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Tapas zum Abendbrot

Tapas zum Abendbrot

Titel: Tapas zum Abendbrot Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Basel Nicole Frick Marike
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Deutschland viel zu hohe Gebühren verlangen.
    Das mag alles stimmen – aber die Frage ist, wie viel Zeit man damit verbringt, sich darüber Gedanken zu machen. Denn das ständige Nörgeln über die neue Heimat macht nicht nur schlechte Laune, es hat auch Konsequenzen für die Beziehung. »Wenn der eine Partner ein Deutscher ist, dann steht er natürlich für die Majoritätskultur«, sagt Valentina Veneto Scheib. »Es ist klar: Wenn ich zum Beispiel über deutsche Macken schimpfe, dann fühlt sich mein deutscher Mann automatisch angesprochen, auch wenn ich das gar nicht so meine.«
    Ich selbst fing an, mein Land zu verteidigen, wenn Morten sich wieder einmal aufregte – etwa über deutsche Autofahrer, das unsoziale deutsche Steuersystem oder die unmöglichen Hamburger Radwege. Plötzlich fühlte ich mich sogar dafür schuldig, dass die Häuser in Deutschland so hässliche Kunststofffenster haben, während in Dänemark die teuren, aber schönen Holzfenster verbaut werden. Es war, als machte Morten mich verantwortlich für alles, was in seinen Augen in Deutschland nicht funktionierte. »Du bist eben diejenige, die gerade am dichtesten dran ist, dafür verantwortlich zu sein«, meinte er dann mit einem Grinsen.
    Â»Wenn man seine Heimat idealisiert, ist das natürlich keine echte Auseinandersetzung mit dem erlebten Verlust und der eigenen Trauer«, sagt Valentina Veneto Scheib. »Ich würde das für die erste Zeit zulassen und dann sehr vorsichtig versuchen, zu differenzieren.« Möglicherweise sei aber der Partner gar nicht der richtige, um das Bild mal gehörig gerade zu rücken. »Das wären immer kritische Anmerkungen von außen, da reagiert man nicht so gut drauf. Wenn ich aber als Italienerin meinen italienischen Klienten sage: ›Ganz so toll war das zu Hause ja nun auch nicht‹, dann kommt das anders an.«
    Klar, als Einheimischer will man dem Partner helfen, den Verlust seiner Heimat wegzustecken – aber genauso klar ist: Letztendlich muss der andere das alleine schaffen. Auch das Freunde-Finden, das Heimisch-Werden kann man ihm nicht abnehmen. Und wenn er dann mal wieder frustriert vor einem sitzt, kann man selbst nicht viel mehr tun, als ihn fest zu drücken.
    Außerdem ist man mit anderen Dingen schon genug beschäftigt: Marike etwa muss bis heute alle öffentlichen Anrufe übernehmen und sogar mit Roberto zum Arzt gehen. Ich hingegen würde, seit ich in Kopenhagen wohne, gar nicht auf die Idee kommen, meine Steuererklärung selbst zu machen. Das kann Morten doch viel besser. Er hat für mich auch ein Bankkonto eröffnet und mir ein Handy besorgt. Er kümmert sich um die Stromabrechnung, meine Krankenversicherung und darum, dass ich in Dänemark richtig angemeldet bin. Dabei habe ich in meinen 29 Lebensjahren bisher eigentlich immer alles selbst geregelt bekommen. Und nun muss ich Morten einerseits dankbar sein, schließlich erledigt er die ganze Arbeit. Gleichzeitig fühle ich mich bevormundet, weil ich nicht mehr so sein kann, wie ich will: unabhängig und eigenständig.
    Ich kenne also beide Rollen: die des In- und die des Ausländers. Ich weiß, wie es sich anfühlt, wenn man sich für den anderen abrackert, damit er sich zu Hause fühlt, und dann kommt nur schlechte Laune zurück. Ich kann aber auch mitfühlen, wo diese schlechte Laune herkommt, wenn man selbst der Fremde ist. Keine der Rollen ist einfach.
    Auch Valentina Veneto Scheib sagt: »Es ist gar nicht zu vermeiden, dass es am Anfang ein Ungleichgewicht in der Beziehung gibt. Ich bin auch durch so einen Prozess gegangen. Wenn man Ausländer ist, hat man vielleicht eine niedliche Sprache mit Fehlern, man weiß vieles nicht, man wird wahrgenommen, als wäre man nicht ganz erwachsen. Dann entspricht das Bild, das andere von einem haben, nicht dem Selbstbild.«
    Marikes Freund Roberto erzählte mir gerade neulich ziemlich geknickt von einem Erlebnis bei der Arbeit. Er ist Wissenschaftler und arbeitet an einem Forschungsinstitut. Und obwohl er längst promoviert ist, meinten einige Kollegen, ihm die Grundlagen des wissenschaftlichen Vorgehens erklären zu müssen. »Wenn die Leute hören, dass ich Spanier bin«, sagt er, »dann finden die das toll: Tapas, Sonne, Urlaub, Lebensfreude. Aber dass ein Spanier auch ehrgeizige Wissenschaft betreibt, passt offenbar nicht ins Bild. Da

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