Tapas zum Abendbrot
können. 25 lange Monate. Nicht nur, weil Deutschland ihn anfangs nicht reinlassen wollte, sondern auch, weil Kenia, sein Heimatland, nicht wollte, dass er weggeht. In Kenia können es sich schlieÃlich nur die Reichen leisten, ins Ausland zu reisen, und die, die eine gute Ausbildung haben. Irgendwann, so die Befürchtung der kenianischen Behörden, sind alle Reichen und Studierten weg â und man bleibt auf dem Rest in Ostafrika sitzen.
Auch Jacksons Freunde wollten nicht, dass er geht: »Warum willst du nach Deutschland?«, fragten sie. Das sei doch viel zu gefährlich. Da gebe es Rassismus, das Land sei voller Risiken. Jacksons Freunde fragten ihn auch: »Warum willst du ausgerechnet mit einer WeiÃen zusammen sein?«
»Mir war egal, was die Leute reden«, sagt er heute. »Sie wissen nicht, was zwischen Michaela und mir ist. Die Wahrheit, die kennen nur wir beide.«
Aber es ist nicht so, dass sich andere nicht dafür interessieren würden, was zwischen Michaela und Jackson ist. Als deutsch-kenianisches Paar müssen sie sich permanent erklären, ständig rechtfertigen, ihr Leben offenlegen: Die Behörden in Deutschland mokieren, dass in Jacksons Geburtsurkunde der Name falsch geschrieben ist, die britischen Behörden wollen Fotos sehen, als er sich um einen Studienplatz dort bewirbt; Beweise, dass er und Michaela sich wirklich lieben (die Einreise wird ihm von den Briten allerdings trotz der Bilder verweigert). Und wieder andere wollen Geld von ihnen. Viel Geld.
»Seine Familie, seine Freunde denken: Jetzt ist er mit einer WeiÃen zusammen, jetzt ist er reich«, sagt Michaela. Manchmal sind darunter sogar Leute, die Jackson gar nicht kennt und die plötzlich behaupten, sie seien ein Cousin. Da stehe ihnen ja auch ein Teil des Geldes zu. Seit Jackson Michaela kennt, sagt ihm keiner mehr den richtigen Preis, wenn er etwas kaufen möchte, überall muss er extra bezahlen. Wenn er seine Freunde um einen Gefallen bittet, dann wollen sie Geld dafür.
Jackson weià nicht so recht, wie er damit umgehen soll. »In Afrika ist es nicht einfach, den Leuten direkt zu sagen: Ich kann dir nicht helfen«, sagt er. »Das finden die Menschen unhöflich.« Jacksons Vater wohnt in einem kleinen abgelegenen Dorf. Um ihm zu erklären, dass er nicht mit einer monatlichen Ãberweisung aus Deutschland rechnen kann, hat Jackson eine Woche gebraucht. Immer wieder kreiste er um das Thema, erklärte, dass Michaela und er ja auch nicht viel verdienten und das Leben in Deutschland teuer sei, dass sie selbst sehen müssten, wie sie ihre Miete bezahlten. Jackson druckste immer wieder herum, bis auch sein Vater schlieÃlich verstand: Da wird nichts kommen.
Für Deutsche, das wissen Michaela und er, ist es schwer zu verstehen, dass die beiden trotzdem Geld nach Kenia schicken, sobald sie etwas übrig haben. Viele haben Michaela gewarnt: Der will doch nur deine Kohle.
Wer wie Michaela solche Kommentare immer wieder hört, der muss aufpassen, dass nicht irgendwann der Gedanke aufkommt: Wenn das alle sagen, dann muss da doch etwas dran sein. Vielleicht ist er wirklich ein Faulpelz und will sich nur durchfüttern lassen, wie womöglich einige Verwandte behaupten? Vielleicht ist es wirklich dumm, das in Deutschland hart erarbeitete Geld nach Afrika zu schicken, wie die Arbeitskollegin findet? Vielleicht ist er nur nach Deutschland gekommen, um ein paar Jahre lang Geld zu verdienen, um dann zurückzugehen und eine andere zu heiraten, wie mancher Bekannte vermutet? Und ist er wirklich so treu, wie er sagt? Wenn man so etwas immer wieder hört, dann ist es ganz schön schwierig, seinen Partner einigermaÃen neutral zu sehen. Entweder glaubt man irgendwann die Einschätzung der anderen â oder aber man stellt sich so stark hinter den Freund oder die Freundin, dass man Fehler gar nicht mehr sieht. Dann wird es schwierig festzustellen: Wo wird der Partner diskriminiert â und wo haben Freunde und Verwandte vielleicht einen unverstellteren Blick auf die Partnerschaft, wann haben sie recht damit, dass etwas im Ungleichgewicht ist?
»Ich kann die Skepsis der Leute durchaus verstehen«, sagt Michaela. »Ich habe mich anfangs auch immer wieder gefragt, ob er vielleicht doch nicht an mir interessiert ist, sondern nur an meinem Geld. Sehr oft sogar.«
Es ist ein wunderschöner Sonntag im Oktober 2004, als Jackson und Michaela sich zum
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