Tanz mit mir - Roman
veränderte rein gar nichts. Es bewirkte allein, dass beide schnell gereizt waren angesichts des Drucks, andauernd nett sein zu müssen. Sie waren einander einfach noch zu nahe und dabei zu müde, einander mehr Raum zu lassen.
Jetzt muss ich mich auch noch zu diesem blöden Tanzkurs schleppen, dachte Katie am Mittwochabend auf dem Heimweg.
»Ich bin zu Hause!«, rief sie, hängte den Autoschlüssel an den Haken neben der Küchentür und warf einen Blick auf die Uhr: zwanzig nach sieben. Der Tanzkurs begann um Viertel vor acht, weshalb ihr nun keine Zeit mehr blieb, sich umzuziehen und noch eine Kleinigkeit zu essen. Doch wenn Ross es geschafft hatte, den Kindern Abendbrot zu machen, würden die Reste den Hunger stillen, bis sie wieder zu Hause waren.
Katie glaubte nicht, dass sie eine Stunde lang Angelicas spitze Bemerkungen auf nüchternen Magen ertragen konnte. Sie hätte außerdem ein Glas Wein vertragen können, besser noch zwei.
Ihr Blick schweifte durch die Küche und blieb an der schmutzigen Stielpfanne auf dem Kochfeld hängen. Die Brotkrümel auf der Arbeitsplatte stachen ihr ins Auge, danach fiel ihr Blick auf das Weinregal, wo eine einsame Flasche schon seit dem letzten Freitagabend ausharrte. Kleine Plüschtiere waren in die übrigen Löcher gestopft worden. Katie streckte die Hand aus, hielt dann jedoch inne. Sie musste einen kühlen Kopf bewahren.
Wo waren bloß alle? Normalerweise kam zwar nicht unbedingt jemand zur Tür gelaufen, wenn sie heimkam, aber irgendein Zeichen, dass man ihre Rückkehr bemerkt hatte, wäre schon nett gewesen.
»Hallo?«, rief sie, doch es folgte wieder keine Antwort. Sie machte sich auf den Weg ins Wohnzimmer, von wo sie den Klang von Musik vernahm.
Ross lag auf dem Sofa, während Jack auf seinem Bauch schlummerte. Hannah hatte sich in seine Armbeuge geschmiegt und starrte fasziniert auf den Film, der über den Bildschirm flimmerte und den auch Ross gebannt verfolgte. Katie bemerkte, dass sie sich eine Tanz-DVD anschauten. Ross’ nackter Fuß wippte im Takt der Musik auf und ab, während sonnengebräunte Paare über die Tanzfläche wirbelten. Sie schienen der Inbegriff des Familienglücks zu sein.
Jedenfalls, wenn man einmal von den Stapeln ungebügelter Wäsche absah, die sich gefährlich nahe neben halb geleerten Müslischüsseln und zerknitterten Haufen von liegen gelassenen Kleidungsstücken auftürmten. Der Staubsauger stand noch genau an der Stelle, wo sie ihn heute Morgen stehen gelassen hatte, und auf dem Spiegel befanden sich immer noch die klebrigen Abdrücke von Hannah, die sie dort hinterlassen hatte, als sie sich selbst küssen wollte, während sie ein Marmeladenbrot aß.
Katie spürte, wie ihr Blutdruck stieg.
Wenigstens trug Jack schon seinen Schlafanzug, sodass
ausnahmsweise sie ihn einmal ins Bett bringen konnte. Doch dies konnte ihren Ärger nicht dämpfen.
»Was ist denn hier los?«, fragte sie so neutral wie möglich, da sie in Hannahs Gegenwart nicht schreien wollte.
»Mummy ist zu Hause!«, flüsterte Ross und deutete auf Jack. »Psst!«
»Warum ist Jack noch nicht im Bett und schläft?«, fragte sie, ebenfalls flüsternd.
»Er wollte die Tanz-DVD sehen«, erklärte Hannah. Sie hatte Glitter im Gesicht und trug ihr rosafarbenes Tutu über einem Badeanzug und einer Strumpfhose.
»Ihr beide geht jetzt schön ins Bett, da wir ausgehen wollen und Gemma jede Minute hier sein kann. Du magst doch Gemma, oder?«, fuhr sie fort, als Hannah ein aufmüpfiges Gesicht zog und ihre rosafarbene Unterlippe vorschob. »Sie liest euch doch immer etwas vor, nicht wahr?«
»Ach so«, erklärte Ross. »Es gibt eine kleine Planänderung. Gemma und ihr Freund haben Schluss gemacht, deswegen kann sie heute nicht zum Babysitten kommen.«
»Was? Obwohl wir ihr einen Zehner pro Stunde bezahlen? Kann sie nicht einfach herkommen und sich hier unglücklich fühlen?«
Ross warf ihr einen vielsagenden Blick zu. »Ich glaube … sie hat sich schon bei ihrer Freundin Tia Maria Rat geholt. Und wird von Bailey getröstet. Wenn du weißt, was ich meine …«
Katie verdrehte die Augen. »Gib mir bitte das Telefon. Sie hat Pflichten, denen sie nachkommen muss!«
»Jetzt sei nicht albern, Katie. Du willst, dass sie in ihrer Verfassung auf die Kinder aufpasst? Jedenfalls habe ich Jo angerufen. Sie wird sich um alles kümmern. Hey?«, fragte er und nahm Hannah noch fester in den Arm. »Du freust dich, dass statt Gemma nun Jo zum Babysitten kommt, nicht wahr?«
»Ja! Jo!«
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