Tanz mit mir - Roman
waren Kolleginnen aus dem Büro«, fügte Katie hinzu. »Wir waren zum ersten Mal dort. Normalerweise gehe ich eigentlich nicht in Kneipen.«
»Darf ich ausreden?«, fragte Ross.
»Entschuldige, tut mir leid.«
»Ich hatte mich dort mit ein paar alten Schulfreunden verabredet. Wir gingen jede Woche in diese Kneipe, doch ehrlich gesagt war eher das Bier als das Quiz der Grund unseres Besuchs. Mir fiel auf, dass die Mädchen am Nachbartisch fast jede Frage beantworten konnten. Na ja, jedenfalls das Mädchen, das direkt neben mir saß.« Ross’ angespannte Schultern sanken nach unten, als seine Geschichte allmählich ins Rollen kam. Er musste nicht einmal mehr auf die Notizen schauen, um die Peter sie beide gebeten hatte.
»Ihre Freundinnen ermahnten sie immer wieder, dass sie doch flüstern sollte, doch Katie hat eine recht tragende Stimme«, fuhr er fort. »Ihre Stimme hatte irgendetwas … da hat es bei mir Klick gemacht. Sie klang so klug und selbstsicher. Und sie war attraktiv. Da der Pub gut besucht war,
standen die Tische sehr nah beieinander, sodass sie direkt neben mir saß. Also lehnte ich mich immer weiter zurück, bis wir uns beinahe berührten, und …« Er zuckte mit der Schulter, und ein schüchternes Lächeln umspielte seine Mundwinkel. »Vor den Jungs habe ich so getan, als sei alles bloß ein Witz, aber eigentlich habe ich nur nach einem Vorwand gesucht, um mit ihr ins Gespräch zu kommen.«
»Und? Hat es geklappt?«, hakte Peter nach.
»Ja. Sie hat mich dabei erwischt, wie ich mithörte, und sie hatte guten Grund, auf mich loszugehen. Das Wenigste, was ich zu meiner Entschuldigung tun konnte, war natürlich, sie zu einem Drink einzuladen. So kamen wir dann ins Gespräch. Katie hat mit uns einen Deal arrangiert: Wir haben ihre Ergebnisse aus dem Bereich Zeitgeschichte gegen unsere Antworten aus dem Bereich Popmusik ausgetauscht. Und dann …« Das Lächeln wurde zu einem breiten Strahlen. »Dann haben wir auch noch die Telefonnummern ausgetauscht. So haben wir uns kennengelernt.«
»Können Sie sich noch daran erinnern, welche Kleidung sie an diesem Tag getragen hat?«
»Natürlich«, kam die Antwort wie aus der Pistole geschossen. »Einen roten Pullover mit V-Ausschnitt und eine schwarze Hose, in der ihre Beine aussahen, als würden sie gar nicht mehr aufhören. Dazu trug sie spitze rote Schuhe.«
Peter sah freundlich zu Katie hinüber. »Wenn seine Erinnerung daran immer noch so frisch ist, ist das schon ein ganz schönes Kompliment, nicht wahr?«
»Er ist von Berufs wegen her ein sehr optischer Typ«, erklärte Katie, als ihr aufging, wohin die Diskussion führen würde. »Er muss solche Dinge bemerken.«
»Kannst du dich denn auch noch erinnern, was ich an diesem Abend trug?«, fragte Ross.
»Jeans«, erklärte sie einigermaßen zuversichtlich. Ross trug immer Jeans.
»Und?«
»Und … ein T-Shirt mit dem Emblem einer Rockband?«, antwortete sie zögerlich. Damals war sie vollkommen fasziniert gewesen, wie viele unbekannte Bands Ross toll fand, von denen sie im Leben noch nichts gehört oder gesehen hatte. Mit seiner modischen, schwarz umrandeten Brille und der Jeans im Japan-Style mit den vielen kleinen Applikationen sah er ziemlich cool aus. Doch im Gegensatz zu den »coolen« Leuten vom College besaß er nicht deren Rotznäsigkeit. Wie könnte er auch, hatte er gemeint und sich den langen Pony aus den Augen gestrichen, bei einem Namen wie »Ross«? Sie hatte seine Art toll gefunden, seine Entdeckungen mit allen zu teilen, anstatt sie für sich zu behalten. Akribisch hatte er tonnenweise CDs für sie zusammengestellt in dem Bestreben, sie von Jamiroquai loszueisen und sie von den kratzigen, kreischenden Bands zu überzeugen, die er in verschwitzten Clubs in Brixton aufgetan hatte.
Während sie sich daran erinnerte, ertappte sich Katie dabei, wie sie innerlich dahinschmolz. Doch es war nur eine Erinnerung, die ihr jeder andere hätte erzählen können. Wann hatte sie aufgehört, Ross so sexy zu finden?
»Welches?«, fragte er.
Sofort tauchte eine Erinnerung vor ihrem inneren Auge auf: Sie saßen am Küchentisch, und es war der Abend vor dem ersten Termin bei der Bank, bei dem es um die Hypothek gehen sollte. Sie war mit Hannah im dritten Monat schwanger. Sie hatten sich zum ersten Mal über die Summe des Haushaltsgeldes gestritten, und sie hatte festgestellt, dass Ross zwar über keinerlei Ersparnisse verfügte, dafür aber mehr als vierhundert CDs besaß, von denen mehr als die
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