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Tanz, Pueppchen, Tanz

Tanz, Pueppchen, Tanz

Titel: Tanz, Pueppchen, Tanz Kostenlos Bücher Online Lesen
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erwägt zu fragen, wie sie zu der Ehre kommt, entscheidet jedoch, dass sie es eigentlich längst weiß, und sagt stattdessen: »Möchtest du etwas trinken?«
    »Nein, danke.«
    Amanda lächelt und gießt den Rest aus der Flasche in ihr Glas.
    »Kann ich reinkommen?«
    Amanda macht einen Schritt zurück, lässt Janet herein und folgt ihr ins Wohnzimmer, wo sie auf das Sofa weist.
    »Setz dich, bitte.«
    »Nein, danke, ich bleibe nicht lange.«
    Warum wolltest du dann hereinkommen, wundert Amanda sich, fragt jedoch nicht. Ihre ganze Aufmerksamkeit ist von Janets unnatürlich geschwollenen Lippen in Beschlag genommen. Was treibt eine attraktive Frau wie Janet dazu, sich derart schreckliche Dinge anzutun, fragt sie sich und verdrängt den Gedanken gleich wieder, weil sie die Antwort kennt. Die Antwort ist eine Frau wie sie selbst. Amanda nippt erneut an ihrem Wein.
    »Du weißt bestimmt, warum ich hier bin.«
    »Tut mir Leid. Ich wollte dich zurückrufen. Ich war in letzter Zeit nur so beschäftigt …«
    »Mir kannst du nichts vormachen, gib dir keine Mühe.«
    »Ich glaube, ich setze mich lieber.« Amanda lässt sich aufs Sofa sinken, das Zimmer dreht sich vor ihren Augen.
    »Ich weiß über dich und meinen Mann Bescheid.«
    Amanda sagt gar nichts. Sie erinnert sich an den Sinnspruch, dass Angriff die beste Verteidigung ist, hat aber weder die Energie noch die Willenskraft, sich auf eine Diskussion einzulassen.
    »Victor hat mir von eurer kleinen Affäre erzählt.«
    Amanda schüttelt verwundert den Kopf. Was hat es bloß mit den Männern und ihrer furchtbaren Sehnsucht, alles zu gestehen, auf sich? Und wieder weiß sie die Antwort. Eine Beichte ist vielleicht gut für die Seele, aber sie ist sogar noch besser, um Schuldgefühle loszuwerden.
    Janet missversteht Amandas Kopfschütteln als Leugnen.
    »Willst du behaupten, du hättest keine Affäre mit meinem Mann gehabt?«
    »Eine Affäre würde ich das kaum nennen.«
    »Ach ja? Wie würdest du es denn nennen, wenn du mit dem Ehemann einer anderen Frau schläfst?«
    Amanda ist viel zu müde für einen guten Konter. »Gedankenlos«, hört sie sich sagen. »Und dumm. Sehr dumm.«
    »Na, an dem Punkt hast du zumindest Recht«, stimmt Janet ihr zu und wirkt ein bisschen unschlüssig, so als ob sie mit der Aussicht auf einen guten Kampf hergekommen und noch nicht ganz bereit ist, einen so leichten Sieg zu akzeptieren. Sie starrt auf das Weinglas in Amandas Hand.
    »Bist du sicher, dass du nichts trinken möchtest?«, fragt Amanda.
    »Was ist los, Mandy? Keine verheirateten Männer mehr übrig, mit denen du trinken kannst?«
    »Nenn mich bitte nicht Mandy.«
    »Oh Verzeihung. Dürfen dich so nur die Männer nennen, mit denen du schläfst?«
    Amanda kämpft sich auf die Füße hoch, obwohl sie sich eigentlich nur noch hinlegen will. »Vielleicht solltest du jetzt besser gehen.«
    »Erst wenn ich gesagt habe, was ich sagen wollte.«
    »Tut mir Leid. Ich dachte, das hättest du schon … getan.«
    »Für dich ist das alles ein Spiel, nicht wahr? Du spielst mit dem Leben anderer Menschen. Ist es dir egal, ob andere verletzt werden? Dass eine Nacht gedankenloser Spaß für dich für andere ein Leben voller Kummer bedeutet? Dass meine Ehe sich vielleicht nie wieder erholt?«
    »Ich glaube wirklich, dass du viel zu viel aus der Sache machst. Es war nur eine Nacht. Es hat keinem von uns besonders viel bedeutet.«
    »Mir hat es etwas bedeutet«, erwidert Janet schlicht.
    Amanda wird unvermittelt rot. »Es tut mir Leid«, murmelt sie beschämt.
    »Halt dich einfach von meinem Mann fern«, sagt Janet, marschiert zur Tür und knallt sie hinter sich zu.
    Die Schwingungen durchzucken Amandas Körper wie ein Stromschlag. Dies wäre wahrscheinlich ein guter Zeitpunkt, die Stadt zu verlassen, denkt sie, bevor sie sich auf ihren weißen Wohnzimmerteppich übergibt.
     
    Als Amanda auf dem Fußboden ihres Wohnzimmers aufwacht, ist es beinahe zwei Uhr nachts. »Oh Scheiße«, murmelt sie, als ihr der noch beunruhigend frische Gestank ihres Erbrochenen in die Nase steigt. Sie starrt auf den großen roten Fleck mitten auf ihrem Teppich. Sieht aus wie Blut, denkt sie, und ahnt schon, dass sich der Fleck nie im Leben wieder herauswaschen lässt. »Scheiße«, sagt sie noch einmal, während es in ihrem Kopf so unbarmherzig rauscht wie die Brandung vor ihrem Fenster. Sie berührt ihr Haar und ertastet von Galle verklebte Strähnen.
    »Du bist widerlich«, sagt sie laut, als sie vollständig bekleidet

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