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Tanz unter Sternen

Tanz unter Sternen

Titel: Tanz unter Sternen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Titus Mueller
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Junge wissen, ohne den staunenden Blick vom Himmel abzuwenden.
    »Kein Problem«, sagte der Ältere. »Die haben eine Toilette an Bord. Sogar fließendes Wasser.«
    »Das fällt dann alles auf uns runter? Bäh!«
    Die Kinder lachten. Sie waren aufgeregt wie zu Weihnachten, huschten von einem Fenster zum anderen, drängten sich, reckten die Hälse.
    Matheus trat auch an eines der Fenster. Er hörte das Surren der Motoren, während das Luftschiff über die Dächer Berlins hinwegschwebte. Auf kaum etwas waren die Deutschen so stolz wie auf ihre Luftschifffahrt AG, die erste Luftreederei der Welt.
    Jahrtausendelang hatten die Menschen vom Fliegen geträumt. Jetzt, im zwanzigsten Jahrhundert, begannen sie, sich diesen Traum zu erfüllen. Vor drei Jahren hatte der französische Ingenieur Louis Blériot als erster Mensch den Ärmelkanal per Flugzeug überquert, in einer selbst gebauten Maschine mit siebzehn Litern Kerosin und Fahrradreifen, und war auf einem Golfplatz nahe Dover Castle gelandet.
    Ob sich Samuel genauso wie diese Waisenjungen wünschte, einmal mit einem Luftschiff zu fliegen? Ein Flug mit dem Zeppelin nach Helgoland, da schlug auch sein Vaterherz höher. Er musste daran denken, was Cäcilie gesagt hatte: Samuel sollte mal ein Abenteuer erleben, man müsse ihm mehr bieten als nur die brandenburgischen Kiefernwälder.
    Matheus sagte: »Ich sehe schon, ihr habt ein neues Thema gefunden. Ich erzähle nächste Woche weiter von König David, ja?«
    Einige von den Kleineren kamen und umarmten ihn, aber heute war die Verabschiedung flüchtig, man merkte, dass ihnen der Zeppelin wichtiger war. Hastig eilten sie zurück an die Fenster.
    »Sie gehen schon?«, fragte im Flur die Betreuerin.
    »Da draußen fliegt ein Zeppelin«, gab er zur Antwort. »Heute hört mir keiner mehr zu.«
    Sie lachte.
    Samuel brauchte einen Vater, zu dem er aufsehen konnte. Und Cäcilie wünschte sich einen mutigen, starken Mann, das gab sie ihm immer wieder zu verstehen. Die beiden sollten merken, dass er fähig war, Abenteuer zu bestehen.
    Er fuhr mit der Stadtbahn ins Zentrum. Bei der Deutschen Bank hob er vierhundert Mark ab, nahezu alles, was sie besaßen, es blieben nur dreiundsechzig Mark auf dem Konto.
    Unter den Linden regelte ein berittener Polizist den Verkehr. Wie ein Götterbote thronte er auf seinem Schimmel inmitten des unablässigen Rollens, Drängens, Scharrens und Klingelns.
    Hier hatten die Schifffahrtsgesellschaften ihre Büros, die Norddeutsche Lloyd, die Hamburg-Amerika-Linie. Weltkarten zeigten in den Schaufenstern die momentanen Standorte der Schiffe auf den Meeren und die Routen, die sie fuhren.
    Matheus ging an ihnen vorüber und betrat das kleine Büro der White Star Line. Er war aufgeregt, als würde er etwas Verbotenes tun. Eine Türglocke läutete, und hinter ihrem Tisch von Schwarznussholz hob die Reiseagentin den Kopf. »Guten Tag«, sagte sie freundlich.
    Matheus erwiderte ihren Gruß und nahm den Hut herunter. »Ich würde gern eine Überfahrt nach New York buchen.«
    »Das freut mich.« Sie lächelte. »Bitte, legen Sie ab und setzen Sie sich.« Sie wies auf einen gepolsterten Stuhl vor dem Tisch.
    Matheus zog den Mantel aus, hängte ihn an der Garderobe an einen Haken und nahm Platz. »Eigentlich fürchte ich mich vor Schiffsreisen«, sagte er.
    »Das brauchen Sie aber nicht. Unsere Schiffe sind modern gebaut und mit der neusten Technik ausgestattet, unter anderem mit dem Marconi-Funksystem.«
    »Vor sechs Jahren, auf dem Mittelmeer, hat der Sturm unser Dampfschiff gegen einen Felsen gedrückt. Die Technik hat nichts genützt.« Er nahm die Hände auf dem Schoß zusammen. »Ich habe mir damals geschworen, nie wieder ein Schiff zu betreten.«
    Ihre Haltung wurde steif, sie streckte den Rücken durch. »Wie kommt es, dass Sie nun doch wieder eine Schiffsreise buchen wollen?«
    Um meine Ehe zu retten, dachte er. »Anders gelangt man ja nicht nach Amerika. Ich habe eine sehr schmeichelhafte Einladung nach Chicago erhalten.«
    »Darf ich Ihnen empfehlen, mit der Titanic zu fahren?« Die Reiseagentin versuchte wieder ein Lächeln. »Sie haben sicher schon von ihr gehört. Der größte Dampfer der Welt, wir sind sehr stolz auf ihn. In einer Woche läuft die Titanic zu ihrer Jungfernfahrt aus. Da kann ich Ihnen ein Sonderangebot machen.«
    »Sie hat vier Schornsteine, nicht wahr? Schafft sie die Überfahrt schneller als die üblichen Dampfer?«
    »Nein. Die Menschen schließen oft von der Anzahl der Schornsteine

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