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Tanz, Pueppchen, Tanz

Tanz, Pueppchen, Tanz

Titel: Tanz, Pueppchen, Tanz Kostenlos Bücher Online Lesen
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fällt erst jetzt auf, dass der Beamte jung und auf eine anämische Art attraktiv ist, mit blasser Haut, schon leicht schütterem braunen Haar und einer überraschend tiefen Stimme. »Ich besuche meine Mutter«, sagt sie und verschluckt sich beinahe an dem letzten Wort.
    Er muss ihr Zögern gespürt haben. Wahrscheinlich wird er sie nach Einzelheiten fragen. Wer ist Ihre Mutter, wird er zu wissen verlangen. Wann haben Sie sie zum letzten Mal gesehen? Wie kommt es zu dieser langen Entfremdung? Warum müssen Sie sie jetzt besuchen? Wer sind Sie? Wer sind Sie wirklich?
    »Wie lange bleiben Sie?«, fragt er stattdessen.
    »Nur ein paar Tage.«
    »Führen Sie irgendwelche Geschenke ein?«
    Amanda hätte fast gelacht. Wann hatten sie und ihre Mutter sich zum letzten Mal etwas geschenkt? Hatten sie das überhaupt je getan? »Nein. Keine Geschenke.«
    »Zigaretten oder Alkohol?«
    Sie hat noch ein Kratzen im Hals von dem Wein am Abend zuvor. »Nein.«
    »Dann genießen Sie Ihren Aufenthalt.« Der Beamte stempelt ihr Formular ab, gibt es ihr zusammen mit ihrem Pass zurück und winkt den nächsten Wartenden heran.
    »Danke.« Zögerlich verlässt Amanda seinen Schalter und reiht sich in den Menschenstrom ein, der zu den Gepäckbändern strebt. Zum Glück hat sie kein Gepäck aufgegeben und kann direkt zum Ausgang weitergehen, wo ein weiterer Beamter wartet, der ihr Formular überprüft.
    »In Ordnung«, sagt er, nimmt ihr das Formular ab und erspart ihr die Erniedrigung, wenn die eigene Tasche von einem Fremden durchwühlt wird, obwohl eine solche Suche nur ein Schminktäschchen, eine schwarze Hose, einen passenden schwarzen Rollkragenpullover und durchweg unspektakuläre Baumwollunterwäsche zum Wechseln zutage fördern würde. Amanda schleppt sich zum Ausgang, als ob sie durch dicke Brocken frisch geregneten Betons waten würde, während ihr Blick über die erwartungsvollen Gesichter der Leute huscht, die einen lieben Menschen abholen. Überall um sich herum vernimmt sie fröhliche Worte des Wiedersehens – Hallo, Schatz. Hattest du einen guten Flug? Lass dich angucken! Du bist so groß geworden, ich hätte dich fast nicht wieder erkannt! Willkommen zu Hause, Daddy! Sie sieht, wie sich ihre junge Sitznachbarin in glücklicher Selbstvergessenheit in die ausgebreiteten Arme ihres wartenden Freundes wirft, und spürt einen leichten Stich in der Nähe ihres Herzens. Wann hat sie sich zum letzten Mal buchstäblich in irgendjemandes Arme geworfen? Wann hat es zum letzten Mal jemanden gegeben, der darauf wartete, sie aufzufangen?
    »Wo haben die denn hier ihre verdammten Taxis«, murmelt sie, ohne die Lippen zu bewegen. Schon jetzt spürt sie, wie die bitterkalte Februarluft am Boden sich auf ihre Beine zubewegt wie eine giftige Schlange. Wahrscheinlich muss ich mir ein paar Stiefel kaufen, denkt sie und ist schon genervt, bevor sie auch nur den Flughafen verlassen hat. »Blödes Mistwetter«, schimpft sie laut.
    »Führst du wieder Selbstgespräche?«, fragt eine Stimme, und Amanda bleibt wie angewurzelt stehen und weigert sich, sich umzudrehen. »Du hast schon immer gern mit dir selbst geredet.«
    Amandas Herz schlägt pochend in ihren Ohren, bis sie nur noch den Pulsschlag ihrer eigenen Nervosität hört. »Du musstest doch nicht den weiten Weg herkommen«, antwortet eine alarmierend ruhige Stimme von irgendwoher. »Ich hab gesagt, ich ruf dich an, wenn ich mich einquartiert habe.«
    »Ich dachte, du fändest es vielleicht schön, ein freundliches Gesicht zu sehen.«
    »Ist es denn freundlich?«, hört sie sich fragen.
    »Warum drehst du dich nicht um und siehst selbst?«
    Langsam verlagert Amanda ihr Gewicht und dreht sich zu der Stimme um. Zögernd hebt sie den Blick und nimmt das Bild des Mannes, der vor ihr steht, in sich auf, lässt seine Gesichtszüge in ihr Bewusstsein sinken, wie ein Schwamm, der sich voll saugt.
    Ben Myers sieht noch genauso aus wie der Mann, vor dem sie vor acht Jahren weggelaufen ist, und gleichzeitig völlig anders. Er ist immer noch groß, schlaksig und auf die lässig abgerissene Art attraktiv, die sie einst wild gemacht hat, aber seine braunen Augen blicken eher besorgt als verletzt, er steht entschlossen aufrecht, und seine Großspurigkeit ist einem stillen Selbstbewusstsein gewichen. Seine schwere schwarze Lederjacke wirkt eher praktisch als provokativ, und Amanda erkennt sofort, dass der böse Junge ein Mann geworden ist. Und ein guter noch dazu.
    »Ben«, sagt sie, als das Rauschen in ihren

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