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Tanz, Pueppchen, Tanz

Tanz, Pueppchen, Tanz

Titel: Tanz, Pueppchen, Tanz Kostenlos Bücher Online Lesen
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Mundwerk.« Ihre Mutter schüttelte den Kopf. »Immer dieses lose Mundwerk.«
    »Möchten Sie eine Tasse Kaffee, Mrs. Price?«, ging Ben dazwischen.
    Gwen Price starrte an ihm vorbei, als wäre er gar nicht da.
    »Du hast deinem Vater das Herz gebrochen«, erklärte sie Amanda.
    »Wovon redest du?«
    »Amanda …«, ermahnte Ben sie. Nicht beißen, warnte sein Blick. Aber es war schon zu spät. Amandas Mundwerk kreiste bereits um den Köder, bereit, den tödlichen Haken zu schlucken.
    »Meinst du, er wusste nicht, dass seine Tochter ein Flittchen ist?«
    »Okay, Mrs. Price, ich glaube, das reicht.«
    »Die ganze Nacht wegbleiben, trinken und mit irgendeinem Kriminellen mit einem schicken Sportwagen durchbrennen.«
    »Also, wirklich, Mutter, ich hatte nicht gedacht, dass es dir etwas ausmacht.«
    »Er hat sich so viel für dich erhofft. Er hat davon geträumt, dass du Anwältin werden würdest. Er wollte selbst immer Anwalt sein, weißt du. Aber seine Eltern konnten es sich nicht leisten, ihn studieren zu lassen. Das wusstest du nicht, oder?«
    »Woher auch?«, gab Amanda zurück und schluckte ihre Tränen herunter. »Er hat ja kaum mit mir geredet.«
    »Du warst ja nie da.«
    »Das ist Unsinn.«
    »Amanda …«, warnte Ben sie erneut.
    »Er hat nie versucht, mit mir zu reden. Und der Grund dafür ist, dass er zu verdammt beschäftigt damit war, sich um dich zu kümmern. Er hat alles aufgegeben – seine Freunde, seine Hobbys, seine Tochter –, nur um dich glücklich zu machen. Aber das warst du nie, oder, Mutter? Nein. Denn wie kann jemand glücklich sein, der so von Wut über weiß Gott was zerfressen ist? Was ist dein Problem, Mutter? Erzähl es mir«, verlangte Amanda und spuckte die Worte einzeln aus, sodass jedes zu einem eigenen Satz wurde. »Was. Ist. Dein. Problem?«
    Ihre Mutter starrte sie mit einem Blick an, kalt wie Stahl.
    »Nun«, sagte sie und goss sich ihr Glas wieder voll, »kein Wunder, dass dein Vater einen Herzinfarkt hatte, bei einer Tochter wie dir.«
    »Wie geht es dir, Amanda?«, fragt ihre Mutter jetzt mit so ruhiger Stimme, dass Amanda erst nach einer Weile registriert, dass sie überhaupt gesprochen hat.
    »Mir geht es gut«, antwortet Amanda aus der Ecke des Raumes, weil sie nicht weiß, wie sie sonst reagieren soll. Ihr Herz pocht so wild, dass sie das Gefühl hat, eine Armee von kleinen Fäusten würde von innen gegen ihren Brustkorb trommeln.
    »Ben«, begrüßt ihre Mutter ihn mit einem kaum merklichen Nicken.
    »Wie geht es Ihnen heute, Mrs. Price?«
    »Danke, gut, Ben.«
    »Haben Sie gut geschlafen? Macht Ihre Zellengenossin keine Probleme mehr?«
    »Was für Probleme?«, fragt Amanda.
    »In den ersten Nächten hier hat eine der Frauen in der Zelle deiner Mutter einen Drogenentzug durchgemacht und alle rund um die Uhr wach gehalten.«
    »Sie hat einen Putzfimmel. Du hättest sie sehen sollen. Sie konnte keine Sekunde still sitzen. Sie ist die ganze Nacht in der Zelle auf und ab gelaufen. Es war ziemlich beunruhigend.«
    »Im Gegensatz zu einem kaltblütigen Mord«, sagt Amanda.
    »Aber die letzte Nacht war besser?«, fragt Ben und wirft Amanda einen warnenden Blick zu.
    »Ja, ich habe sehr gut geschlafen.«
    »Du hast sehr gut geschlafen?«, wiederholt Amanda ungläubig und unfähig, sich zu beherrschen. »Du bist im Gefängnis, Herrgott noch mal. Du hast einen Mann erschossen. Ich hätte vermutet, dass allein das einem den Schlaf rauben würde.«
    »Amanda, bitte«, beschwichtigt Ben.
    »Das ist schon in Ordnung«, sagt ihre Mutter. »Sie ist verständlicherweise durcheinander.«
    Die scheinbare Gemütsruhe ihre Mutter macht Amanda nur noch wütender. »Oh, gut. Die Stimme der Vernunft.«
    »Vielleicht solltest du dich setzen«, rät Ben ihr.
    »Ich will mich nicht setzen.«
    Ben wendet sich wieder ihrer Mutter zu. »Bekommen Sie Ihre Medikamente?«
    »Was für Medikamente?«, fragt Amanda.
    Ihre Mutter schüttelt den Kopf. »Nur etwas gegen meine Osteoporose. Nichts, worüber man sich Sorgen machen müsste.«
    »Wer hat gesagt, dass ich mir Sorgen mache?«
    »Ja, man hat dafür gesorgt, dass ich meine Medikamente bekomme«, antwortet Gwen Price, und ein leichtes Zucken im linken Mundwinkel bleibt ihre einzige Reaktion auf Amandas Sarkasmus.
    Ihre Mutter ist also doch sterblich, denkt Amanda mit nicht geringer Zufriedenheit. Sogar ein wenig gewöhnlich. Wie tausend andere Frauen ihres Alters leidet sie an Knochenschwund, einem profanen und verbreiteten Leiden. Amanda wundert

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