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Tanz, Pueppchen, Tanz

Tanz, Pueppchen, Tanz

Titel: Tanz, Pueppchen, Tanz Kostenlos Bücher Online Lesen
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Ohren nachlässt und ihr Herz wieder ungefähr im Normaltakt schlägt.
    »Amanda«, begrüßt er sie, »du siehst wundervoll aus.«
    »Danke, du auch.«
    Er nimmt ihr die Reisetasche ab und wirft sie locker über die Schulter. »Ist das alles?«
    »Ja.«
    »Wie ich sehe, planst du, nicht lange zu bleiben.«
    »Ich dachte, ein oder zwei Tagen würden …« Sie lässt Satz und Gedanken lieber unvollendet. Außerdem ist er bereits losmarschiert, und sie hält nur mühsam mit seinen langen Schritten mit.
    »Zum Wagen geht’s hier entlang«, sagt er und bewegt sich auf den Fahrstuhl zu. »Knöpf die Jacke zu«, sagt er, als der Aufzug im fünften Stock hält. »Es ist kalt draußen.«
    Sobald sie die Parkgarage betreten, schlägt ihr arktische Luft entgegen, als hätte man ihr ein Glas Eiswasser ins Gesicht gekippt. Nur dass das Wasser schon gefroren wäre, bevor es meine Haut erreicht, denkt sie, drückt den Mantelkragen enger an ihren Hals und verflucht sich, dass sie keinen Schal mitgebracht hat. Oder Handschuhe. Was zum Teufel mache ich hier, denkt sie. Was mache ich in diesem gefrorenen Ödland an den Fersen eines Mannes, mit dem ich einmal verheiratet war, der mich in ein Hotel fährt, wo meine Mutter, mit der ich seit Jahren nicht gesprochen habe, einen Mann erschossen hat, von dem ich noch nie gehört habe?
    »Hier entlang«, sagt Ben.
    »Der Mercedes?«
    »Knapp daneben.« Er weist auf eine alte weiße Corvette.
    »Mein Gott. Du hast sie immer noch.«
    »Du kennst mich doch. Ich tue mich schwer mit dem Loslassen.«
    Amanda ignoriert die Andeutung und reibt sich in dem erfolglosen Bemühen, ein wenig Wärme zu erzeugen, die Hände, während er den Wagen aufschließt und ihre Tasche in die enge Nische wirft, die als Rückbank durchgeht. Sie streicht mit der Hand über das alte Auto, und warme Erinnerungen lassen die eiskalte Oberfläche ein bisschen auftauen.
    Vor zehn Jahren hatte sie beobachtet, wie Ben, ein großspuriger Junge in knallengen schwarzen Jeans und einer kaputten Lederjacke, aus dem unberührten weißen Sportwagen gestiegen und die Stufen zu ihrer Haustür hinaufgesprungen war. Sie war hinausgerannt, um ihn zu empfangen, und hatte gehofft, den missbilligenden Blick ihrer Mutter am Schlafzimmerfenster zu sehen, als sie trotzig ihre Hand in seine legte. Doch als sie nach oben geblickt hatte, waren die Vorhänge im Zimmer ihrer Mutter zugezogen, und wie üblich sah niemand hin. Genauso wie niemand wach saß, um ihr eine Strafpredigt zu halten, als sie sich am nächsten Morgen um kurz vor vier zurück ins Haus schlich.
    So viel zu den warmen Erinnerungen, denkt Amanda und steigt in den Wagen.
    Das Auto hätte ihr sagen müssen, was für ein Mann Ben wirklich war. Er hatte das verdammte Teil selbst bezahlt; seit er vierzehn war, hatte er jedes Wochenende und jeden Sommer gearbeitet und jeden verdienten Penny zur Seite gelegt, um sich den Gebrauchtwagen seiner Träume zu kaufen. Das hätte ihr etwas über seinen Antrieb, seine Entschlossenheit und seinen Willen verraten können. Aber sie hatte immer nur die schwarze Lederjacke und die weiße Corvette gesehen. Sie hatte vielleicht die mürrische Neigung seines Kopfes verstanden, aber sein stählernes Rückgrat komplett übersehen. Sie hatte den Trotz in seiner Stimme gehört, wenn er gegen die Autoritäten wetterte, ohne dabei die Autorität in seiner eigenen Stimme zu bemerken.
    Sie wusste, sie war nicht die erste Frau, die von einem Bild verführt und von ihren Sehnsüchten betrogen worden war, die sie auf einen anderen Menschen mit eigenen Bedürfnissen projiziert hatte. Sie wollte Stil und hatte Substanz bekommen. Sie wollte den schlimmsten Albtraum ihrer Mutter und bekam einen Mann, der jede Mutter stolz machen würde. Und das war das Letzte, was sie wollte.
    »Du musstest wirklich nicht den weiten Weg machen, um mich abzuholen«, erklärt sie ihm jetzt noch einmal, während er beim Parkplatzwächter bezahlt und die hingehaltene Quittung mit einer lässigen Handbewegung zurückweist.
    »Vielleicht hatte ich Angst, dass du kalte Füße kriegst, wenn du hier bist, und in den nächsten Flieger zurück steigst.«
    »Der Gedanke ist mir gekommen.«
    »Dachte ich mir.« Er lächelt, als würde er sie nach all den Jahren immer noch kennen. Als hätte er sie je gekannt.
    »Und wie geht es ihr?« Amanda sagt nicht, wen sie meint, und er fragt auch nicht, wofür sie ihm dankbar ist. Sie wissen beide, vom wem die Rede ist.
    »Sie hält sich erstaunlich

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