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Tapas zum Abendbrot

Tapas zum Abendbrot

Titel: Tapas zum Abendbrot Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Basel Nicole Frick Marike
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überhaupt nicht für mich.
    Spanier dagegen würden sich pudelwohl fühlen.
    Es ist ein brütend heißer Tag, an dem mir das so richtig klar wird. Wir sind zu Besuch in Córdoba, der Geburtsstadt meines Freundes, und ich merke, dass er irgendwie unzufrieden mit mir ist. Warum ich denn gestern Abend beim Abendessen mit seinem Cousin nicht mehr geredet habe, will er wissen.
    Â»Was sollte ich denn sagen?«, frage ich zurück.
    Â»Irgendwas«, sagt Roberto. »Erzähl von Deutschland, von deiner Arbeit, von der Hochzeit im August.«
    Â»Vielleicht wollen sie das ja gar nicht alles im Detail wissen«, sage ich.
    Roberto ist verwirrt. »Warum sollten sie es denn nicht wissen wollen?«
    Â»Gefragt haben sie jedenfalls nicht«, gebe ich zurück.
    Wir sitzen zu diesem Zeitpunkt in einer kleinen Bar, um uns herum mehrere Spanier, die sich hier wohl jeden Tag treffen und einen Plausch halten. Alles wird von ihnen kommentiert, jeder weiß eine noch bessere Geschichte. Und tatsächlich sind sie großartige Geschichtenerzähler. »Hört zu, ich treffe mich also mit José«, sagt der eine, als würde er einen Krimi erzählen. »Ich warte und warte, aber er kommt nicht. Gut, bestelle ich mir also noch einen Wein. Da taucht er plötzlich auf – mit so einer ganz Jungen im Schlepptau! Stellt euch nur vor!« So geht es minutenlang weiter. Die anderen kommentieren ab und zu »Nein!« oder »Das gibt’s nicht!« und scheinen insgesamt eine richtig nette Zeit miteinander zu haben. Und sobald sich die Geschichte dem Ende zuneigt, hat schon einer die nächste parat.
    So sei das eben bei den Spaniern, erklärt mir Roberto: Es geht nicht darum, Interesse für andere zu zeigen, sondern selbst zu Wort zu kommen. Besonders wichtig ist es auch, ständig und im Brustton der Überzeugung zu kommentieren: »Claro, hombre!« (Mensch, ist doch klar!) Oder eben: »Hombre, claro que no!« (Mensch, natürlich nicht!) Vor allem aber gilt die Regel: Wer viel zu erzählen hat und das lustig verpackt, der kommt richtig gut an.
    Unter diesen Gesichtspunkten habe ich gestern Abend wohl ziemlich schlecht abgeschnitten. Ab und zu fiel mir zwar etwas ein, das ich hinzufügen konnte, im Großen und Ganzen aber habe ich die anderen reden lassen. Ich war die langweilige Deutsche. Schließlich kenne ich Robertos südspanische Familie kaum, und er kann die Hochzeitsvorbereitungsdetails sowieso viel besser erklären.
    Nun aber ist meine Neugierde geweckt. Bei einem weiteren Treffen am Abend, diesmal mit seinem Onkel und dessen Frau, schaue ich genau hin – und beobachte, dass Roberto ständig unterbrochen wird, lange bevor er zum eigentlichen Kern einer Geschichte gelangt. Stets haben sein Onkel oder die Tante selbst eine Erfahrung, eine Geschichte oder einen Kommentar hinzuzufügen. Es wird wortreich zugestimmt oder mit viel Überzeugung widersprochen. Und wenn der Onkel oder die Tante dann fertig sind, fordern sie Roberto nicht etwa auf, jetzt doch bitte weiterzuerzählen, weil er ja leider unterbrochen wurde – nein, mein Freund muss selbst dafür sorgen: »Also, wie gesagt, wir haben uns Folgendes überlegt …« Zwar wird genickt, zwar sagt man »Si, claro« und suggeriert Interesse – mir aber kommt es nicht echt vor. Ich weiß allerdings auch, dass diese Wertung kulturell gefärbt ist, dass ich nur so empfinde, weil ich anders erzogen wurde. Roberto wiederum findet es sehr anstrengend, dass er bei Deutschen oft nach Themen suchen muss. Manchmal überlegt er sich schon vorher Fragen, die er stellen kann, damit ja nicht der Gesprächsstoff ausgeht.
    Auf mich kommt dagegen in Spanien immer jemand zu, es entspinnt sich immer ein Gespräch. Insbesondere in Südspanien besteht eine gute Unterhaltung daraus, dass man sich die Bälle zuwirft. Stille, Sich-Anschweigen, das ist mir dort noch nie begegnet. Es ist nun mal nicht das Zuhören, was man in Spanien schätzt – sondern die Interaktion. Ich überlege mir deshalb für den Abend ein Experiment. Ich weiß jetzt: Während ich den guten Willen habe, mein Gegenüber nicht mit unnötigem Geschwafel belästigen zu wollen, fragt sich der, warum um alles in der Welt ich nur so schweigsam bin. Vielleicht schmeckt das Essen nicht? Gefällt mir der Wein nicht? Bin ich am Ende gar nicht gern hier?
    Später am Abend treffen wir die ganze

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