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Tanz, Pueppchen, Tanz

Tanz, Pueppchen, Tanz

Titel: Tanz, Pueppchen, Tanz Kostenlos Bücher Online Lesen
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Rhythmus von lauter Rockmusik, die aus ihren Kopfhörern dringt, und der Mann am Gang hat sich noch tiefer in sein Buch vergraben, sodass offensichtlich keiner von beiden ihren Ausbruch bemerkt hat.
    Sie fragt sich, warum sie nicht daran gedacht hat, ein Buch mitzubringen, und versucht sich zu erinnern, wann sie sich zum letzten Mal den Luxus gegönnt hat, es sich mit einem guten Roman gemütlich zu machen. Mit einem Krimi wie dem, in den der Mann neben ihr so vertieft ist, irgendwas, das ihr helfen könnte, die zweieinhalb Stunden zu vertreiben, die sie in der Luft sein wird, etwas, das ihr helfen könnte zu vergessen, wohin sie fliegt. Und warum.
    Amanda weiß nicht mehr, wann genau sie entschieden hat, nach Toronto zu fliegen. Nachdem sie Ben gesprochen hatte, war sie in einen unruhigen Schlaf gefallen und hatte geträumt, dass sie von einer schwangeren Jennifer Travis, einer wütenden Janet Berg und einer schluchzenden Caroline Fletcher auf der Interstate 95 verfolgt wurde. Irgendwann während der Verfolgungsjagd hatte sie Halt gemacht, um ein Bild von Carter Reese’ Frau Sandy zu kaufen. Schließlich war sie schweißgebadet mit dem Gedanken aufgewacht, dass es definitiv an der Zeit war, aus Dodge City zu verschwinden.
    Um kurz nach sechs hatte sie die Fluggesellschaften abtelefoniert und den letzten Platz in einem Direktflug von Palm Beach nach Toronto um halb drei nachmittags ergattert. Dann hatte sie ihre Sekretärin zu Hause angerufen, ohne daran zu denken, dass die arme junge Frau an einem Samstagmorgen vielleicht lieber etwas länger geschlafen hätte, und ihr erklärt, dass sie am Montag nicht in die Kanzlei kommen würde.
    »Kann ich den Leuten irgendeinen Grund nennen?«, fragte Kelly und klang schon zu dieser frühen Morgenstunde beunruhigend munter.
    »Nein.«
    »Werden Sie am Dienstag wieder da sein?«
    »Das weiß ich noch nicht.«
    In der nachfolgenden Pause konnte Amanda förmlich hören, wie die Rädchen in Kellys Gehirn rotierten, und sie wusste, dass es ihre Sekretärin drängte, sie zu fragen, ob diese plötzliche Änderung ihrer Pläne etwas mit dem Anruf von Ben Myers zu tun hatte.
    »Ich melde mich bei Ihnen, sobald ich meine weiteren Pläne kenne«, sagte Amanda und legte auf. Dann warf sie eine schwarze Hose und einen schwarzen Rollkragenpullover in eine Reisetasche, dazu ihr Schminktäschchen und Unterwäsche zum Wechseln, rief Ben an und teilte ihm mit, dass sie am Nachmittag um fünf Uhr in Toronto landen würde. Sie nahm ein Taxi zum Flughafen, wo sie ein Frühstück, bestehend aus einem Stück Pizza mit Pepperoni und einer großen Cola, einnahm, ihre Boardingkarte abholte, unbeanstandet durch die Sicherheitskontrolle kam und in der Abflug-Lounge dankbar einschlief, während sie auf den Abflug wartete.
    Zu ihrem Glück – oder auch Unglück, wie sie jetzt denkt – hat sie jemand schlafen gesehen und rechtzeitig für ihren Flug geweckt. Das Flugzeug wollte gerade die Tür schließen, als sie an Bord ging, wo sie ihre Reisetasche in ein bereits volles Gepäckfach stopfte und sich selbst auf den Mittelsitz der vorletzten Reihe quetschte. Dort rief sie sich mit dem Gedanken zur Ordnung, dass man in der Not nicht wählerisch sein darf, als der Pilot verkündete, dass der Start sich wegen eines kleinen technischen Problems um zehn Minuten verzögern würde. Aus zehn Minuten wurden zwanzig, dann dreißig und irgendwann fünfzig, während es Amanda in ihrem schwarzen Wollmantel immer heißer und sie selbst immer unruhiger wurde. Aber jetzt rollen sie endlich auf die Startbahn, nachdem das unbekannte Problem offenbar gelöst ist.
    »Auf geht’s«, flüstert Amanda, als das Flugzeug abhebt. Sie packt die Armlehnen und versucht ihre Panik zu unterdrücken. Ihr letzter Flug liegt acht Jahre zurück. Selbst in den Flitterwochen mit Sean waren sie nur per Schiff und nie im Flugzeug gereist. Eine Kreuzfahrt durch die Karibik, erinnert sie sich wehmütig und denkt daran, dass sie und Ben überhaupt keine Flitterwochen hatten.
    Sie vertreibt sein Bild aus ihrem Kopf. Sie wird ihn noch früh genug sehen. »Buch mir ein Zimmer am Tatort«, hat sie ihm am Morgen am Telefon aufgetragen. »Ich ruf dich an, sobald ich mich eingerichtet habe.«
    Das Mädchen neben Amanda lässt ihr Kaugummi dreimal kurz hintereinander laut knallen, sodass es sich anhört wie Schüsse aus einer kleinen Pistole. Mit was für einer Waffe hat meine Mutter den mysteriösen Fremden erschossen, fragt Amanda sich und spürt, wie

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