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Tanz, Pueppchen, Tanz

Tanz, Pueppchen, Tanz

Titel: Tanz, Pueppchen, Tanz Kostenlos Bücher Online Lesen
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den Wannenrand und streckt die Hand nach dem Warmwasserhahn aus. »Versuch macht klug.« Sie kichert und trinkt einen weiteren großen Schluck Wein. Dann zieht sie sich den Pullover über den Kopf aus, was ihr ohnehin wackeliges Gleichgewicht weiter ins Wanken bringt, und geht ins Schlafzimmer. Wenig später steht sie splitternackt und, wie sie feststellt, sturzbetrunken neben dem Telefon.
    »Hier ist Ben Myers. Ich bin im Moment nicht zu Hause, aber wenn Sie nach dem Ton eine Nachricht und Ihre Nummer hinterlassen, rufe ich so bald wie möglich zurück. Vielen Dank, und denken Sie daran, den Ton abzuwarten.«
    Ist das nicht typisch Ben, anzunehmen, sie wüsste nicht, wie ein Anrufbeantworter funktioniert. »Na, hallo, Ben Myers«, sagt Amanda, die natürlich losgeplappert hat, bevor der angekündigte Ton erklungen ist. »Ups. Ich bin wohl keine besonders gute Zuhörerin, was?« Sie lacht und wartet auf den Ton. »Na, hallo, Ben Myers«, sagt sie noch einmal.
    »Ich rufe an – warum rufe ich an? –, oh ja, ich rufe an, um mich zu entschuldigen, weil ich, wie es aussieht, ein böses Mädchen war und nicht getan habe, was du mir gesagt hast. Was auch immer das war. Ich kann mich nicht mehr erinnern. Aber hoffentlich fällt es mir wieder ein, bis du diese Nachricht hörst und mich zurückrufst. Hast du mich gehört? Ruf mich zurück. Es ist wichtig. Glaube ich.« Sie lacht erneut, als ein weiterer Piepton ihr das letzte Wort abschneidet. »Nun, das war aber ziemlich unhöflich«, sagt sie und legt den Hörer wieder auf die Gabel. »Ich hatte nicht mal Zeit, ihm liebe Grüße an Jennifer auszurichten. Liebe Grüße an Jennifer«, ruft sie in Richtung Telefon und vernimmt dann ein gedämpftes Plätschern. »Oh nein!«
    Amanda stolpert über die eigenen Füße, als sie ins Bad eilt, sich auf die Wanne stürzt, die schon wieder bedrohlich voll gelaufen ist, die Hand in das brühende Wasser steckt und den Stöpsel herauszieht. »Scheiße, ist das heiß!« Der Wasserspiegel sinkt sofort. Amanda wedelt ihren vom Ellenbogen an abwärts knallroten Arm zur Abkühlung durch die Luft, wartet, bis der Pegelstand auf ein vernünftiges Maß gefallen ist, bevor sie den Stöpsel wieder in den Abfluss steckt und kaltes Wasser zulaufen lässt. »Ich glaube, jemand hat ein bisschen zu viel getrunken«, sagt sie, steigt in die Wanne und verdrängt die kleine Stimme in ihrem Kopf, die ihr sagt, dass das in letzter Zeit ein wenig zu oft passiert ist. »Ein besonderer Anlass«, fallen ihr Rachels Worte wieder ein. »Der Mann, der sich John Mallins nannte, hat endlich bekommen, was er verdient.«
    Der Mann, der sich John Mallins nannte, wiederholt sie stumm, greift nach der Seife und reibt ihre Brüste damit ein, bis ihr auffällt, dass die Seife noch eingepackt ist. »Ups.« Sie lacht wieder, zusehends schrill, während sie sie auspackt und zusieht, wie das Papier auf dem Wasser treibt, während die Seife auf den Boden der Wanne sinkt. Ist es möglich, dass irgendetwas von dem, was Rachel Mallins ihr erzählt hat, wahr ist? Dass der Mann, der sich John Mallins nannte, gar nicht John Mallins ist? Dass er ein Betrüger ist, der den echten John Mallins vor fünfundzwanzig Jahren ermordet hat, um in seine Identität zu schlüpfen?
    Und wenn dem so wäre? Spielt es wirklich eine Rolle, ob der Mann, den ihre Mutter erschossen hat, John Mallins war oder nicht? Fakten sind Fakten, und Fakt ist: Ihre Mutter hat einen Mann erschossen, der jemand namens John Mallins sein könnte oder auch nicht. »Wer immer er war, jetzt ist er nicht mehr«, verkündet Amanda, fischt die Seife aus dem Wasser und beginnt, sich wahllos einzuseifen.
    Aber wenn er nicht John Mallins war, wer war er dann?
    Und würde die Antwort auf diese Frage nicht auch eine Menge anderer Fragen klären?
    Zum Beispiel, warum ihre Mutter ihn erschossen hat.
    Er hat ihn Turk genannt. Offenbar ein Spitzname.
    »Ich hasse Spitznamen«, flüstert Amanda in den feuchten Waschlappen, den sie sich wie eine Totenmaske über Mund und Nase gelegt hat.
    Püppchen, hört sie irgendjemanden rufen. Püppchen. Püppchen.
    Amanda reißt sich den Waschlappen vom Gesicht, rappelt sich auf die Füße und steigt aus der Wanne. Pitschnass geht sie ins Zimmer, wo sie den Telefonhörer abnimmt.
    »Das Metro Convention Center«, weist sie die Telefonistin an. »Jerrod Sugar«, erklärt sie der Dame am Empfang. »Jerrod Sugar«, verkündet sie dem Mann, der nach dem zweiten Klingeln abnimmt, »hier ist Amanda

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