Taquanta: Zwischen Traum und Wirklichkeit (German Edition)
demjenigen gehörte, der mich immer wieder rettete. Demjenigen, der einer der Gründe dafür war, dass ich bisher nicht ein einziges Mal versucht hatte, wieder nach Hause zu kommen.
Und wie von selbst, schob ich den Ärmel meines Nachthemdes hoch und sah auf meinen linken Arm. Nichts! Seltsam, ich hätte schwören können, es wäre dieser Arm gewesen. Scheinbar war ich letzte Nacht so benebelt gewesen, dass ich nicht einmal alles genau mitbekommen hatte. War wahrscheinlich sogar besser so. Tief durchatmend schob ich den anderen Ärmel nach oben, vorsichtig und darauf bedacht, meine Haut nicht zu berühren. Ich kniff die Augen zu. Giardios Gesicht sauste wieder durch meinen Kopf. Er lächelte mich an, und ich war mir sicher, ich könne in seinen Augen lesen, dass er mir Kraft geben würde. Ich glaubte ihm. Mit ganzem Herzen. Die Luft anhaltend, strich ich mit den Fingern über meinen Arm. Ich fühlte nichts. Überrascht schlug ich die Augen auf. Nichts. Das konnte nicht sein. Ich hatte mir das doch nicht eingebildet! Noch einmal überprüfte ich beide Arme, sogar meine Beine, doch nirgendwo fand ich irgendeine Art von Anzeichen, das bestätigte, was ich gestern Nacht erlebt hatte. Ich liess mich zurück in die Kissen sinken, völlig fassungslos. War ich verrückt geworden? Hatte ich tatsächlich nur geträumt?
Es schien mir, als läge ich eine Ewigkeit so da, bis es sanft an die Tür klopfte und Millicent schüchtern mit einem Tablett eintrat.
»Mylady, Sie sind ja schon wach! Haben Sie gut geruht?«
»Ja, danke«, presste ich hervor. Sie musterte mich kurz, nickte abwesend und stellte das Tablett auf den Tisch.
»Ihr Frühstück, Mylady. Ich hoffe, es ist alles nach Ihren Wünschen. Essen Sie während ich Ihre Kleider vorbereite.«
Mechanisch stand ich auf, setzte mich an denTisch und schob Bissen in den Mund, die ich gar nicht schmeckte. Nichts schien mehr relevant ausser das, was letzte Nacht geschehen, oder eben nicht geschehen war. Meine Gedanken kreisten nur noch um die Frage, wie es möglich war, nichts mehr von der Wunde zu sehen. Ich bekam nicht wirklich mit, wie Millicent mir half, ein Kleid anzuziehen. Es interessierte mich auch gar nicht, wie es aussah. Ich fühlte nur, dass etwas nicht stimmte, und es war definitiv nicht das Kleid.
»Millicent, darf ich dich etwas fragen?«
»Aber gerne, Mylady.«
»Wenn dir etwas nicht aus dem Kopf geht, was tust du dann?«
Sie schien überrascht, neigte den Kopf leicht nach rechts und dachte ernsthaft nach.
»Nun, ich versuche an andere Dinge zu denken, oder ich gehe nach der Arbeit reiten, Mylady.«
Ich nickte und dachte über ihren Vorschlag nach. Reiten, das klang tatsächlich nicht schlecht. Es hatte mir auch schon früher geholfen. Als Mama starb, ging ich sehr oft reiten. Als Andenken an sie ritt ich oft stundenlang mitihrem Lieblingspferd Fee über Felder und Wiesen. Ich liebte es, den Wind in den Haaren zu spüren. Mich selbst und die Bewegungen des Pferdes wahrzunehmen.
»Mylady? Mylady?«, riss mich die Magd aus den Gedanken. »Ich störe Sie ja nur ungern, aber Sir Giardio erwartet Sie auf dem Hof. Er liess mir ausrichten, Sie sollen sich beeilen.«
»Oh, kein Problem. Ich gehe schon.« Ich eilte sofort zur Tür, denn der Gedanke, den Tag mit »Sir Giardio« zu verbringen, vertrieb ein kleines bisschen die Dunkelheit, die sich über mich gelegt hatte seit jenem unheimlichen, anscheinend nicht existierenden Besuch.
»Kannst du etwa Gedanken lesen?«, rief ich entgeistert aus. Vor mir standen die Pferde von gestern. Giardio lachte: »Nein, zumindest nicht, so viel ich weiss, aber Pferde und Kutschen sind nun mal die schnellste Art der Fortbewegung. Oder ist es bei dir zu Hause anders?«
»Nein, nein. Wir reiten ebenfalls. Aber in meiner Welt sind wir mehr auf Kutschen ausgerichtet. Du weißt schon, Pferdestärken und so.« Ich musste über meinen kleinen Scherz lachen. Mir war vollkommen bewusst, dass ich log, aber ich hatte jetzt einfach keine Lust, ihm zu erklären, was ein Auto war.
»Also, wohin geht es heute?«
»Es ist eine Überraschung. Aber ich glaube, es wird dir gefallen.«
»Bitte, sag es mir! Ich hasse es, wenn ich etwas nicht weiss.«
»Noch nicht. Du wirst schon sehen. Geduld, Geduld.«
»Ach komm schon, bitte, bitte, bitte, bitte!«
»Ich sage es dir unterwegs, in Ordnung?«
Schmollend nickte ich.
Er schmunzelte: »Du wirst es noch rechtzeitig erfahren. Ich verspreche es dir. Bist du bereit?«
Ich bejahte, und er half
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