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Tanz unter Sternen

Tanz unter Sternen

Titel: Tanz unter Sternen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Titus Mueller
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bestimmt mühelos einholen. Er würde verhindern wollen, dass Samuel ihn verriet, er würde ihn nicht entkommen lassen.
    »Dir passiert schon nichts. In Queenstown gehe ich mit der Beute von Bord, dann bist du mich los. Bis dahin sind’s nur ein paar Stunden.«
    Samuel schluckte. Er sollte stundenlang mit dem Dieb durch das Schiff laufen? Hoffentlich trafen sie seine Eltern oder die drei Verfolger in Uniform. Er würde es keine zehn Minuten mit dem Spinnenbeinigen aushalten.
    »Ich erklär’s dir. Wir sind im E-Deck. Es gibt zwei Straßen, das hier ist die Scotland Road, wie die Arbeiterstraße in Liverpool. Die Crewmitglieder benutzen sie und die Passagiere dritter Klasse. Die Scotland Road ist unsere Fluchtstraße.« Er schloss eine Zwischentür auf. Nachdem sie beide hindurchgegangen waren, schloss er die Tür hinter sich wieder ab.
    Durch einen schmalen Gang gelangten sie zur anderen Seite der Titanic. Dort führte erneut ein endloser Korridor vom Bug zum Heck, allerdings war er etwas schmaler als die Arbeiterstraße, und statt blanker Rohre an der Decke war er mit einem Teppich ausgelegt wie in einem Hotel.
    »Das ist die Park Lane«, erklärte der Dieb. »Benannt nach der noblen Straße in London. Sie verbindet alle Kabinen der ersten Klasse im Oberdeck.« Er klopfte an eine Kabinentür. Als es still blieb, steckte er Eisenhäkchen ins Schloss und stocherte darin herum. »Du bleibst draußen. Wenn jemand kommt, klopfst du. Ich lasse die Tür einen Spalt offen, deine Hand legst du hier um den Rahmen, sodass ich sie von innen sehen kann. Ich will deine Hand die ganze Zeit sehen – wenn du abhaust, kriege ich dich. Ich reiße dir den Kopf ab, verstanden?« Er öffnete die Tür und verschwand in der Kabine.
    Samuel umklammerte gehorsam den Rahmen. Er schwitzte. Wäre er nur in der Bibliothek geblieben! Hoffentlich suchten ihn jetzt seine Eltern. Die Park Lane lag wie ausgestorben da. Endlich öffnete sich eine Tür weit hinten im Flur, und ein Herr mit Hut trat heraus, gefolgt von einer Dame im roten Kleid. Sollte er klopfen? Erwischten sie den Dieb, kam er, Samuel, frei. Andererseits sah es dann so aus, als habe er beim Stehlen geholfen. Würde man ihm glauben, wenn er es erklärte? Und was würde Adam ihm antun, im Fall, dass er entkam? Er konnte in der Nacht ihre Kabine aufbrechen und ihn packen und aus dem Bett zerren und ihn über Bord zu den Haien werfen.
    Samuel klopfte.
    »Komme«, sagte Adam. Er schob Samuel vom Türrahmen fort und schloss leise die Tür. »Wir können weiter.«
    »Sie klauen.«
    »Gut beobachtet, Junge.«
    »Man darf nicht stehlen.«
    »Ach? Hast du das in der Kirche gelernt?«
    »Warum sprechen Sie Deutsch?«
    »Hab ein paar Jahre in Hamburg gearbeitet.«
    Adam klopfte erneut an eine Kabinentür. Von drinnen hörte man Vogelgezwitscher. Als niemand antwortete, schloss der Dieb auf. Samuel blieb im Flur. Eine Weile war es still, dann spülte eine Toilette, und ein dicker Mann trat aus dem Nachbarraum. Er blickte Samuel fragend an.
    »Ich suche meine Kabine«, hauchte er. Das Blut schoss ihm in den Kopf. Gleich würde etwas Furchtbares passieren, der Dicke hatte sie ertappt, er würde Alarm schlagen, sie waren aufgeflogen!
    Der Mann sagte etwas, das Samuel nicht verstand.
    Da trat Adam aus der Kabine. Er lachte und wies auf Samuel und redete auf den Dicken ein, so lange, bis ein Lächeln auf dessen Gesicht trat.
    »Er will dir etwas schenken«, sagte der Dieb.
    Der dicke Mann betrat die Kabine, vor der Samuel gerade Wache geschoben hatte, und winkte sie hinein. Er sagte viele unverständliche Worte. Ein golden schimmerndes Bett stand in der Kabine und ein Tisch mit Sesseln, außerdem gab es ein großes Sofa und einen Spiegel. Der Boden war mit feinem grünem Teppich ausgelegt.
    Auf der Kommode stand ein Käfig mit Türmen und großem Einlasstor, wie ein Schloss. Darin hüpften zwei gelbe Kanarienvögel von Stange zu Stange und pfiffen fröhlich.
    »Er ist Kaugummivertreter«, sagte Adam, »er arbeitet für Wrigley’s.«
    »Was ist Kaugummi?«, fragt Samuel.
    Die Männer redeten miteinander. Der dicke Mann blickte Samuel verblüfft an. Dann hielt er ihm etwas hin, das in Papier eingewickelt war.
    »Ein Streifen Wrigley’s Spearmint«, sagte Adam. »Schmeckt großartig, das Zeug. Greif zu!«
    Samuel nahm den Kaugummi, wickelte ihn aus und roch daran. Der Dicke zeigte ihm durch Gesten, er solle ihn in den Mund stecken. Samuel gehorchte. Es schmeckte fürchterlich scharf. Er nickte und

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