Tanz mit mir - Roman
Chris so schnell Kians Angebot angenommen hatte, anstatt wieder ins Elternhaus zurückzukehren.
»Nein, alles in Ordnung«, erwiderte Bridget, wie Lauren
es schon erwartet hatte. »Dein Vater und ich werden am langen Donnerstag einkaufen gehen. Du weißt doch, wie er ist, seitdem er in Rente ist – er möchte sich gern um etwas kümmern.«
»Na gut, aber dann lass mich dir dafür Geld geben«, beharrte Lauren.
Bridget wedelte mit der Hand. »Hörst du wohl auf damit! Du isst doch ohnehin kaum etwas. Außerdem musst du doch sparen, oder?«
Sie sagte nichts Ungewöhnliches, doch ihre Stimme klang seltsam: irgendwie angespannt. Lauren kannte ihre Mutter lange genug, um zu spüren, dass sich tief unter der nach außen hin demonstrierten Normalität etwas verbarg.
»Mom, was ist los?«, fragte sie daher.
»Nichts ist los.«
»Aber sicher. Das merke ich doch.«
Bridget seufzte. »Seit wann sind wir dazu übergegangen, Hochzeiten als besonderen Tag zu bezeichnen?«, fragte sie dann leicht gereizt.
»Wie bitte?«
»Ist das wieder einer dieser neutralen, politisch korrekten Ausdrücke? Wenn Irene die Hochzeit noch ein einziges Mal als deinen ›besonderen Tag‹ bezeichnet …«
»Mum, es ist ein besonderer Tag für sie. Sie hat doch nur noch Chris, also ist dies die einzige Hochzeit, bei deren Organisation sie jemals helfen wird!« Lauren sah überrascht zu ihrer Mutter hinüber. Sonst war sie doch nie so gehässig! »Kannst du ihr nicht wenigstens eine Chance geben? Sie hat mir vor ein paar Tagen Fotos von ihrer eigenen Hochzeit gezeigt. Die arme Irene hat 1978 in Guildford nur standesamtlich geheiratet. In einem rosafarbenen Kostüm, mit einer kurzsichtigen Brautjungfer, Birnen-Schaumwein und zehn Gästen. Sie will doch nur, dass ich eine Hochzeit erlebe, die ihr seinerzeit verwehrt geblieben ist.«
Mag ja sein, aber immerhin ist nicht Irene diejenige, die alles bezahlen muss, dachte Bridget. Und es ist nicht ihre Hochzeit.
»Lauren, es ist dein Tag, und nicht eine Wiederholung ihrer Hochzeit.«
Lauren gefiel es gar nicht, wie eifersüchtig ihre Mutter klang. »Mum, du hast doch Dad, und du bist glücklich. Au ßerdem weißt du doch, wie lange ich schon von einer wunderschönen Hochzeit träume.«
Bridget seufzte. »Ich weiß, Lauren. Ich möchte ja, dass du eine wunderbare Hochzeit hast.«
»Na gut, dann lass uns dafür dankbar sein, dass ich immerhin Irenes Vertrag verhindert habe, den die Kirchendiener und Brautjungfern unterschreiben sollten. Bußgelder für unerlaubte Gewichtszunahmen, Tattoos oder Wechsel der Haarfarben. Und das waren nur die Klauseln für die Männer!«
Bridget lachte und stupste ihre Tochter an – vorsichtig, da Laurens Fahrstil immer noch ein wenig unberechenbar war -, und sie fuhren schweigend weiter. Vorbei am Supermarkt, an der weißen Nobelvilla, die Bridget seit Ewigkeiten kaufen wollte für den Fall, dass sie im Lotto gewann, ja sogar am Donut Dinner, der rund um die Uhr geöffnet hatte und zu dem Lauren sie gelegentlich einlud.
»Tut mir leid«, sagte Bridget schließlich, als sie in die Chestnut Grove abbogen. »Es tut mir leid, dass ich solch ein Miesepeter war. Ich mag es gar nicht, wenn wir uns streiten.«
»Schon gut, Mum«, erwiderte Lauren. »Ich fühle mich nur so hin- und hergerissen. Ich möchte Irene einfach nicht ver ärgern, aber dich genauso wenig. Und was die Brautkleider angeht, tut es mir ebenfalls leid. Ich wollte dich nicht ausschließen. Wenn du magst, können wir uns dieses Wochenende Kleider ansehen gehen. Es gibt noch genügend, die ich mir ansehen muss.«
»Jetzt sei nicht albern«, entgegnete Bridget. »Das ist gar
nicht nötig. Irene kennt sich in diesen Dingen besser aus als ich. Es ist nur …« Ihre Stimme verlor sich.
Lauren parkte vor dem Haus. Dads Rover stand in der Einfahrt, und in der Küche brannte Licht. Sie konnte sehen, wie er dort hantierte und eine Kanne Tee kochte. Sein roter Pullover strahlte in dem kleinen erleuchteten Fensterausschnitt. Diesen Pullover hatte sie ihm vor ein paar Jahren zu Weihnachten geschenkt. Lauren würde jede Wette eingehen, dass er ihn noch nie getragen hatte und den Pullover bei ihrer Rückkehr nur herausgekramt hatte, um ihr eine Freude zu machen. »Es ist nur … was?«
Bridget seufzte und schaute Lauren gequält an. »Es ist albern, ich weiß, aber … Ich wäre einfach nur gern dabei, wenn du den Vorhang der Umkleidekabine zur Seite schiebst und dann dort stehst. Mein kleines Mädchen in einem
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