Taquanta: Zwischen Traum und Wirklichkeit (German Edition)
entgegen. Heftig keuchend lehnte ich michgegen die Wand. Ich hasste Dunkelheit, sie löste in mir immer ein klaustrophobisches Gefühl aus. Noch einmal holte ich tief Luft und schlüpfte dann durch die Tür zurück in die Bibliothek.
Ich sass in meinem Zimmer und blätterte gedankenverloren im rätselhaften Buch, das ich aus Versehen – ganz ehrlich – mitgenommen hatte. Ursprünglich wollte ich darin lesen, um mich vom Grübeln abzulenken, was Giardio wohl gerade tat.
Vor einer Weile war Millicent in das Zimmer gekommen und hatte mir mitgeteilt, dass schon einige unserer Krieger hinter den Mond gegangen waren. Sie versicherte mir jedoch, dass es weder Quintus noch Giardio noch jemand anderer war, den ich kannte. Doch die Erleichterung dauerte nur kurz, diese Männer hatten eine Familie gehabt, Freunde und Hoffnungen auf eine Zukunft. Und nun waren sie tot.
Mit einem Seufzer erhob ich mich und blickte aus dem Fenster. Auf dem Hof sattelte gerade ein Stallknecht ein Pferd. Das war es. Ich sollte reiten, Reiten half mir immer. Ich steckte das Buch in meine Tasche, verstaute sie unter dem Bett und verliess das Zimmer.
Im Gang roch es verlockend fruchtig. Ich sog die Luft tief ein. Sarai kam mir entgegen, und je mehr sie sich näherte, desto besser roch es. Sie lächelte mich an.
»Guten Tag, Mylady.«
Meine Augen fixierten automatisch den Punkt an ihrem Hals, unter dem flüssiges, warmes Blut durch die Pulsader gepumpt wurde. Meine Oberlippe schob sich wie vonselbst zurück, und ich bleckte die Zähne. Sarais Augen weiteten sich, und sie sah mich mit einem misstrauischen Ausdruck an. Sofort richtete ich mich auf – ich hatte gar nicht gemerkt, dass ich mich wie für einen Sprung geduckt hatte – und blickte stur geradeaus. Meine Lippen schlossen sich, und ich hastete den Flur hinab. Was war bloss mit mir los? Verwirrt schüttelte ich den Kopf.
Mit einem unangenehmen Brennen in der Kehle erreichte ich die Ställe, wo ich einem Knecht den Auftrag gab, mir ein Pferd zu satteln, während ich in der Küche etwas zu essen holte.
Nachdem ich einige Kekse und Wasser eingepackt hatte, stieg ich auf und ritt den Hang hinunter, durch die Stadt und auf der anderen Seite den Hügel wieder hinauf. Das Brennen wurde immer schmerzhafter. Mit einem Seufzer stieg ich von meinem Reittier, band es an einen Baum und setzte mich ins Gras. Es roch herrlich und war noch ein wenig feucht. Ich fuhr mit den Fingern durch das Gras, während ich an einem Keks knabberte. Irgendwie schmeckte er nicht. Ich nahm einen grossen Bissen und spuckte ihn sofort wieder aus.
»Igitt.« Den Rest warf ich weg und versuchte einen anderen, doch der war genauso eklig. Er hatte einen Nachgeschmack von Erde, und ich trank einen Schluck Wasser, um das Brennen zu stoppen und meinen Gaumen von dieser Geschmacksqual zu erlösen.
Das kühle, frische Wasser berührte meine Lippen, floss in meinen Mund und instinktiv spuckte ich es wieder aus. Es war noch schlimmer als die Kekse! Du meine Güte, was war bloss heute mit den Nahrungsmitteln los? Oder, besser gesagt, was war mit meinen Geschmacksnerven passiert?
Frustriert stand ich auf und ging zu meinem Pferd. Ich hatte gehofft, eine kleine Auszeit vom Palast würde mir guttun, doch es hatte mich nur noch mehr deprimiert. Wenn ich nicht einmal mehr Wasser vertrug, musste ich wirklich schrecklich krank sein. Niedergeschlagen näherte ich mich meinem Pferd. Geistesabwesend tätschelte ich ihm den Hals. Meine Finger fuhren über das weiche Fell des Tieres. Ich konnte das Pulsieren der Adern darunter fühlen. Unbewusst leckte ich mir über die trockenen Lippen. Meine Finger kreisten eine Stelle ein. Die Stelle, unter der der Druck des Blutes am stärksten schien. Ich grub meine Nägel in das Fell des Pferdes. Es wurde unruhig, wieherte, lief hin und her, aber ich konnte nicht loslassen. Meine Zähne bleckten sich wie von alleine, ich kauerte mich nieder und setzte zum Sprung an. Meine Nägel krallten sich ins Fell des riesigen Tieres. Ich schlug meine Zähne in den Hals. Klebriges, warmes Blut schoss heraus. Und dann verlor ich mich vollkommen an meine Instinkte.
6.
Sie hörten sie kommen, natürlich taten sie das. Bald würden sie auftauchen. Seine Armee stand in lockerer Formation da, obwohl die meisten mittlerweile erwartungsvoll kauerten. Er gehörte nicht dazu. Steif stand er da. Würde
er
wohl auftauchen?
Er fuhr sich nervös durchs Haar, eine Geste, die er schon von klein auf hatte. Wieso liess er sich
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