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Tapas zum Abendbrot

Tapas zum Abendbrot

Titel: Tapas zum Abendbrot Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Basel Nicole Frick Marike
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Visum gebe es auch keine Reservierung im Standesamt. »Da tragen wir hier gar nichts ein«, sagt die Beamtin.
    Annika weiß damals tatsächlich noch nicht, ob Carl rechtzeitig die Einreisegenehmigung bekommen wird. Aber was soll sie denn machen? Carl erhält sein Visum immer erst zwei, drei Wochen vor Abflug. Und sie kann ja nicht warten, bis er die Einreisegenehmigung hat und dann innerhalb weniger Tage eine große Feier planen. Was also soll sie tun? Völlig niedergeschlagen geht Annika nach Hause – und erzählt ihrem Vater von der Misere. Der ist wütend: Warum wird seine eine Tochter so ganz anders behandelt als die andere? Haben nicht beide das Gleiche vor? Eine Hochzeit ist etwas, auf das man sich freuen soll, findet er. Kurzerhand ruft er beim Standesamt an, beschwert sich – und von nun an sind plötzlich alle sehr freundlich zu Annika.
    Ganz nach oben auf die Liste der Leute, mit denen Annika nie wieder zu tun haben möchte, hat es die Frau im Standesamt aber nicht geschafft. Die nimmt unangefochten ein Botschaftsmitarbeiter aus Pretoria ein. »Ich weiß nicht, wie die Diplomaten da geschult werden«, sagt Annika. Es müsse aber einer Kampfhundeausbildung ähneln: anknurren, Zähne fletschen, einschüchtern, laut bellen und vor allem niemals Zweifel daran aufkommen lassen, wer der Stärkere ist.
    Den Botschaftsbeamten trifft Carl, als er ein paar Wochen nach der Hochzeit ein Visum beantragen möchte, um Annika zu besuchen. Die beiden sind jetzt zwar verheiratet, einfach nach Deutschland reisen kann er aber immer noch nicht. Da Carl weiter in Südafrika studieren will, hat er noch keinen Ehegattennachzug beantragt. Er geht also aufs Amt, um ein ganz normales Besuchervisum zu bekommen, doch wenn er heute davon erzählt, klingt es, als sei da ein Verbrecher in die Botschaft spaziert. Zunächst, so erinnert sich Carl heute, habe ihn ein Botschaftsbeamter ins Verhör genommen. Der Mann setzt ihn unter Druck, unterstellt ihm, dass er doch nie und nimmer nur ein paar Wochen in Deutschland verbringen wolle. Dann lässt er Carl stundenlang warten. Während Carl in der Botschaft sitzt, klingelt bei Annika in Deutschland das Handy. Wie die beiden denn ihre Zukunft planen, will der Botschaftsmitarbeiter von ihr wissen. »Das wissen wir noch nicht«, antwortet Annika. »Ich muss ja noch mein Studium beenden und Carl …«
    Â»Ja, da hat Herr Mvusi aber gerade etwas ganz anderes behauptet«, unterbricht sie der Beamte. »Der sagt, dass er nun in Deutschland leben will.«
    Â»Nein«, antwortet Annika, »das kann er nicht gesagt haben.« Ihr Herz pocht wie verrückt. Sie weiß, dass an die sem Gespräch hängt, wann sie Carl wiedersehen wird. Und sie weiß auch, dass ein abgelehntes Visum jeden neuen Antrag noch viel schwieriger macht. So eine Visumsablehnung hat sie schon einmal erlebt, damals, als Carl sich für ein Freiwilligenjahr in Deutschland beworben und die Organisation bei den Dokumenten etwas falsch gemacht hatte. Das steht nun in Carls Pass und bereitet jedes Mal aufs Neue Probleme. Seitdem klingelt auch schon mal bei Annikas Vater das Telefon, wenn Carl die Einreise nach Deutschland beantragt. Die Botschaft aus Pretoria will dann nachforschen, ob das denn alles seine Richtigkeit habe mit diesem Herrn Mvusi.
    Annika versucht daher am Telefon so gelassen und bestimmt wie möglich zu klingen, als sie zum Beamten sagt: »Ich bin mir sicher, dass er das nicht gesagt hat. Er will nicht in Deutschland bleiben. Wir wissen noch gar nicht, wo wir später einmal leben wollen.«
    Â»Herr Mvusi hat ganz klar gesagt, dass er länger in Deutschland bleiben will«, erwidert der Botschaftsbeamte. »Und außerdem: Welcher Arbeitgeber würde ihm denn wochenlang Urlaub geben? Da stimmt doch was nicht.«
    Â»Er hat doch eine Bescheinigung seines Arbeitgebers«, kontert Annika.
    Â»Wie dem auch sei«, antwortet der Botschaftsmitarbeiter. »Herr Mvusi sagt, er wolle in Deutschland bei Ihnen leben.«
    Annika denkt nach. So blöd, dem Botschaftsbeamten zu sagen, dass er in Deutschland bleiben will, ist Carl nicht. »Wir sind verheiratet«, sagt sie schließlich. »Erscheint es Ihnen da nicht plausibel, dass wir auch Zeit miteinander verbringen wollen? Können Sie nicht verstehen, dass es belastend ist, dass wir von Ihnen abhängig sind?« Dann holt sie tief Luft und nimmt all ihren Mut

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