Tanz mit mir - Roman
Du weißt doch gar nicht, wie sich alles entwickeln wird – vielleicht geht Ross in ein paar Jahren wieder arbeiten, und du könntest deine Arbeitszeit auf Teilzeit reduzieren, wenn Jack eingeschult ist. Dann kannst du mit ihnen zu Fußballspielen und endlosen Blockflötenkonzerten gehen.«
Sie beugte sich vor, packte Katie an den Schultern und schüttelte sie. »Ich meine es ernst, Katie. Warum bist du so hart zu dir? Du bist eine tolle Mutter. Ich bewundere dich für das, was du tust, und es bricht mir das Herz, dass du anscheinend
nicht sehen kannst, was für alle anderen offensichtlich ist. Sei ein wenig nachsichtiger!«
Katies Lippe zitterte. »Das hat mir noch nie jemand gesagt«, gab sie mit brüchiger Stimme zu. »Ich verhalte mich ziemlich albern, oder?«
»Ach, tatsächlich?« Jo tat erstaunt.
Katie schüttelte den Kopf. »Ich wollte immer eine Mum wie du sein – du weißt schon, eine Mum, die ihren Kindern ein warmes, gemütliches Zuhause bereitet und Kekse backt. Das ist das, was ich immer wollte. Bei den Kindern bleiben, wie meine Mum es bei mir gemacht hat, und mit ihnen etwas unternehmen . Verantwortung für sie übernehmen. Aber es ist anders gekommen, als ich es geplant hatte, und jetzt komme ich mir vor … als hätte ich versagt.«
»Dann bist du verrückt«, entgegnete Jo. »Ich würde nämlich sagen, dass du deine Aufgabe besser gemeistert hast als ich.«
»Und ich habe meinen Frust an Ross ausgelassen«, fuhr Katie fort, als ihr mit einem Mal alles klarwurde. »Ich war wütend auf ihn, weil er das tun konnte, was ich gern getan hätte. Ich war wahrscheinlich einfach nur neidisch, dass er seine Sache so prima machte. Du hast vermutlich recht; ich hätte weder seine Geduld noch sein Feingefühl.«
»Oh doch, das hättest du auch«, widersprach ihr Jo. »Nein, hätte ich nicht. Ein paar Stunden lang, sicher, aber nicht Tag für Tag. Ich war so sehr damit beschäftigt, mich selbst dafür zu hassen, dass ich am Ende meine Ehe damit zerstört habe.« Sie sah Jo traurig an. »Ich habe ihn weggesto ßen, weil ich mich selbst gehasst habe. Wie dumm ich war!«
»Ziemlich dumm«, pflichtete ihr Jo bei. »Aber es ist noch nicht zu spät.«
Katie schüttelte den Kopf. »Er redet nicht mehr mit mir. Ich habe immer wieder versucht, ihm zu sagen, wie ich mich fühle, aber er will mir nicht zuhören.«
»Ich denke nicht, dass es zu spät ist«, wiederholte Jo. »Vertrau mir.«
Katie musterte Jos offene Miene. Was wollte sie damit sagen? Was hatte Ross ihr erzählt? Es tat weh, dass nicht nur er es einfacher fand, mit Jo zu reden als mit ihr, sondern dass auch Jo noch ein Vertrauen in ihre Ehe hatte, das sie selbst schon lange aufgegeben hatte.
»Warum? Was hat er gesagt?«, bohrte sie, doch Jo presste die Lippen fest aufeinander.
»Nichts hat er gesagt«, erklärte sie schließlich, doch Katie wollte ihr nicht glauben. »Ich weiß es einfach. Geht ihr immer noch zu dieser Paartherapie?«
»Er will nicht mehr – zumindest jetzt nicht.«
»Vielleicht solltest du wieder hingehen«, schlug Jo vor. »Allein. Das könnte vielleicht hilfreich sein.«
Katie musste an Peter denken und all die Dinge, die Ross ihm wahrscheinlich erzählt hatte, nachdem sie während der letzten Sitzung einfach davongestürmt war. Wenn sie allein zu ihm ging, gab sie damit indirekt zu, dass die Ehe gescheitert war.
Wenigstens waren die Tangostunden mit Angelica eine gute Übung, selbst wenn sie nicht den gewünschten Effekt haben sollten, den Angelica ihr prophezeit hatte. »Vielleicht«, antwortete sie, ohne jedoch davon überzeugt zu sein.
»Ich werde auch hingehen«, verkündete Jo und begann, Geschirr in die Spülmaschine zu packen. »Allein. Ich will nicht, dass ich immer nur dir, Ross und meiner Mum mein Leid klage.«
Das Geschrei im Wohnzimmer wurde lauter, doch Jo fuhr in aller Ruhe fort, Teller in die Spülmaschine zu stellen, und ignorierte das Gelärme. Für eine Frau, die gerade von ihrem Ehemann verlassen worden war, bewies sie eine erstaunliche Gelassenheit.
»Jo, versteh mich bitte nicht falsch, aber nimmst du Beruhigungsmittel?«, fragte Katie besorgt. »Warst du beim Arzt?«
»Oh, so bin ich nicht die ganze Zeit«, erwiderte Jo. »Innerlich koche ich vor Wut. Glücklicherweise ist es die Sorte Wut, die mich nicht durchdrehen lässt. Ich frage mich immerzu, wie Greg es wagen kann, mich zu verlassen, wie er mir so etwas antun kann. Andererseits kann ich die Kinder tun lassen, was sie wollen, und muss
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