Tanz mit mir - Roman
große Tassen goss. »Wegen meiner großen Sorge um historische Gebäude hat mir die Dame bei der Denkmalschutzbehörde sogar einen Job angeboten. Eigentlich könnte ich mir auch gleich meine eigenen Entlassungspapiere ausstellen, um Eddie die Mühe zu ersparen, mich wieder mit der Pflege der Parkplätze zu betrauen.«
Jo setzte den Kaffeebecher vor Katie ab. »Warum nicht? Ist doch eine tolle Idee! Du solltest wirklich einmal mit der Denkmalschutzbehörde reden – wir könnten ein wenig mehr Würdigung und Anerkennung brauchen für das, was die Stadt so alles zu bieten hat. Was plant ihr denn nun in Sachen Memorial Hall?«
»Bridget hat vorgeschlagen, noch vor Weihnachten einen Abend zu organisieren, bei dem verstärkt auf das Problem hingewiesen werden soll. Sie und Angelica planen einen Ball im alten Stil, bei dem alle in altmodischen Kleidern und Kostümen tanzen sollen. Sie wollen die Bürger auf die Memorial Hall aufmerksam machen und die Leute dazu bringen, sich für den Erhalt des Gebäudes einzusetzen. Angelica hat sogar versprochen, für die Musik ein paar ihrer alten Big-Band-Kontakte wieder zu aktivieren …« Katie umschloss den Kaffeebecher mit ihren Händen. Sie schaute zu Jo auf. »Du musst doch bestimmt denken, dass ich wie Greg total von der Arbeit
besessen bin, zumal ich mich doch eigentlich um einige Dinge zu Hause kümmern sollte.«
»Katie, du hast nichts mit Greg gemein«, erklärte Jo. »Gar nichts.«
»Doch.« Katie starrte in ihren Kaffeebecher. »Die Arbeit beherrscht mein Leben, das weiß ich. Der Grund dafür ist aber, dass die Kinder alles bekommen sollen, was sie brauchen, und es ist nun mal meine Aufgabe, dafür zu sorgen. Ich will einfach nur eine gute Mutter sein. Und die bin ich leider nicht.«
»Du bist eine wunderbare Mutter, Katie!«, widersprach ihr Jo ernst. »Du gehst viel zu hart mit dir ins Gericht! Meinst du denn, Hannah wäre ein so tolles Mädchen geworden, wenn du eine Rabenmutter wärst? Du arbeitest hart und bist ein Paradebeispiel der Unabhängigkeit. Außerdem bist du immer für die Kinder da – wenn du nach Hause kommst und am Wochenende.«
»Aber das ist nicht genug«, entgegnete Katie. »Du bist immerhin jeden Tag bei ihnen – das ist einfach nicht das Gleiche!«
Jo setzte ihren Kaffeebecher ab und verschränkte die Arme vor der Brust. »Du musst dir diese Vorstellung aus dem Kopf schlagen, es sei rund um die Uhr, sieben Tage die Woche eine Kindergartenidylle. Ja, manchmal ist es sehr schön. Aber frag doch mal Ross – oftmals kommt man sich wie ein Gefangener vor – nur du, ein jammerndes Baby und stundenlang die Teletubbies ! Innerhalb einer Woche wärest du mit den Nerven am Ende. Ganz im Ernst: Was Langeweile betrifft, brauchst du eine ziemlich hohe Reizschwelle, und deine ist eher weit, weit unten! Sieh es ein, Katie – und ich sage dir das als deine Freundin -, Ross ist ein phantastischer Vater. Von euch beiden ist er genau der Richtige, um den Haushalt zu schmeißen und sich um die Kinder zu kümmern. Also hör auf damit, dich deswegen fertigzumachen, und akzeptiere die Situation, wie sie ist.«
»Aber ich habe immerzu das Gefühl, sie im Stich zu lassen!«, platzte es aus Katie heraus.
»Warum denn?« Jo starrte sie an. »Ich verstehe das einfach nicht. Inwiefern lässt du sie im Stich?«
»Indem ich nicht für sie da bin.«
»Dann ist es dein Problem, und nicht das deiner Kinder«, erwiderte Jo derb. »Du bist für deine Schuldgefühle selbst verantwortlich. Denn, wenn ich dir das sagen darf: So, wie es ist, geht es deinen Kindern sehr gut. Du verbringst sehr viel und ausreichend Zeit mit ihnen, wenn du zu Hause bist, und sie lieben dich. Mit allem anderen baust du dir nur wieder selbst eine unüberwindbare Hürde auf, an der du dich abmühst und die niemand wirklich begreifen kann.«
Katie war verblüfft, wie direkt und hemmungslos Jo austeilte. »Willst du etwa behaupten, ich sei neurotisch?«
»Nein! Ich sage nur, dass du anscheinend nicht bemerkst, dass du eine tolle Mutter bist! Die beste Mutter, die man sich vorstellen kann, da du deinen Kindern ein Zuhause und alles gibst, was sie brauchen. Mehr kannst du nicht tun.«
Ihre Stimme wurde weicher, als sie Katies verstörten Gesichtsausdruck bemerkte. »Dies ist ein Eindruck, den du vielleicht jetzt gerade hast. Aber du hast doch noch Jahre als Mutter vor dir! Jahre! Denk bloß einmal an all die Mutter-Tochter-Shopping-Touren, die du mit Hannah erleben wirst, wenn sie älter ist.
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