Taquanta: Zwischen Traum und Wirklichkeit (German Edition)
Mein Grinsen wurde breiter, und ihre Miene verhärtete sich darauf noch mehr.
»Ach, Isabelle, sie werden sicherlich gesund wiederkehren. Sei nicht so pessimistisch.«
»Gesund? Eher gar nicht.«
Ich seufzte; sie wusste wirklich, wie man einem die Stimmung verdarb. Schnell wechselte ich das Thema.
»Du, ich muss dich was fragen. Vorhin sind zwei merkwürdige Wesen zu mir gekommen. Das eine war komplett in Schwarz gekleidet und das andere trug ganz farbige Kleider. Sie haben mir irgendetwas Rätselhaftes gesagt. Weisst du, wer die zwei sind?«
Sie schien angestrengt nachzudenken: »Sind sie gleich nacheinander zu dir gekommen? Eine davon extrem fröhlich und die andere bedrückt?«
Ich nickte.
»Das waren Destiny und Fate. Die Orakelzwillinge. Destiny, die farbige, sieht nur die schlechten Dinge, und Fate, die dunkle, sieht nur die guten Dinge im Leben eines Menschen. Was haben sie dir denn prophezeit?«
Orakelzwillinge. Cool. Ich überlegte fieberhaft. Es war gar nicht so einfach, denn ihr Auftreten war viel spannender gewesen als ihre Sprüche. Die eine sagte etwas von Blut und etwas von verlieren. Du wirst das Blut deiner Selbst verlieren? Nein, das war es nicht. Ähm, das Blut wird dich verlieren? Nein, das klang auch nicht richtig. Du wirst … ähm …
»Destiny sagte so etwas wie: Du wirst dich selbst bis aufs Blut verlieren, und Fate verkündete etwas in die Richtung von …« Angestrengt kniff ich die Augen zusammen. Etwas mit einem Herz und einem Rätsel. Das Rätsel wird dein Herz sein? Nein, das machte keinen Sinn. Ähm, du wirst das Herz des Rätsels sein? Das machte zwar auch keinen Sinn, klang aber trotzdem richtig. Mehr oder weniger.
»… Du wirst das Herz des Rätsels sein oder so ähnlich. Was soll das bitte bedeuten?«
Isabelle zuckte die Achseln: »Das ist ja das Problem. Die sprechen nur in Orakeln, in Sprüchen, die keinen Sinn ergeben, bis es geschieht, und dann blickt man zurück und denkt sich, aha, das haben sie gemeint.«
»Na toll«, stöhnte ich. Da fiel mir etwas ein.
»Destiny ist doch die Farbige, aber wie kommt es, dass sie das Schlechte sieht? Sollte sie nicht eher deprimiert sein und schwarz tragen wie Fate? Und würde es nicht mehr Sinn machen, wenn Fate nur Farbiges trägt, weil sie nur das Gute wahrnimmt?«
Erneut zuckte Isabelle mit den Achseln: »Wahrscheinlich, doch Destiny sagt, sie versuche Farbe in ihr Leben zu bringen und jeden Moment auszukosten, weil sie nur die schlimmen Dinge sieht. Daher versucht sie selbst glücklicher zu sein. Fate hingegen hat es anscheinend satt, nur Gutes zu sehen, und ist deswegen immer so mürrisch. Sie will nicht das glückliche, hüpfende Wesen sein, das ihre Schwester darstellt. Sie sind wie Gut und Böse, Hell und Dunkel. Sie ergänzen sich.«
Gut und Böse, Hell und Dunkel, Weiss und Schwarz. Wie Yin und Yang. Nachdenklich sah ich durch den Topas hinaus. Wir waren die ganze Zeit durch Flure gelaufen, obwohl ich keine Ahnung hatte, was unser Ziel war.
Die Sonne war aufgegangen und tauchte die Stadt in ein goldenes Licht. Noch vor wenigen Minuten hatte ich die Truppen über die Hügel ziehen sehen, doch nun gab es kein Anzeichen mehr, dass sie je hier gewesen waren. Die Stadt sah irgendwie verlassen aus. Uns war zwar versichert worden, Norjomi sei nicht in Gefahr, trotzdem hatten sich die Frauen und Kinder und die wenigen übriggebliebenen Männer in den Häusern regelrecht verbarrikadiert.
»Hunger?«, fragte mich Isabelle. Wir traten in ein Schlafzimmer ein, ähnlich dem, das ich bewohnte. DerTisch am Fenster war für vier gedeckt, darauf verschiedene Art von Brote, Getreide und andere leckere Sachen. Agnesia und Davinia sassen schon dort. Letztere sprang auf und legte ihre Arme um meine Mitte, liess aber augenblicklich wieder los.
»Du bist ja kalt«, bemerkte sie überrascht. Schien ich so abweisend? Ich streckte die Arme nach ihr aus, doch sie wich zurück. Genervt setzte ich mich. Na schön, dann wollte sie eben nicht von mir umarmt werden. Kinder.
»Guten Morgen, meine Liebe.« Agnesia lächelte mich warm an und legte ihre Hand auf meine. Auch sie zuckte schnell zurück.
»Mein Schatz, du bist ja eiskalt. Geht es dir nicht gut?« Ich lächelte kleinlaut. Oh, ups, so war das gemeint.
»Mir geht es gut« beteuerte ich, fasste mir aber dennoch unauffällig an die Stirn. Normaltemperatur, also ehrlich, was haben denn alle?
Ich liess das Thema fallen und fragte stattdessen Isabelle über Maykus Seeranton aus. Ihre
Weitere Kostenlose Bücher