Taran Bd 3 - Die Prinzessin Von Llyr
Hunger hat. Das ist ihr sicher noch nie passiert, dass sie gleich vier fertig angerichtete Mahlzeiten in ihrem Schlupfwinkel hat.« Er seufzte und schüttelte den Kopf. »Zu Hause habe ich auch immer kleine Leckerbissen für Vögel und anderes Getier ausgelegt. Aber ich hätte nie im Traum daran gedacht, dass ich mich eines Tages selbst als Leckerbissen auslegen würde.«
Endlich ließ sich Llyan vor der Tür nieder. Sie befeuchtete eine Pfote mit der Zunge und begann sich über die Ohren zu streichen. Ganz vertieft in dieses Geschäft, schien sie vergessen zu haben, dass die Gefährten überhaupt noch da waren. Trotz aller Furcht musste Taran das Tier doch bewundern. Selbst die kleinste Bewegung Llyans war voller Kraft und Geschmeidigkeit. Unter dem goldgelben Fell, das in der Sonne leuchtete, konnte er die mächtigen Muskeln ahnen. Llyan war sicher so schnell wie Melynlas. Aber Llyan konnte auch den Tod bedeuten, selbst wenn sie im Augenblick keine bösen Absichten gegen die Gefährten zu haben schien. Verzweifelt sann Taran auf einen Weg in die Freiheit oder wenigstens nach Mitteln, wie sie wieder in den Besitz ihrer Waffen kommen konnten.
»Fflewddur, mach ein kleines Geräusch«, flüsterte er, »nicht zu stark, aber genug, dass Llyan hinsieht.«
»Wieso das?«, fragte der Barde erschreckt. »Mich ansehen? Das wird sie noch früh genug tun. Ich bin froh, dass sie das bisher noch nicht getan hat.« Trotzdem kratzte er mit seinen Stiefeln auf den Boden. Llyan spitzte sofort die Ohren und wandte den Blick dem Barden zu.
Taran ducke sich und kroch geräuschlos auf Llyan zu, streckte vorsichtig die Hand aus und tastete unmerklich nach dem Schwert, das ganz nah bei Llyans Tatzen lag. Schnell wie der Blitz traf ihn der Hieb der Katze, sodass er zurücktaumelte. Hätte sie ihre Krallen hervorgekehrt, dann hätte Llyan auch noch seinen Kopf gehabt.
»Keine Aussicht, mein Freund«, sagte Fflewddur. »Sie ist schneller als wir alle.«
»Wir können uns nicht länger aufhalten lassen!«, rief Taran. »Die Zeit ist kostbar.«
»Allerdings, das ist sie«, erwiderte der Barde, »und sie wird immer kostbarer, je weniger wir davon haben. Ich beginne allmählich, Prinzessin Eilonwy zu beneiden. Magg ist gewiss eine hinterhältige, schurkische Spinne und alles Mögliche sonst. Aber wenn es auf Biegen und Brechen geht, dann würde ich weit lieber gegen ihn antreten als gegen Llyan. Nein, nein«, seufzte er, »ich dehne mein letztes Stündlein ganz gern so lange hin wie möglich.«
Während sich Llyan in aller Ruhe den Schnurrbart mit der Pfote strich, sann Taran verzweifelt auf einen Ausweg. »Prinz Rhun«, flüsterte er auf einmal. »Prinz Rhun, steh leise auf und sieh zu, ob du an die Mauerlücke herankommst. Wenn ja, dann schleich dich davon und lauf um dein Leben!«
Der Prinz von Mona nickte. Doch kaum hatte er sich erhoben, da ließ Llyan ein warnendes Knurren vernehmen. Prinz Rhun zuckte zusammen und setzte sich schnell wieder hin. Llyan starrte die Gefährten an.
»Großer Belin!«, flüsterte Fflewddur. »Lasst sie doch ruhig sitzen. Das alles weckt nur ihren Appetit. Wir kommen sowieso nicht mehr heraus.«
»Aber wir müssen heraus«, drängte Taran. »Wie wäre es denn, wenn wir alle auf einmal über sie herfielen? Einer von uns müsste auf jeden Fall durchkommen.«
Fflewddur schüttelte den Kopf. »Wenn sie mit den anderen fertig ist«, antwortete er, »dann hat sie keine Mühe, auch noch den Letzten zu fangen. Lass mich nachdenken, lass mich nachdenken.« Er grübelte nach, griff dabei wie in Gedanken hinter sich und nahm die Harfe von der Schulter. Llyan, immer noch knurrend, beobachtete ihn scharf, machte aber keine weitere Bewegung.
»Das beruhigt mich immer«, erklärte Fflewddur und drückte das geliebte Instrument an sich und ließ seine Hände über die Saiten gleiten. »Ich weiß zwar nicht, ob mir dabei gute Gedanken kommen, aber wenn ich spiele, dann kommt mir alles nicht mehr so traurig vor.«
Als er der Harfe eine sanfte Melodie entlockte, stieß Llyan einen merkwürdigen Laut aus. »Großer Belin!«, rief Fflewddur und hörte sogleich wieder auf. »An sie habe ich schon gar nicht mehr gedacht. Mich beruhigt es zwar, aber wer kann wissen, was eine Wildkatze dabei empfindet.«
Da jaulte Llyan eigenartig fordernd. Als sie aber sah, dass Fflewddur seine Harfe wieder über die Schulter hängte, änderte sie ihren Ton und wurde schärfer. Sie knurrte nun bedrohlich.
»Fflewddur!«, wisperte Taran.
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