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Tanz mit mir - Roman

Tanz mit mir - Roman

Titel: Tanz mit mir - Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lucy Dillon Sina Hoffmann
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nicht tun musste. Doch heute war nicht der Abend, sich mit diesem Thema zu beschäftigen. Sie holte tief Luft und trat ein.
    Der Saal roch genau wie der alte Gemeindesaal, in dem sich damals ihre Pfadfindergruppe getroffen hatte. Wahrscheinlich verströmten alle alten Säle diesen Geruch; es roch nach Keksen und Bohnerwachs, und über allem lag dieser durchdringende Staubgeruch. Blaue Plastikstühle waren übereinandergestapelt und an einer Wand aufgereiht. Neben den Erste-Hilfe-Hinweisen und den Werbeplakaten für die Samariter markierten zerknitterte Bilder mit Fingerfarbe den Bereich, in dem sich die Spielgruppen trafen.
    Von draußen hatte Katie jedoch nicht sehen können, dass sich in den Seitenwänden des Saals bogenförmige bunte Fenster befanden und die Decken mit ineinander verschlungenen Zweigen und Blättern bemalt waren. Diese waren zwar an einigen Stellen abgebröckelt, aber die Farben strahlten immer noch. Der abgenutzte Holzfußboden war in einem schrägen
Fischgrätmuster angeordnet, und das Licht wurde von drei riesigen, staubigen Leuchtern verbreitet, die wie Trauben von den Dachbalken herunterhingen.
    Trotz ihrer schlechten Laune gefiel Katie die schlichte Eleganz des Saals. Die Halle erinnerte sie an eine emaillierte Spieldose, die zwar schon ein wenig abgenutzt, aber dennoch auf eine altmodische Art und Weise hübsch und kunstvoll verziert war. Erst jetzt bemerkte sie, dass schon einige Leute im Saal waren und nun Ross und sie neugierig betrachteten.
    »Hallo!«, grüßte sie, schaltete auf Autopilot und setzte ein Lächeln auf. »Ich hoffe, wir sind nicht zu spät?«
    Sie erblickte ein junges Pärchen in den Zwanzigern, ein anderes Paar etwa im Alter ihrer Eltern, vielleicht sogar noch ein wenig älter, dann zwei Frauen, die um die dreißig Jahre alt sein mochten, sowie ein sehr viel älteres Ehepaar. Ein wenig abseits stand eine Frau, die Katie wegen ihrer perfekten Haltung auffiel. Diese Frau musste die Tanzlehrerin sein.
    »Natürlich nicht! Hallo! Ich bin Angelica«, erwiderte die Frau und schritt so anmutig auf sie zu, dass Katie den Eindruck hatte, dass sich ihre roten Schuhe kaum bewegten.
    So sieht also eine Angelica aus, dachte Katie, als sie einander die Hände schüttelten. Der Name schien sehr gut zu ihr zu passen: Das dunkle Haar war von ihrer hohen Stirn aus nach hinten zurückgekämmt und zu einem Zopf geflochten, der in ihrem Nacken zu einem Dutt gewunden war. Die durchdringenden blauen Augen waren mit einem schwarzen Kajalstrich umrandet, die Nase lang und schmal. Sie hatte die schlanken Beine einer Tänzerin und schmale, ringlose Hände. Sie trug einen schwarzen Satinrock, der geschmeidig ihre Beine umspielte, wenn sie sich bewegte. Ihr Alter war schwer einzuschätzen, irgendwas zwischen vierzig und fünfundfünfzig.
    Neben ihr kam sich Katie mit einem Mal steif und altbacken vor.

    »Na dann«, erklärte Angelica und deutete den Anwesenden mit einer Handbewegung an, sich im Halbkreis um sie herum zu versammeln. »Wollen wir beginnen? Sehr schön! Mein Name ist Angelica Andrews, und ich werde Ihnen das Tanzen beibringen. Aufgrund meiner Erfahrung als Tanzlehrerin weiß ich, dass nicht alle von Ihnen freiwillig hier erschienen sind, insbesondere wahrscheinlich die Herren unter Ihnen …« Sie warf Ross und dem anderen jungen Mann einen vielsagenden Blick zu. »Aber ich liebe Herausforderungen!«
    Ross brach in ein nervöses Kichern aus, das Katie ziemlich auf die Nerven ging.
    »Bevor wir beginnen, möchte ich allerdings noch ein paar Dinge loswerden. Zuallererst möchte ich, dass Sie sich für meine Tanzstunde herausputzen. Holen Sie Ihr Kostüm aus dem Schrank, das Sie für wichtige Anlässe zurückgehängt haben, und ziehen Sie Hemden in leuchtenden Farben an. Ganz gleich was, aber es soll Ihnen das Gefühl geben, etwas Besonderes zu sein!«
    Katie spürte einen Moment lang ihren durchdringenden Blick auf sich ruhen. Sie hatte das Gefühl, als ob Angelica ihre Gedanken lesen würde, doch dann schweifte ihr Blick weiter. Katie fühlte sich plötzlich seltsam schutzlos.
    Ich trage einen Hosenanzug, dachte sie streitlustig. Na und? Er ist äußerst modisch. Außerdem sind einige von uns direkt von der Arbeit hergekommen.
    Da Katie die einzige weibliche Stadtplanerin in einer ausgesprochenen Männerbehörde war, hatte sie sich Strategien einfallen lassen müssen, um in ihrem Projektentwicklungsteam ernst genommen zu werden. Der Umwandlungsprozess begann jeden Morgen mit den

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