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Tanz, Pueppchen, Tanz

Tanz, Pueppchen, Tanz

Titel: Tanz, Pueppchen, Tanz Kostenlos Bücher Online Lesen
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Und dann? Wird man sie hinauswerfen? Die Polizei rufen? Ben wird stinkwütend sein, wenn er davon erfährt, so viel ist sicher.
    Die verzweifelte Kassiererin legt den Stapel Überweisungen beiseite und blickt mit einem müden Lächeln auf. »Sie möchten in den Tresorraum?«, fragt sie und schiebt Amanda eine Karte zur Unterschrift hin.
    Und noch etwas ist sicher: Jetzt ist es zu spät, um noch umzukehren.
    Amanda unterschreibt mit dem Namen ihrer Mutter und hält den Atem an, während die Angestellte den Schriftzug mit dem vergleicht, den sie in den Akten hat. »Hier entlang«, sagt sie dann und macht dabei in keiner Weise den Eindruck, als hätte sie ihre Mutter je getroffen oder auch nur den Namen je gehört. Sie führt Amanda zu dem stählernen Tresor auf der Rückseite des Raumes, wo sie plötzlich stehen bleibt und Amanda eindringlich anstarrt. »Oh«, sagt sie.
    Amandas Atem stockt, als hätte die Frau die Hände um ihren Hals gelegt. Sag ihr, das war alles ein großer Irrtum, du warst in letzter Zeit nicht du selbst. Sie denkt an John Mallins oder den Mann, der sich John Mallins nannte. Du warst in letzter Zeit nicht du selbst, wiederholt sie stumm und hätte beinahe laut gelacht. Muss ansteckend sein.
    »Ihr Mantel«, sagt die Kassiererin.
    »Mein Mantel?«
    »Ja. Er ist hinreißend. Zum Verlieben. Wo haben Sie den gekauft?«
    »Ähm, in einem kleinen Laden im Eaton Center.«
    »Er ist phantastisch, und ich liebe die Farbe.« Sie öffnet den Tresorraum und lässt Amanda eintreten.
    »Danke.«
    »Ich kann kein Rot tragen. Ich wünschte, ich könnte. Aber es macht mich immer ganz blass.« Sie benutzt erst ihren, dann Amandas Schlüssel, um das Schließfach zu öffnen und die Kassette herauszunehmen. »Sie können sie nach da drüben mitnehmen«, sagt sie und zeigt auf einen durch einen Vorhang abgetrennten Bereich. »Aber Sie kennen ja die Prozedur.«
    Die lange stählerne Kassette fühlt sich schwer an. »Danke. Ich brauche bestimmt nicht lange.«
    »Kein Problem.«
    Denkst du, sagt Amanda stumm und sieht der Frau nach, bevor sie den dunkelvioletten Samtvorhang aufzieht und die gruftartige Kammer betritt. Etliche Sekunden lang fixierte sie den mattgrauen Kasten, als könne sie seinen Inhalt durch schiere Willenskraft erkennen. »Los, worauf wartest du?«
    Ich warte darauf, dass die Bullen reingestürmt kommen und mich verhaften.
    Dann kannst du ihnen auch einen Grund liefern, beschließt sie, öffnet die Kassette und starrt hinein.
    Was immer sie erwartet hat, das jedenfalls nicht.
    Amanda wird kalt und heiß, sie hält die Luft an, taumelt rückwärts gegen den Vorhang, schwindelig und mit Füßen so schwer wie Blei. »Gütiger Gott«, haucht sie und streicht über die ordentlichen Stapel von Hundert-Dollar-Scheinen.
    »Was zum Teufel geht hier vor?« Was macht ihre Mutter mit so viel Geld? Mindestens hunderttausend Dollar, überschlägt Amanda rasch. In bar. Gegenüber den 7,75 $ auf ihrem Sparbuch. »Was zum Teufel geht hier vor?«
    Amanda starrt auf das Geld, bis sie jenseits des Vorhangs schlurfende Schritte und ein diskretes Hüsteln vernimmt.
    »Verzeihung, aber ist alles in Ordnung?«, fragt eine Stimme.
    Amanda knallt die Kassette zu, richtet kurz ihre Erscheinung und reißt mit einem gezwungenen Lächeln den Vorhang zurück.
    »Tut mir Leid«, sagt die Kassiererin. »Normalerweise stören wir unsere Kunden nur ungern, aber Sie sind schon eine ganze Weile hier drinnen und …«
    Amanda blickt auf die Uhr und stellt erstaunt fest, dass mehr als zwanzig Minuten verstrichen sind. »Tut mir Leid. Ich hatte keine Ahnung, dass es schon so spät ist.«
    »Wir würden nur gern gleich schließen.«
    »Verstehe.« Sie gibt der Bankangestellten die schwere Kassette zurück, sieht zu, wie die Frau sie vorsichtig in ihr Fach zurückschiebt, und hofft, selber nicht in Ohnmacht zu fallen, bevor sie das Gebäude verlassen hat.
    »Können wir heute sonst noch etwas für Sie tun?«, fragt die Frau und führt Amanda, die ganz und gar darauf konzentriert ist, einen Fuß vor den anderen zu setzen, zurück in die Haupthalle.
    »Nein, ich denke, das reicht für einen Nachmittag.«
    Die junge Frau mit dem Schlüssel wartet bereits, um Amanda zum Eingang zu begleiten. »Toller Mantel«, sagt sie, als sie die Tür aufschließt.
    Amanda wartet, bis sie hört, dass die Tür hinter ihr wieder abgeschlossen wird, bevor sie sich auf die Bordsteinkante hockt und das Gesicht in den Händen vergräbt.
     
    »Was soll das heißen, ich

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