Tanz, Pueppchen, Tanz
was sie sich erhoffte, um ehrlich zu sein –, war, die höchst bewertete Kerbe in seinem abgetragenen Gürtel zu werden. Sie wollte die rote Tinte und die Sternchen, und zwar in Gold.
Als er in dem Ferienhaus hinter sie trat und seine Hand von hinten in ihre Shorts schob, hatte sie ihm also keine Ohrfeige verpasst oder schockiert und abweisend reagiert. Stattdessen hatte sie sich umgedreht, ihre eigene Hand fest auf die Vorderseite seiner Jeans gedrückt und ihm erklärt, dass sie in sein Zimmer kommen würde, wenn Claire eingeschlafen war.
Von Vorspiel hielt er offenbar nicht so viel, was Amanda recht war, weil sie sein hastiges Gegrapsche vor allem ärgerlich fand. Als er zum ersten Mal in sie eindrang, spürte sie eigentlich gar nicht viel. Es tat weh, aber nicht zu sehr, wahrscheinlich auch, weil das Ganze in weniger als einer Minute vorbei war. Er schien nicht mitbekommen zu haben, dass es ihr erstes Mal war. Oder es war ihm egal, wogegen Amanda ebenfalls nichts einzuwenden hatte. Sie brauchte nicht lange, um herauszufinden, was Perry mochte –, praktisch alles, was in irgendeiner Form mit seinem Penis zu tun hatte –, und sie hatte genug Filme gesehen, um die richtigen Bewegungen draufzuhaben und zu wissen, wann man sie einsetzen musste. Persönliche Befriedigung würde ihr keine goldenen Sternchen einbringen.
Es reicht wohl zu berichten, dass Perry Singleton am Boden zerstört war, als sie ihm zwei Monate später den Laufpass gab.
Sie machte schnell mit Ronnie Leighton weiter, danach kamen in rascher Folge Fred Coons, Norman McAuliff, Billy Kravitz und Spenser Watt. Alle noch vor ihrem sechzehnten Geburtstag.
Bevor sie siebzehn wurde, folgten Ken Urbach, Jeremy Walberg, Ian Fitzhenry, Brian Castleman, Larry Burton, Stuart Magily und mindestens ein halbes Dutzend mehr.
Bis sie schließlich auf jemanden traf, der ihr ebenbürtig war.
Amanda wölbt ihren Rücken und blickt an dem dösenden Mädchen vorbei aus dem Fenster. Ihr Kinn ist nach wie vor eigenartig aktiv, so als würde sie sogar im Schlaf kauen.
In der kleinen Scheibe sieht sie Ben Myers, seine Augen die Farbe von Bitterschokolade, einen Stoppelbart auf den Wangen. Er trägt die engsten und abgerissensten Jeans, die sie je gesehen hat, und seine langen schwarzen Haare riechen nach Bier und Joints. Er will von niemandem irgendwas, wie er jedem versichert, der zuhört. Die Leute sind Heuchler; Karriere ist scheiße, Sicherheit was für Memmen; nur dass er nicht Memmen, sondern Mösen sagt. Und der Klang seiner Stimme, wenn er das sagt, erregt Amanda.
Ist es ein Wunder, dass sie einander entdecken? Dass sie voneinander angezogen werden wie entgegengesetzte Pole eines Magneten? Dass sie sich Hals über Kopf in die Arme des anderen stürzen?
»Meine Eltern sind absolute Versager«, vertraut er ihr eines Abends an. »Sie haben nicht die leiseste Ahnung, wie ich ticke.«
»Meine wissen nicht mal, wo ich bin«, erwidert sie und denkt, dass sie lieber missverstanden als unbemerkt wäre.
»Ich bin ganz schlechter Umgang«, sagt er.
»Ich bin noch schlimmer.«
Der Kapitän gibt über Bordlautsprecher bekannt, dass der Landeanflug auf Toronto begonnen hat. Amanda spürt ein schmerzhaftes Knacken in den Ohren, überlegt, ob sie das Mädchen nach einem Kaugummi fragen soll, hat jedoch Angst, dass sie einfach in ihren Mund greifen und ein Stück von dem Streifen abbrechen könnte, auf dem sie seit Stunden herumkaut. Also verzieht sie nur das Gesicht und sagt gar nichts.
»Stimmt irgendwas nicht?«, fragt Jerrod Sugar.
Amanda zeigt auf ihre Ohren.
»Versuchen Sie zu schlucken.«
Amanda befolgt seinen Rat und versucht, darin keinerlei sexuelle Untertöne zu hören, verspürt jedoch nur mäßige Linderung. Sie erinnert sich plötzlich daran, dass die gefährlichsten Phasen eines Fluges der Start und die Landung sind, und umklammert die Armlehnen.
»Ich hätte Sie gar nicht für den ängstlichen Typ gehalten«, sagt Jerrod Sugar lächelnd.
»Ich stecke voller Überraschungen.«
»Das glaube ich gern.« Diesmal wendet er den Blick nicht ab.
Amanda spürt, dass ihm der Vorschlag auf der Zunge liegt, sich einen Wagen vom Flughafen zu teilen oder später noch etwas trinken zu gehen, doch er sagt nichts, und diesmal wendet Amanda den Blick ab. Sie guckt wieder aus dem Fenster und sieht, wie die Wolken langsam die Sicht auf eine schneebedeckte Landschaft freigeben.
»Sieht aus wie ein anderer Planet«, murmelt sie und denkt, dass es das auch
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