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Tanz, Pueppchen, Tanz

Tanz, Pueppchen, Tanz

Titel: Tanz, Pueppchen, Tanz Kostenlos Bücher Online Lesen
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Weingläser. »Der Typ hat jedenfalls eine Flasche Wein mitgebracht, die wir nicht öffnen konnten, weil ich keinen Korkenzieher hatte.« Sie schüttelt in Erinnerung an die Szene den Kopf, während sie die beiden Gläser voll gießt.
    »Ich musste bei meinem Nachbarn klopfen und mir einen leihen.« Sie kommt zurück ins Wohnzimmer und reicht Amanda ihr Glas. »Ich habe übrigens kein Alkoholproblem. Falls Sie sich Sorgen machen, ich wäre eine alte Schnapsdrossel, die Sie bloß unter einem Vorwand hierher gelockt hat.«
    »Ich mache mir keine Sorgen«, sagt Amanda, obwohl ihr just dieser Gedanke gerade gekommen ist.
    »Nein, ich habe mir feierlich geschworen, dass ich nie werden würde wie meine Mutter.«
    Amanda nickt. Endlich etwas, das sie versteht.
    »Deshalb achte ich sorgfältig darauf, wie viel Alkohol ich mir genehmige. Hier und da ein Glas Wein zu besonderen Anlässen. Ich würde sagen, heute ist so einer, oder?«
    »Ich weiß nicht. Von welchem besonderen Anlass sprechen wir?«
    Rachel hebt ihr Glas. »Darauf, dass der Mann, der sich John Mallins nannte, endlich bekommen hat, was er verdient. Prost.«
    »Prost.« Sie stoßen an, und Schweigen erfüllt die kleine Wohnung. Amanda wartet, dass die Frau fortfährt, aber Rachel bleibt stumm. »Warum sagen Sie, dass er bekommen hat, was er verdient?«
    »Weil das Schwein offensichtlich meinen Bruder umgebracht hat.«
    Inwiefern war das offensichtlich, wundert Amanda sich und nippt mehrmals an ihrem Wein, bevor sie die Frage laut stellt.
    »Ich habe Ihnen doch erzählt, dass mein Bruder mir unmittelbar vor seinem Verschwinden erzählt hat, dass er einen Typen getroffen hätte, der seinem Leben eine Wende geben würde. Nun, ich finde, es ist ziemlich klar, dass der Typ ihn umgebracht hat. Und fünfundzwanzig Jahre später hat Ihre Mandantin jetzt ihn umgebracht.«
    Amanda versucht der verwickelten Logik der Frau zu folgen. »Das ist aber reichlich weit hergeholt«, meint sie schließlich.
    »Warum? Inwiefern weit hergeholt? Finden Sie es nicht verdächtig, dass fünfundzwanzig Jahre nach dem Verschwinden meines Bruders in der Stadt, in der mein Bruder gelebt hat, plötzlich ein Mann auftaucht, der sich John Mallins nennt, zufällig genauso alt ist, wie mein Bruder gewesen wäre, und ihm sogar ein bisschen ähnlich sieht. Finden Sie das nicht ein kleines bisschen merkwürdig?«
    »Vielleicht ein Zufall.«
    »Von wegen Zufall. Der Mann hat meinen Bruder ermordet und seine Identität gestohlen.«
    »Moment mal, immer schön langsam. Nur weil der Mann genauso hieß wie Ihr Bruder, muss er ihn ja nicht gleich umgebracht haben. Glauben Sie nicht, dass es mehr als einen John Mallins geben könnte?«
    »Nein, das glaube ich nicht. Sie haben uns doch gerade im Telefonbuch nachgeschlagen. Und es gab nur sechs Einträge in einer Stadt mit beinahe drei Millionen Einwohnern.«
    »Aber das heißt noch nicht, dass er der einzige John Mallins auf der ganzen Welt ist. Der erschossene John Mallins stammte aus einer kleinen Stadt in England, nördlich von Nottingham«, sagt Amanda, die sich an die Geografiestunde der Witwe des Mannes erinnert.
    »Und er ist nach Toronto gekommen, um den Nachlass seiner Mutter zu regeln, haben Sie gesagt, richtig?«
    »Ja.«
    »Um was wollen Sie wetten, dass Sie, wenn Sie die Todesnachrichten der vergangenen Wochen durchgehen, niemanden namens Mallins finden werden? Ach, überprüfen Sie ruhig das ganze letzte Jahr.«
    »Selbst wenn das stimmt, würde das nichts beweisen.«
    Rachel wirft die Hände in die Luft, sodass der Wein in ihrem Glas hin und her schwappt. »Scheiße, sind Sie immer so stur?«
    »Ich versuche bloß zu sagen …«
    Amanda hält inne. Was versucht sie ihr zu sagen? »Wenn Sie wirklich glauben, dass John Mallins nicht nur ein Betrüger, sondern auch ein Mörder ist, warum sind Sie dann nicht zur Polizei gegangen?«
    »Was hätte ich denen denn erzählen sollen?«
    »Dasselbe, was Sie mir erzählt haben.«
    Rachel Mallins schüttelt den Kopf. »Die Polizei ist sogar noch sturer als Sie. Verdammt, vor fünfundzwanzig Jahren bin ich zu den Schweinen gegangen, direkt nach Johnnys Verschwinden. Ich habe sie angefleht, meinen Bruder zu suchen, und wissen Sie, was die gesagt haben: ›Machen Sie sich wegen Johnny keine Sorgen. Der taucht schon wieder auf. Das tun falsche Fünfziger immer.‹« Sie trinkt einen Schluck Wein. »Die wollten mir damals nicht helfen. Warum sollte ich jetzt denen helfen? Außerdem würde es Johnny nicht

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