Taran Bd 1 - Das Buch der Drei
er. »Du musst wissen, dass es in aller Welt vornehme Herren gibt, die von der Machtgier getrieben werden, als hetze man sie mit Hunden. Einigen von ihnen verspricht Arawn Reichtümer und Besitz. Er spielt mit ihrer Habsucht wie ein Barde auf seiner Harfe und macht sie sich untertan. Fortan dienen sie ihm selbst außerhalb von Annuvin, weil sie ihm hörig sind.«
»Auch der Gehörnte König?«
Gwydion nickte. »Auch er hat Arawn die Treue geschworen. Wieder einmal wird Prydain von den finsteren Mächten Annuvins bedroht.«
Taran war sprachlos und staunte.
Gwydion wandte ihm das Gesicht zu. »Wenn die Zeit reif ist, werden der Gehörnte König und ich im Kampf aufeinander treffen, und einer von uns wird sterben. Darauf habe ich einen Eid geschworen. Doch die Ziele des Gehörnten sind dunkel und unbekannt, deshalb muss ich Hen Wen befragen.«
»Sie kann nicht weit sein!«, rief Taran. »Ich glaube, dass ich die Stelle wiederfinde, wo sie verschwunden ist. Kommt mit! Es war nahe dem Dickicht, aus dem der Gehörnte König hervorbrach …«
Gwydion lächelte streng und fragte ihn: »Hast du Eulenaugen? Wie willst du den Weg finden, wenn es dunkel wird? Lass uns hier schlafen, beim ersten Morgenlicht will ich mich dann auf die Suche machen.«
»Und ich?«, unterbrach ihn Taran. »Hen Wen ist mir anvertraut. Ich habe sie ausreißen lassen, ich muss sie auch wieder einfangen!«
»Die Aufgabe ist wichtig – und nicht, wer sie ausführt«, erwiderte Gwydion. »Oder meinst du, ich ließe mich von einem Hilfsschweinehirten behindern, der offenbar den Hang hat, sich ständig in Schwierigkeiten zu bringen?« Er hielt inne und musterte Taran mit schiefem Blick. »Und trotzdem! Wenn ich es recht bedenke, so scheint es mir, dass mir nichts anderes übrig bleibt, als dich mitzunehmen. Wenn der Gehörnte König nach Caer Dallben reitet, kann ich dich nicht allein zurücklassen. Aber ich kann es mir auch nicht leisten, mit dir zu gehen und einen ganzen Tag zu verlieren. Du darfst nicht allein in den Wäldern bleiben. Aber vielleicht gibt es einen Ausweg …«
»Ich schwöre, dass ich Euch nicht behindern will!«, rief Taran. »Lasst mich mit Euch gehen! Coll und Dallben sollten sehen, dass ich das schaffe, was ich mir vornehme.«
»Habe ich eine andere Wahl?«, meinte Gwydion. »Es scheint mir, wir müssen dem gleichen Pfad folgen, Taran von Caer Dallben – für eine Weile wenigstens.«
Das weiße Ross kam herbeigetrottet und beschnupperte Gwydions Hand. »Melyngar erinnert mich daran, dass es Zeit zum Essen ist«, sagte der Fürst. Er holte etwas von seinen Vorräten aus den Satteltaschen. »Wir wollen heut Nacht kein Feuer anmachen«, schlug er vor. »Möglich, dass die Späher des Gehörnten Königs in der Nähe sind.« Hastig verschlang Taran sein karges Mahl. Die Wunde war angeschwollen, er konnte sich nur unter Schmerzen auf den Wurzeln und Steinen niederlassen. Bisher war es ihm nie in den Sinn gekommen, ein Held könnte mitunter auch gezwungen sein, auf der nackten Erde zu schlafen.
Gwydion saß mit angezogenen Knien da, den Rücken gegen den Stamm einer mächtigen Ulme gelehnt, und wachte. In der hereinbrechenden Dunkelheit konnte Taran den Mann kaum vom Baum unterscheiden. Es war, als sei Gwydion ganz und gar im Wald versunken. Nur seine grünen Augen schimmerten im Glanz des aufgehenden Mondes.
Lange Zeit saß er still und gedankenverloren da. »Du bist also Taran von Caer Dallben«, sagte er schließlich; seine Stimme klang ruhig und fest aus dem Dunkel herüber. »Wie lange bist du schon bei Dallben, wer sind deine Verwandten?«
Taran zog den Mantel dichter um die Schultern. »Ich habe von klein auf in Caer Dallben gelebt«, sagte er. »Ich glaube nicht, dass ich irgendwelche Verwandten habe. Wer meine Eltern gewesen sind, weiß ich auch nicht, Dallben hat es mir nie gesagt.« Er kehrte sein Gesicht von Gwydion ab und fügte hinzu: »Manchmal scheint es mir fast, dass ich nicht einmal weiß, wer ich selber bin.«
»Das muss, in gewisser Hinsicht, jeder für sich allein herausfinden«, antwortete Gwydion. »Ein Glück, dass ich dich getroffen habe. Du hast mir den Umweg nach Caer Dallben erspart. Vielleicht ist es mir vom Schicksal bestimmt, dass mir ein Hilfsschweinehirt bei der Erfüllung meiner Aufgabe helfen soll – oder verhält es sich etwa umgekehrt?«
»Wie meint Ihr das?«, fragte Taran.
»Ich bin mir nicht sicher«, erwiderte Gwydion. »Außerdem tut es nichts zur Sache. Schlaf jetzt, morgen
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