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Tanz, Pueppchen, Tanz

Tanz, Pueppchen, Tanz

Titel: Tanz, Pueppchen, Tanz Kostenlos Bücher Online Lesen
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glaubst du, was du hier machst?«
    »Ich versuche lediglich, die Dinge zu beschleunigen.«
    »Ich kann mich um mich selber kümmern.«
    »Das weiß ich.« Das unvermeidliche »Das hast du immer getan« verkneift er sich, aber sie hört es trotzdem.
    Sie fragt sich, was John Mallins an der Rezeption erledigen wollte, als ihre Mutter ihn erschossen hat, und ob es derselbe Angestellte war, mit dem er gesprochen hat.
    »Ihr Zimmer ist im 16. Stock«, erklärt ihr der junge Mann, der alles in allem zu vergnügt aussieht, um kürzlich Zeuge eines kaltblütigen Mordes geworden zu sein. Er überreicht ihr einen kleinen Umschlag mit dem Schlüssel und senkt die Stimme, als wollte er ihr etwas von enormer Bedeutung offenbaren. »Zimmer 1612. Wenn Sie irgendwelche Fragen haben, zögern Sie nicht, uns anzurufen. Brauchen Sie Hilfe mit Ihrem Gepäck?«
    »Nein danke«, erklärt Ben ihm, hängt sich die Reisetasche über die Schulter und marschiert zu den Aufzügen.
    Amanda will ihn aufhalten und ihm erklären, dass sie den Rest schon alleine bewältigt, er sie nicht auf ihr Zimmer begleiten muss, sie, bloß weil ihre Mutter in der Lobby just dieses Hotels einen Mann erschossen hat, niemanden braucht, der sie ins Bett bringt und auf sie aufpasst, sie nicht mehr das Fräulein in Nöten ist, das zu retten er bei ihrer Hochzeit geglaubt hat, und dass er es mittlerweile besser wissen müsste.
    Es sei denn, er ist in der Stimmung für einen Versöhnungs-Quickie, denkt sie, eine kurze Erinnerung an ihre impulsive Jugend, ein Eingeständnis an die Chemie, die immer noch zwischen ihnen herrscht, um dieses Gefühl ein für alle Mal loszuwerden, eine »Lass uns unsere Neugier befriedigen, dann haben wir es hinter uns«-Nummer, die sie beide genießen könnten, bevor sie vergessen, dass es je passiert ist.
    »Von hier aus findest du dich bestimmt allein zurecht«, erklärt er ihr.
    Amanda versucht, weder überrascht noch enttäuscht auszusehen. Es ist besser so, entscheidet sie und fragt sich, ob er vorschlagen wird, dass sie sich zum Abendessen treffen, wenn sie sich eingerichtet hat. Sie hat Hunger. Sie hat den ganzen Tag nichts gegessen.
    »Ich hol dich dann morgen gegen eins ab«, sagt er stattdessen.
    »Gut.« Also Zimmerservice, denkt sie, hebt ihre Tasche vom Boden, als sich links von ihr ein Fahrstuhl öffnet. Sie betritt die Kabine und drückt auf den Knopf für den 16. Stock.
    »Oh, das hätte ich fast vergessen.« Ben zieht den Reißverschluss seiner Jacke auf und zückt einen großen Umschlag, den er ihr in die Hand drückt, als ein Ehepaar mittleren Alters den Fahrstuhl betritt. Auf dem schwarzen Nerzmantel der Frau glitzern Schneeflocken.
    »Was ist das?«, fragt Amanda.
    »Etwas, was du dir später vielleicht mal ansehen möchtest.«
    Der Umschlag wiegt schwer in Amandas Hand, als die Frau in dem schwarzen Nerzmantel auf den Knopf für den 28. Stock drückt, worauf sich die Fahrstuhltür schließt.
     
    Amanda wirft ihre Reisetasche auf das große Einzelbett, tritt ans Fenster und starrt auf die Straße. Es ist sehr dunkel, und nur sehr wenige Menschen sind unterwegs, die Gesichter halb in den hochgeschlagenen Krägen ihrer Wintermäntel vergraben, die Rücken gegen den Wind gebeugt, während Schnee auf ihre Köpfe rieselt wie Konfetti. »Was zum Teufel mache ich hier?«, fragt sie das stille Zimmer. Gestern Abend habe ich noch durch ein Fenster aufs Meer geblickt. »Gestern Abend hast du deinen Magen ausgekotzt«, verbessert sie sich, legt den Umschlag ab und nimmt die Karte des Zimmerservice vom Schreibtisch. Mit der anderen greift sie nach der auf einem Schrank liegenden Fernbedienung und schaltet den Fernseher ein. »Ein bisschen Lärm, bitte, gegen diese Totenstille«, sagt sie, wirft einen Blick zu dem Umschlag auf dem Schreibtisch und beschließt, ihn erst nach dem Essen zu öffnen, weil sie bereits ahnt, was er enthält. Dazu braucht sie eine gute Grundlage.
    Es dauert keine Minute, bis sie ihre Sachen ausgepackt hat, weitere fünf, um zu entscheiden, was sie essen möchte. »Ich nehme die Möhrensuppe und das Hähnchen«, erklärt sie dem Zimmerservice, während ein Ansager im Fernsehen sie ermahnt, die anschließende Live-Übertragung der NHL-Playoffs im Eishockey nicht zu verpassen.
    »Es wird ungefähr eine Stunde dauern«, informiert sie der Zimmerservice.
    »Eine Stunde?«
    »Wir haben sehr viel zu tun.«
    Amanda legt auf und hockt sich auf die Bettkante, während ihr Blick rastlos zwischen den lachsfarbenen

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