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Tanz, Pueppchen, Tanz

Tanz, Pueppchen, Tanz

Titel: Tanz, Pueppchen, Tanz Kostenlos Bücher Online Lesen
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Wänden und dem beigen Teppich hin und her schweift. Sie lehnt sich zurück, streift ihre schwarzen, knöchelhohen Stiefeletten ab und lässt die nackten Füße in der Luft baumeln, als säße sie am Ende eines Stegs. »Was soll ich bloß eine Stunde lang machen?«, fragt sie den gerahmten Druck eines Blumenstilllebens an der Wand.
    Sie könnte Fernsehen gucken. Nur hat sie von Eishockey leider nicht die geringste Ahnung, und nachdem sie sich zweimal durch alle Programme gezappt hat, muss sie feststellen, dass absolut nichts läuft, was sie sehen will. Selbst die angebotenen Pornofilme – darunter ein Werk namens The Fuller Bush Girl – schaffen es nicht, sie in Versuchung zu führen.
    Sie könnte einen Spaziergang machen und die Gegend mit ihren modischen Boutiquen und angesagten Nachtclubs erkunden, aber draußen ist es kalt und nass, alle Geschäfte haben geschlossen, und allein bei dem Gedanken an Alkohol dreht sich ihr der Magen um.
    Sie könnte ihren Ex-Mann verfluchen. Wohin musste er so eilig verschwinden? Ein heißes Date mit seiner niedlichen Staatsanwältin? »Na ja, schließlich ist heute Samstag«, erinnert sie sich laut, lässt sich in die Kissen zurücksinken und fragt sich, warum sie überhaupt an Ben denkt. Sie hat jahrelang kaum an ihn gedacht.
    Obwohl das auch nicht ganz stimmt, wie sie sich stumm eingesteht, als sie den rechten Arm über ihre Augen legt, als könnte sie so das Bild von Ben am Flughafen aussperren: ihr erstes Wiedersehen seit acht Jahren. Und er sah so verdammt gut aus wie an dem Tag, an dem sie ihm erklärt hatte, dass sie ihn verlassen würde.
    »Ich verstehe nicht, warum du das machst«, hatte er schlicht gesagt und noch schlichter hinzugefügt: »Verstehst du’s?«
    Amanda richtet sich abrupt im Bett auf. »Nein, kommt nicht in Frage. Auf gar keinen Fall mache ich das noch einmal durch.« Sie ruft die Vermittlung an. »Können Sie mich mit dem Hotel des Metro Convention Center verbinden, bitte?« Eine Minute später hat sie eine Frau in der Leitung, die sie auf Englisch und Französisch begrüßt. »Das Zimmer von Jerrod Sugar, bitte. Danke.«
    »Mr. Sugar antwortet nicht«, informiert sie die Frau, nachdem es ein halbes Dutzend Mal geklingelt hat. »Möchten Sie eine Nachricht auf seiner Mailbox hinterlassen?«
    »Nein, vielen Dank. Ich versuche es später noch mal.«
    Chance verpasst, großer Junge, denkt Amanda, als sie auflegt. »Okay, ich gebe auf. Also die NHL-Playoffs im Eishockey!« Sie schaltet das entsprechende Programm ein und versucht zehn Minuten lang, dem Spielverlauf zu folgen.
    »Was zum Teufel ist ›Abseits‹?«, will sie von dem Kommentator wissen, bevor sie sich, als ihre Frage unbeantwortet bleibt, aufrichtet und beschließt, ein Bad zu nehmen. Sie dreht den Hahn auf, zieht sich aus und wartet nackt, dass die Wanne voll läuft.
    Das Telefon klingelt.
    »Ben«, sagt sie, dreht den Wasserhahn zu und greift nach dem Telefon neben der Toilette. Sie lässt es ein zweites Mal klingeln, bevor sie abnimmt. Man will schließlich nicht übereifrig erscheinen. »Hallo?« Nein, zum Essen bin ich zu müde. Trotzdem vielen Dank. Ich steige einfach in die heiße Wanne und gehe dann früh schlafen. Wir sehen uns morgen.
    »Miss Travis«, meldet sich eine unbekannte Stimme, »hier ist der Zimmerservice. Wir haben vergessen zu fragen, was für Kartoffeln Sie zu Ihrem Hühnchen bevorzugen.«
    Sie spürt ein Stechen der Enttäuschung zwischen ihren Brüsten. »Was steht denn zur Auswahl?«
    »Pommes Frites, Püree, Baked Potatoes oder Gratin.«
    Sie zuckt die Achseln. »Baked.«
    »Butter, Crème fraîche, Schnittlauch, Bacon?«
    Egal. »Ich nehme alles.«
    »Vielen Dank. Wir werden es so bald wie möglich auf Ihr Zimmer bringen.«
    Amanda legt den Hörer auf die Gabel, dreht das heiße Wasser wieder an und sieht zu, wie sich die Wanne fast bis zum Rand füllt. Das Wasser dampft, als sie behutsam hineinsteigt, wobei ihre Haut rasch beunruhigend rosa anläuft, als sie sich niederlässt und die Augen schließt. »Was ist los mit dir?«, fragt sie sich laut, als das Wasser bis zu ihren leicht geöffneten Lippen steigt. Bist du durcheinander, weil deine Mutter kaltblütig einen Fremden ermordet hat oder weil dein Ex-Mann dich nicht zum Essen eingeladen hat?
    Sie dreht sich auf die Seite, sodass das Wasser über den Wannenrand schwappt. Sei nicht albern, schimpft sie mit sich. Ich habe kein Interesse an Ben Myers. Er gehört zu einer Vergangenheit, der ich nicht schnell genug

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