Tanz, Pueppchen, Tanz
einer Hand das Glas hin und weist mit der anderen auf das Sofa.
»Bitte«, sagt sie noch einmal. »Setzen Sie sich.«
Gehorsam lässt Amanda sich auf den blau-grün gestreiften Bezug fallen und streckt die Beine aus, sodass ihre Stiefel auf einem kleinen Oval hellblauen Teppichs zu stehen kommen. »Miss Mallins …«
»Warum nennen Sie mich nicht einfach Rachel?« Die Frau nimmt auf dem dunkelblauen Sessel Platz und sieht Amanda mit einem Lächeln an, als wollte sie sagen: Das wird bestimmt spaßig.
»Rachel«, wiederholt Amanda.
»Amanda.«
»Was für ein … Scheiß … ist denn genau passiert?«
Rachel Mallins lacht. »Sie sind niedlich«, sagt sie, und Amanda windet sich, bemüht, nicht ungehalten zu reagieren, weil niedlich nie eine Eigenschaft gewesen ist, die sie angestrebt, oder ein Kompliment, das sie goutiert hätte. »Sie wissen gar nichts, oder, Amanda?«
»Nicht sehr viel«, gibt Amanda zu.
»Trotzdem wussten Sie genug, um mich zu finden.«
»Das war leicht. Ich habe im Telefonbuch nachgeguckt.«
»Sie haben im Telefonbuch nachgeguckt.« Rachel Mallins lacht erneut, ein angenehmes, beinahe raues Lachen. »Darf ich fragen, warum?«
»Ich habe Hayley Mallins befragt, die Witwe des Ermordeten«, beginnt Amanda und ringt stumm mit sich, wie viel sie Rachel Mallins erzählen soll, bevor sie entscheidet, dass es ihr zu diesem Zeitpunkt wenig bringen würde, etwas zu verschweigen. »Sie hat mir erzählt, dass die Mutter ihres Mannes kürzlich gestorben ist und ihr Mann nach Toronto gekommen ist, um ihren Nachlass zu regeln, also …«
»Also?« Rachel beugt sich auf ihrem Sessel vor, faltet die Hände und hört konzentriert zu. Amanda fällt auf, dass sie keinen Schmuck trägt.
»Also dachte ich, dass es, auch wenn Mrs. Mallins es bestreitet, möglich ist, dass es noch andere Mallins’ gibt, die mit dem Opfer verwandt sind.«
»Ach ja, dachten Sie?«
»Ja, dachte ich.«
»Und gibt es viele von uns?«
»Was?«
»Im Telefonbuch.«
»Oh. Nein. Nicht viele. Sechs, um genau zu sein.«
»Um genau zu sein«, wiederholt sie mit hörbarem Genuss an der Phrase. »Und Sie haben uns alle angerufen?«
»Sie waren die Nummer fünf auf der Liste.«
»Da hab ich ja Glück gehabt.« Wieder lacht Rachel Mallins. »Und Sie auch.«
»Wollen Sie damit sagen, dass Sie mit John Mallins verwandt sind?«
»Ja, bin ich.«
Amanda stockt der Atem. »Und das bedeutet?«
Rachel macht eine winzige Pause und scheint für den Bruchteil einer Sekunde unschlüssig, bevor sie antwortet.
»Das bedeutet, dass ich seine Schwester bin.«
Um ein Haar hätte Amanda das Glas fallen lassen. »Verzeihung?«
»Ich bin John Mallins’ Schwester.« Das Lächeln im Gesicht der Frau erstirbt. »Trinken Sie einen Schluck Wasser, Amanda. Sie sehen ein bisschen blass aus.«
Amanda trinkt einen Schluck und versucht, sich zu konzentrieren und ihre nächste Frage zu formulieren. »Das verstehe ich nicht«, resigniert sie schließlich.
»Natürlich nicht. Woher auch?«
»Wollen Sie sagen, Hayley Mallins hätte gelogen, als sie mir erzählt hat, ihr Mann hätte keine anderen Verwandten in Toronto?«
»Oh, darüber weiß ich nichts.«
»Sie wissen nicht, ob sie gelogen hat, oder ob sie ehrlich nichts von Ihnen wusste?«, versucht Amanda, die Aussage der Frau zu präzisieren.
»Ich weiß überhaupt nichts über Hayley Mallins.«
»Sie meinen, Sie wussten nicht, dass Ihr Bruder verheiratet war?«
»Mein Bruder ist nicht verheiratet«, stellt die Frau mit Nachdruck fest. »Da können Sie sich ziemlich sicher sein.«
»Das verstehe ich nicht«, sagt Amanda noch einmal und denkt, dass sie auch einen Kassettenrekorder mitbringen und bei jedem Satz von Rachel eine Aufnahme hätte abspielen können. Das verstehe ich nicht. Das verstehe ich nicht.
»Nun, der Mann, der letzte Woche im Four Seasons Hotel ermordet worden ist, war offensichtlich nicht mein Bruder.«
»Das verste …« Amanda beißt sich auf die Zunge und stellt ihr Wasserglas auf dem runden Glastisch ab, bevor sie langsam aufsteht, bemüht, ihre keimende Wut zu zügeln.
»Okay, ich weiß nicht, was für ein Spiel Sie spielen, Rachel, aber ich habe es nun mal nicht gern, wenn man mich zum Spielball macht. Wenn es also Ihrer Vorstellung von einem lustigen Abend entspricht, einen Anwalt zu quälen, müssen Sie sich einen anderen suchen …«
»Oh, setzen Sie sich. Ich dachte, Sie wollten etwas über John Mallins wissen.«
Amanda bleibt stehen. »Ich höre.«
Rachel erhebt
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