Tanz mit mir - Roman
Hannah strahlte über das ganze Gesicht, und Katie
verspürte einen kurzen Anflug von Verärgerung über ihren plötzlichen Stimmungswandel.
»Das ist nett von ihr«, erklärte sie ein wenig schroff. »Eigentlich wollten sie und Greg diese Woche zum Tanzkurs mitkommen. Ich nehme nicht an, dass sie sich vielleicht au ßerdem noch um den Wäschekorb kümmern will, oder etwa doch?« Während sie sprach, stopfte sie verknitterte Kissenbezüge und Socken in den Wäschesack. »Hier sieht es jeden Tag ein wenig mehr nach Trödelmarkt aus. Siehst du denn nicht, dass hier jede Menge Zeug herumliegt? Ganz ehrlich: Jo wird glauben, bei uns sei eingebrochen worden!«
»Oh, ja, tut mir leid.« Ross blickte sich um, als fiele ihm das Chaos gerade erst auf. »Ich wollte aufräumen, während die beiden hier ihren Mittagsschlaf machten, aber wir … wurden davon abgehalten.«
»Wir haben die DVD geguckt!«, berichtete Hannah stolz. »Ich habe mit Daddy Fuchstrott getanzt!«
»Ich wollte den beiden zeigen, was wir im Tanzkurs lernen«, erklärte Ross. »Wir haben uns wohl zu lange mit dem Wiegeschritt und den Drehungen aufgehalten.«
Katie hob einen Stapel Socken, von denen keiner sein passendes Gegenstück gefunden hatte, von einem Sessel und fand darunter einen Teller mit Toastkrümeln.
Ich will mich einfach nur hinsetzen , dachte sie müde. War mein Dad deswegen immer so mürrisch und leicht reizbar, wenn er von der Arbeit nach Hause kam? Ist ein wenig Ordnung denn zu viel verlangt?
Doch obwohl sie sich dafür hasste, konnte sie sich die folgende Bemerkung nicht verkneifen. »Den ganzen Tag lang?«
Hannah warf ihrer Mutter einen scharfen Blick zu. »Warum hast du eigentlich nicht so ein funkelndes Kleid wie die Damen, Mummy?«
»Darum«, erwiderte Katie kurz und stapelte verärgert die
Teller und Tassen mit hastigen, eckigen Bewegungen übereinander.
»Warum? Ich hab doch auch ein schönes Kleid, wenn ich tanze! «
Oh Gott, erst Angelica und jetzt auch noch Hannah, dachte Katie und wurde das Gefühl nicht los, dass es heute alle auf sie abgesehen hatten. Ross und sie gingen nun einmal nicht gerade aus Spaß zum Tanzkurs – und dies rechtfertigte keinesfalls den Kauf neuer Kleider.
»Mummy?«, fuhr Hannah fort. »Warum trägst du kein funkelndes Kleid? Du hast nie schöne Kleider an! Mummy?«
»Hannah!«, fuhr Katie sie an. »Es reicht! «
Hannah stemmte die Hände in die Seiten und wollte gerade den Mund aufmachen, um etwas zu erwidern, doch Katie warf ihr einen bösen Blick zu.
»Ich bringe jetzt Jack ins Bett«, erklärte Ross und stand mit Jack auf, der immer noch in seinen Armen geborgen lag. »Es wird langsam Zeit für ihn. Komm schon, Hannah, du kannst deine Müslischüssel selbst in die Küche bringen, oder?«
Katie spürte tief in ihrem Inneren eine unstillbare Sehnsucht nach Jack, der sich wie ein schläfriger Welpe an Ross’ Schulter schmiegte und mit den Augenlidern zuckte, wenn er schlummerte. Während der Arbeit konnte sie den Teil ihres Gehirns abschalten, der sich nach ihm sehnte, doch jetzt, als sie zu Hause war, wurde das Bedürfnis, ihn zu halten und seine flauschigen Haare zu riechen, so stark, dass es fast wehtat. Ohne es zu bemerken, streckte sie die Hände aus, um ihn sanft an ihre Brust zu drücken. Mittlerweile war er zwar fast zu schwer geworden, um ihn umherzutragen, doch sie liebte das Gefühl, ihn auf dem Arm zu haben.
»Komm«, sagte sie, »lass mich das machen, ja? Ich würde ihn gern ins Bett bringen.«
»Aber du musst dich doch beeilen, oder nicht?«, fragte Ross über die Schulter hinweg.
»So eilig habe ich es dann auch wieder nicht«, entgegnete Katie. Jacks dunkles Haar wuchs so schnell. Ihr war gar nicht aufgefallen, wie lang es im Nacken geworden war, wo sich seidige braune Locken gebildet hatten. »Komm schon, Ross. Du weißt doch, wie gerne ich ihn ins Bett bringe. Schließlich habe ich ihn den ganzen Tag über nicht gesehen!«
Demonstrativ deutete Ross mit den Augen nach unten. Katie bemerkte leider zu spät, dass Hannah ihnen zugehört hatte und – dem verletzten Gesichtsausdruck nach zu urteilen – ihren Streit um Jack persönlich nahm.
»Du verdirbst alles!«, rief sie, und an ihrer Stimme war schon zu erkennen, dass der nächste Wutausbruch bevorstand. »Wir hatten so viel Spaß, bis du nach Hause gekommen bist. Ich hasse dich!«
Katie fiel die Kinnlade herunter, und plötzlich spürte sie einen dumpfen und gleichzeitig schneidenden Schmerz in ihrer
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