarken Anweisungen übertönt.
    »Bewegen Sie Ihre Hüften, Trina!«, brüllte sie. »Ihre Hüften! Und was ist mit den Knien? Die bewegen sich kein bisschen! Sie sind eindeutig zu jung für künstliche Kniegelenke!«
    »Dein Dad und ich wären an meinem einundzwanzigsten Geburtstag beinahe miteinander durchgebrannt«, fing Bridget an. »Wir hatten alles monatelang geplant; Frank hatte den Ring gekauft und die nötigen Dokumente besorgt. Wir wollten mit dem Bus nach Gretna Green fahren, um dort zu heiraten. Ich hatte mir dafür sogar extra ein weißes Minikleid mit passenden weißen Stiefeln gekauft. Alles war total romantisch und geheim, weil dein Großvater nicht sonderlich viel von deinem Vater hielt, weißt du? Seiner Meinung nach hatte Frank zu lange Haare und war außerdem Kriegsdienstverweigerer. Väter ändern sich nie, nicht wahr?«
    Lauren nickte.
    Bridget seufzte. »Jedenfalls weiß ich nicht mehr, warum wir es uns in den Kopf gesetzt hatten, unbedingt heiraten zu müssen. Aber damals konnte man nicht so einfach zusammenleben, wie man es heute gewohnt ist. Und ganz besonders nicht in kleinen Städten wie dieser hier. Als der Tag allmählich näher rückte, legten wir uns eine clevere Ausrede zurecht, wohin wir fahren würden. Aber einen Tag vor meinem Geburtstag wurde ich wach und dachte: Nein. Ich kann jetzt
noch nicht heiraten. Ich habe Paul McCartney noch nicht getroffen.«
    »Wie bitte?« Lauren, die bisher unverwandt ihre Füße angestarrt hatte, hob den Blick und schaute ihre Mutter verwundert an. »Die Chance, in Longhampton auf Paul McCartney zu treffen, war doch recht gering, oder?«
    »Nein, ich meinte damit ja auch nur, dass ich noch nie in London gewesen war.« Bridget riss die Augen auf, als ob die Frage doch klar wäre. »Paul war der einzige Beatle, der noch nicht verheiratet war. Ich hatte bis dahin nicht einmal die Chance gehabt, nach London zu gehen, ihn per Zufall in einem Pub in St. John’s Wood anzutreffen und vollkommen vom Hocker gerissen zu werden. Wenn ich deinen Vater geheiratet hätte, wäre diese Möglichkeit nie wahr geworden. Okay, die Chancen standen denkbar schlecht, dass ich jemals Paul über den Weg laufen und er mir verzeihen würde, ein taubes Ohr zu haben. Aber dennoch wollte und konnte ich es nicht vollkommen ausschließen. Ich hatte aber eine Heidenangst, deinen Vater damit zu verletzen. Ich wollte es ihm nicht sagen, aber tief in meinem Inneren wusste ich, dass ich ihn nicht heiraten konnte. Noch nicht jedenfalls.«
    Du lieber Himmel, dachte Lauren. Diese Woche lerne ich Mum von einer völlig neuen Seite kennen. Paul McCartney! Ausgerechnet er! Seitdem ich auf der Welt bin, ist sie nicht ein einziges Mal nach London gefahren, also scheint es keinen großen Unterschied gemacht zu haben.
    »Wie hast du es ihm schließlich gesagt?«, erkundigte sich Lauren neugierig.
    »Na ja«, seufzte Bridget und stützte die Hände auf den Knien ab. »Ich musste gar nichts tun.

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