Taran Bd 2 - Der schwarze Kessel
sie ihm den Sattel unter den Kopf. Eilonwy holte die lederne Wasserflasche herbei. Der Wind heulte in den Bäumen, doch hier, auf dem Grund der Mulde, waren sie vor ihm sicher. Das Gewölk am Himmel riss auf, die Sonne schien auf sie nieder. Adaon öffnete seine grauen Augen und blickte umher. Dann nickte er und sagte: »Ein guter Platz, um zu ruhen.«
»Die Wunde ist halb so schlimm«, meinte Taran hastig. »Sobald sie verbunden ist, flechten wir eine Bahre aus Reisig und bringen dich auf dem kürzesten Weg nach Caer Cadarn. Hast du große Schmerzen?«
»Im Augenblick nicht«, sagte Adaon. »Ich fühle mich leicht und wohl, es ist schön hier – und warm wie an einem Frühlingstag.«
Adaons Worte erfüllten Taran mit Schrecken. Es war ihm, als ob sich die Sonne plötzlich verdüstert hätte. »Adaon!«, rief er betroffen. »Dein Traum – wird er hier zur Wirklichkeit?«
»Es scheint so«, gab Adaon ruhig zur Antwort.
»Du wusstest es damals schon!«, rief der Junge. »Du wusstest um dieses Unheil, das dich bedrohte. Dass du nicht eher davon gesprochen hast! Glaubst du, ich hätte mich je für den Zug in die Marschen von Morva entschieden? O Adaon, wären wir doch beizeiten umgekehrt!«
Adaon lächelte schwach. »Du hast recht, mein Junge, ich wusste, was mir bevorsteht. Und eben deshalb musste ich die Entscheidung dir überlassen. Du weißt, dass ich mich nach meiner Verlobten sehne, dass meine Gedanken bei Arian Llyn sind – auch hier und in dieser Stunde. Doch hätte ich mich zur Umkehr entschlossen, so hätte ich zeit meines Lebens ein schlechtes Gewissen gehabt. Nun aber, da sich mein Schicksal erfüllt hat, sterbe ich furchtlos und ohne Bitterkeit.«
»Du hast mir das Leben gerettet!«, rief Taran. »Nun lass mich alles tun, um das deine zu retten. Noch haben wir Hoffnung!«
Adaon schüttelte nur den Kopf. Er löste die eiserne Spange von seinem Hals. »Nimm sie«, bat er den Jungen, »und hüte sie gut! Wirkt sie auch klein und unscheinbar – sie ist wertvoller, als du ahnst.«
»Ich muss sie zurückweisen«, antwortete Taran mit einem Lächeln, das schlecht seine Angst verbarg. »Was soll mir dein Erbstück, da du doch leben wirst, Sohn des Taliesin!«
»Nimm sie trotzdem!«, erwiderte Adaon. »Das ist kein Befehl von mir, das ist eine Bitte von Freund zu Freund.« Damit drückte er Taran die Spange Arian Llyns in die Hand. Eilonwy brachte die Wasserflasche herbei. Taran nahm sie ihr ab, um Adaons Lippen zu netzen, doch Adaon brauchte das Wasser nicht mehr. Er lag mit geschlossenen Augen da, die Züge entspannt, die geöffnete Rechte ausgestreckt auf dem Rasen, der Sonne zugewandt. Trauer im Herzen, hoben die Freunde ein Grab für ihn aus und belegten die Sohle mit flachen Steinen. Dann wickelten sie den Toten in seinen Mantel und senkten ihn in die Erde. Während Lluagor klagende Laute ausstieß und mit den Hufen scharrte, bedeckten sie Adaons Leichnam mit Rasenstücken. Schließlich errichteten sie einen Hügel aus Steinen über dem Grab. Unter den Büschen fand Eilonwy eine Hand voll Blumen, vom Frost noch unversehrt; die pflückte sie und verstreute sie über Adaons letzte Ruhestätte. Sie fielen zwischen die Steine, und es sah aus, als wären sie dem Gestein entsprossen. Taran verweilte mit Gurgi und Eilonwy bis zum Anbruch der Nacht in der Nähe des Grabes, ohne dass sie von Doli oder dem Barden ein Lebenszeichen erhielten. »Wir wollen bis morgen früh auf sie warten«, entschied der Junge, »dann müssen wir weiter. Hoffentlich leben sie überhaupt noch, die beiden!«
Ohne eine Wache aufzustellen, legten sie sich zum Schlaf nieder. Taran träumte von Adaons ruhigem Antlitz, er sah Eilonwy Blumen streuen. Dann erblickte er Ellidyr, sah, wie ein schwarzes Ungeheuer ihn packte und ihm die Klauen ins Fleisch schlug. Ellidyr schrie in Qualen auf.
Dann war es Taran, als liefe er über eine Wiese. Das Gras war sehr hoch, es reichte ihm bis an die Schulter. Verzweifelt suchte er einen Weg und fand keinen. Über ihm schwebte auf starken Schwingen ein grauer Vogel. Er folgte ihm, und ein Pfad tat sich vor ihm auf.
Dann erblickte er einen schmalen Fluss. Auf einer Felsenklippe inmitten der Fluten lag Fflewddurs Harfe. Sie spielte von selbst, wenn der Wind in die Saiten griff.
Gleich darauf eilte Taran durch einen weglosen Sumpf. Ein Bär und zwei Wölfe setzten ihm nach und drohten ihn zu zerreißen. Von Entsetzen gepackt, hielt er auf einen dunklen Tümpel zu – die Bestien stürzten sich
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