Tanz mit mir - Roman
Brautkleid! Ich schätze, ich muss mich langsam daran gewöhnen, dich als schöne junge Frau zu sehen. Sonst heule ich mir an deinem großen Tag die Augen aus dem Kopf, und dann verärgere ich dich und deinen Vater, und was hättest du dann gewonnen? Du musst Irene sagen, dass sie sich um eine brautmutterfeste Wimperntusche kümmern soll!«
Als Lauren hörte, wie die Stimme ihrer Mutter zitterte, stiegen ihr die Tränen in die Augen. »Ich weiß«, sagte sie und nahm eine Hand vom Steuer, um die Hand ihrer Mutter zu drücken. Bridget hielt Laurens Hand fest, sodass diese spürte, wie der goldene Diamantring ihrer Mutter auf ihren eigenen Solitär drückte. Wenn ihre Ehe so stark und unerschütterlich sein würde wie die ihrer Eltern, wäre es für Chris und sie okay. Im kommenden April waren sie immerhin schon vierzig Jahre miteinander verheiratet, und das trotz der fürchterlichen Fahrkünste ihrer Mutter, der gärtnerischen Besessenheit ihres Vaters und des Größenunterschiedes von gut eineinhalb Köpfen. »Ich habe eine ganze Liste von Geschäften, die ich am Samstag abklappern muss – willst du mitkommen?«
»Sehr gern, Lauren.«
Bridget blinzelte und versuchte, die Tränen zurückzuhalten, die ihr über die Wangen zu kullern drohten. Eigentlich neigte sie kaum dazu, in Tränen auszubrechen, doch diese Hochzeit war weitaus schlimmer als die Wechseljahre, was hormonelle Stimmungsschwankungen betraf. Lauren mit ihrer umfassenden Vermählungskladde und ihren Hypotheken-Broschüren war zwar erwachsen, jedoch nicht so erwachsen, dass Bridget in ihr nicht noch gelegentlich das fröhliche kleine Mädchen sah, das sie einmal gewesen war und dem es so wichtig gewesen war, seiner Mutter eine Freude zu bereiten. Sie erschien ihr viel zu jung, um zu heiraten.
Sie ist ein Jahr älter, als du selbst damals warst , erinnerte sie sich. Aber die Situation zwischen ihr und Frank war eine andere gewesen. Eine ganz andere.
Vielleicht erschrak sie ja auch nur darüber, wie schnell die Zeit vergangen war, ohne dass sie es wirklich bemerkt hatte. Lauren war nun in einem Alter, dem sie selbst sich innerlich immer noch am nächsten fühlte. Vielleicht fiel es ihr daher auch so schwer, in Anbetracht der immer höher steigenden Kosten und der immer verrückter werdenden Wunschliste ein Veto einzulegen.
»Mum?«, fragte Lauren besorgt. »Geht es dir gut?«
»Alles in Ordnung. Mir geht es gut«, erklärte Bridget und schluckte mit einem Lächeln die gemischten Gefühle hinunter, die in ihrem Hals einen Kloß zu bilden drohten. »Ich hoffe bloß, dein Dad hat noch nicht damit begonnen, sich selbst einen Tee zu kochen.«
Lauren lächelte. »Wenn ja, wäre das dann ja wohl eine Premiere.«
»Genau.« Bridget fuhr mit der Hand durch ihr dunkles, kurz geschnittenes Haar und versuchte, nicht mehr an die Hochzeit zu denken. Stattdessen fragte sie sich, ob sie alle Zutaten für ihr Thunfischgericht im Haus hatte. »Ich laufe
lieber mal schnell ins Haus und verhindere, dass dein Vater etwas anbrennen lässt!«
Lauren blickte ihrer Mutter hinterher, die den Weg zum Haus hinaufeilte und nach ihrem Mann rief, als sie die Tür aufschloss. Nun musste sie sich wohl oder übel damit abfinden, jedes Brautkleid im Umkreis von dreißig Kilometern anzuprobieren – zum zweiten Mal.
3
Mittwochabend um zwanzig vor acht hielt Katie neben einem unscheinbaren Betonwohnblock aus den Sechzigerjahren und zog die Handbremse an. »Bist du sicher, dass wir hier richtig sind?«, fragte sie zum dritten Mal.
» Ja «, erwiderte Ross.
»Hast du vorher dort angerufen, um sicherzugehen? Aus dem Werbeplakat ging das ja nicht so klar hervor.« Sie blickte an der grauen städtischen Wohnsiedlung hoch. »Wir können hier unmöglich richtig sein …«
Ich hätte mich selbst darum kümmern sollen, dachte sie. Dann hätte ich wenigstens sicher sein können, dass alles glattgeht.
»Katie! Ich weiß genau , wo wir hinmüssen!« Ross starrte sie verärgert an, und einen Augenblick lang fragte sie sich, wie zum Teufel eine einstündige, dämliche Tanzstunde die eiskalte, tiefe Kluft zwischen ihnen überbrücken sollte. Im Auto war es wieder einmal deutlich zu spüren gewesen. Genauso gut hätten sie eine Glasscheibe zwischen sich haben können, obwohl Katie versucht hatte, die Kluft zu überspielen, indem sie Ross von ihren Problemen mit den neuen Bauunternehmern erzählte. »Einmal pro Woche trifft sich dort eine Krabbelgruppe, die ich manchmal mit Jack
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