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Tanz, Pueppchen, Tanz

Tanz, Pueppchen, Tanz

Titel: Tanz, Pueppchen, Tanz Kostenlos Bücher Online Lesen
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einfach nicht, dass sie so dreist war, mir das zu sagen.«
    »Amanda, nicht so schnell.«
    »Die Frau ist eine Sadistin. Eine amoralische, offiziell anerkannte Sadistin.«
    »Amanda, wo willst du hin?«
    Amanda stemmt sich gegen den böigen Wind, feuchte Schneeflocken peitschen ihr ins Gesicht und kleben an ihren Augen wie zusätzliche Wimpern. »Welches Recht hat sie, so etwas zu sagen? Ich glaube nicht, dass ich dir je gesagt habe, wie schön du bist?! Was zum Teufel soll das? Sie weiß verdammt gut, dass sie mir nie gesagt hat, dass ich schön bin. ›Unnütz‹, auf jeden Fall. ›Wertlos‹, eine Million Mal. ›Der Fluch ihres Lebens‹, öfter, als ich zählen kann. Also was geht in ihrem Kopf vor? Sag’s mir. Was geht in ihrem Kopf vor?« Amanda dreht sich hilflos im Kreis. »Wo zum Teufel ist das Scheißauto?«
    Ben weist auf das andere Ende des Parkplatzes.
    »Also, wer hat es denn bloß da hinten geparkt, verdammt noch mal?« Sie wendet sich in die Richtung.
    »Amanda, sei vorsichtig. Der Boden ist vereist …«
    Amanda hört seine Warnung im selben Moment, in dem der Absatz ihres Stiefels auf eine verdeckte Eisfläche trifft. Sie hat das Gefühl, gleichzeitig nach hinten gerissen und nach vorne geschubst zu werden, so als hätten unsichtbare Hände ihren Mantelkragen gepackt, während unsichtbare Füße ihr die Beine wegtreten. Sie wird in die Luft gewirbelt und glaubt für den Bruchteil einer Sekunde, auf einem fliegenden Teppich zu schweben. Doch dann windet sie sich plötzlich in der frostigen Luft, der fliegende Teppich sackt unter ihrem Gewicht zusammen, und sie fällt wie eine Marionette, deren Fäden brutal gekappt wurden, auf den Asphalt. Püppchen, hört sie ihre Mutter sagen, als sie auf dem Boden landet und in bittere Tränen ausbricht.
    Ben ist sofort an ihrer Seite, legt tröstend die Hand auf ihren Arm und hilft ihr auf die Füße. »Amanda, alles in Ordnung?«
    »Alles okay.« Sie streicht ein paar Klumpen feuchten Schnee von ihrem Mantel und weigert sich, ihn anzusehen.
    »Mir geht es verdammt noch mal gut.«
    »Bist du sicher? Das war ein ziemlich böser Sturz.«
    »Ich sagte doch, alles okay.«
    »Willst du dich drinnen für einen Moment hinsetzen?«
    »Ich soll da wieder reingehen? Machst du Witze? Ich will so schnell wie irgend möglich von hier weg.«
    »Okay.« Er fasst ihren Ellenbogen und führt sie behutsam zum Wagen. »Vorsichtig.«
    »Diese bescheuerten Stiefel.«
    Er schließt die Tür auf und hilft ihr in den Wagen. »Wahrscheinlich fühlst du dich später ein bisschen steif. Vielleicht solltest du ein heißes Bad nehmen, wenn du zurück im Hotel bist.«
    Amanda nickt wortlos und lehnt sich an die Scheibe des Seitenfensters, während Ben den Wagen vom Parkplatz auf die Disco Road steuert.
    »Alles in Ordnung?«
    »Nein.«
    »Meinst du, dass du dir was gebrochen hast?«
    »Nein. Auch nicht mein Herz, falls du dazu neigst, in Klischees zu denken. Tut mir Leid«, entschuldigt sie sich unverzüglich. »Das hast du nicht verdient.«
    »Du bist wütend. Das ist verständlich.«
    »Wirklich? Und was genau verstehst du?«
    »Du hast deine Mutter seit Jahren nicht gesehen, und sie dann unter diesen Umständen wiederzutreffen …«
    »Sie sieht verdammt gut aus, findest du nicht? Ich meine, wenn man bedenkt, dass sie das hässlichste Grün auf diesem Planeten getragen und ihr Haar ein paar Tage lang nicht frisiert hat. Aber hey, sie ist immer noch schlank und attraktiv, und nicht zu vergessen, sie schläft gut.«
    »Würdest du sie gern mehr leiden sehen?«
    »Ich würde sie gern in der Hölle schmoren sehen.«
    »Weil sie einen Mann umgebracht hat oder weil sie dir gesagt hat, dass du schön bist?«
    Amandas Kopf schnellt zu ihrem Ex-Mann herum. »Oh bitte.«
    »Was hat dich so aufgewühlt, Amanda?«
    »Wirklich, keine Ahnung. Könnte es daran liegen, dass meine Mutter unter Mordverdacht in Untersuchungshaft sitzt?«
    »Das ist nichts Neues«, winkt Ben ab. »Außerdem hätte ich gedacht, du würdest die Vorstellung genießen, dass deine Mutter irgendwo eingesperrt ist. Es ist vielleicht nicht Höllenfeuer und Schwefel, aber verdammt nah dran.«
    »Hat sie auf dich den Eindruck gemacht, dass sie leidet?«
    Amanda wischt sich ihre laufende Nase mit der Hand ab.
    »Denn auf mich hat sie nicht den Eindruck gemacht, als würde sie leiden. Und weißt du, warum?«, fragt sie und fährt, ohne seine Antwort abzuwarten, fort: »Weil sie nicht leidet. Sie bereut ihre Tat nicht im Geringsten.

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