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Tanz, Pueppchen, Tanz

Tanz, Pueppchen, Tanz

Titel: Tanz, Pueppchen, Tanz Kostenlos Bücher Online Lesen
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sich ebenfalls aus ihrem Sessel und tritt ans Fenster. »Sie klingen wie Frasier Crane«, sagt sie kichernd.
    »Aus dem Fernsehen.«
    »Ich sehe nicht viel fern.«
    »Sie haben nie Frasier geguckt? Es ist eine Nebenserie von Cheers. Das haben Sie doch bestimmt gesehen.«
    »Können wir zu John Mallins zurückkommen?«
    Rachel wirkt leicht gekränkt. »Sie müssen verstehen, dass das alles vor sehr langer Zeit passiert ist. Vor fünfundzwanzig Jahren, um genau zu sein.« Sie lächelt, obwohl das Lächeln diesmal brüchig wirkt, so als könnte sie jeden Moment in Tränen ausbrechen.
    »Was?«
    Erst nach einer Pause fährt Rachel fort. »Mein Bruder und ich waren das Produkt einer Familie, die man heutzutage beschönigend ›dysfunktional‹ nennen würde, will sagen, unsere Eltern waren beide schwere Alkoholiker, und mein Bruder und ich haben uns mehr oder weniger selbst großgezogen. Und das auch nicht besonders gut.« Sie zuckt die Achseln. »Bevor ich dreißig geworden bin, war ich schon zweimal verheiratet und wieder geschieden. Können Sie das glauben?«
    »So was kommt vor«, erwidert Amanda, als sie die Sprache wiederfindet.
    »Vermutlich. Sind Sie verheiratet?«
    »Nein.«
    »Nein, Sie sind clever. Das sehe ich. Zu konzentriert auf Ihre Karriere, um Zeit mit Nebensächlichkeiten zu verschwenden. Ich hatte nie eine Karriere. Mit vierzehn habe ich davon geträumt, Ärztin zu werden. Na ja, wenigstens hab ich die High School zu Ende gemacht.« Rachel versucht zu lächeln, aber ihre Lippen machen nicht mit, sondern bleiben störrisch geschürzt. »Johnny hat die Schule abgebrochen, sobald er sechzehn war. Er fing an, sich mit üblen Typen abzugeben, Alkohol, Drogen, der übliche Mist. Hat es in keinem Job lange ausgehalten. Ständig neuer Ärger. Er ist mindestens ein halbes Dutzend Mal verhaftet worden, obwohl ihm die Polizei nie wirklich was nachweisen konnte. Als ich ihn das letzte Mal gesehen habe, hat er jedenfalls mit diesem super Typen angegeben, den er gerade getroffen hatte, und dass der ihn unter die Fittiche nehmen würde, und dann würde alles anders werden und …«
    »Und?«
    »Und dann ist er vom Erdboden verschwunden.«
    »Wie meinen Sie das, er ist verschwunden?«
    »Ich meine, dass ich ihn nie wieder gesehen habe.«
    »Sind Sie zur Polizei gegangen?«
    »Natürlich. Aber was meinen Sie, wie groß deren Interesse war, ihn zu finden?« Rachel schüttelt den Kopf. »Ungefähr so groß wie Ihre Lust, jetzt gerade mit mir zu reden.«
    Amanda versucht einen Sinn in all dem zu erkennen, was Rachel ihr erzählt hat. »Aber warum sollte die Polizei mit Ihnen reden wollen, wenn Sie sagen, der ermordete John Mallins ist nicht Ihr Bruder.«
    »Weil der Mann, der ermordet wurde, nicht John Mallins ist«, stellt die Frau schlicht fest.
    Amanda sagt gar nichts, sondern nickt nur, als ob das Gehörte vollkommen logisch wäre, bevor sie ihren Platz auf dem Sofa wieder einnimmt, um mehr zu hören.

16
    »Ich könnte einen Drink gebrauchen«, verkündet Rachel und klatscht sich auf die Schenkel. »Wie steht’s mit Ihnen?«
    »Klingt gut«, stimmt Amanda ihr zu und sieht zu, wie die Frau wieder in die Küche und unter lautem Protest ihrer Gelenke vor einem Schrank neben dem Kühlschrank in die Hocke geht.
    »Das ist das Problem, wenn man klein und dick ist«, sagt sie, während sie durch eine Sammlung von Weinflaschen kramt. »Man kann seinen Alkohol nicht auf einem hohen Regal deponieren, weil man sonst nicht drankommt, aber es bringt einen auch jedes Mal um, wenn man sich bücken muss. Ich sollte die Flaschen einfach auf dem Tresen aufreihen. Aber genau das haben meine Eltern auch immer gemacht. Ich glaube, für sie war es so eine Art Skulptur. Ist Rotwein okay?«
    »Perfekt.«
    Rachel wirft Amanda ihr charmantestes Lächeln zu und sucht in der obersten Schublade nach einem Korkenzieher.
    »Als ich von meinen Eltern, die übrigens inzwischen beide in den großen Saloon im Himmel gewechselt haben, in meine erste eigene Wohnung gezogen bin, habe ich nie Alkohol im Haus gehabt. Oh, ich war schrecklich brav. Habe kein Glas und keine Zigarette angerührt. Rauchen tue ich immer noch nicht.« Fachmännisch entkorkt sie eine Flasche sehr guten Wein, wie Amanda feststellt. »Einmal habe ich einen Typen, den ich beeindrucken wollte, zum Essen eingeladen. Weiß der Himmel, was ich mir dabei gedacht habe, denn das Einzige, was ich kochen konnte, war Shepherd’s Pie. Ein Glück, dass er das mochte.« Sie lacht und nimmt zwei

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