Taran Bd 5 - Der Fürst Des Todes
aus. Er bückte sich und hob etwas vom Boden auf. Im Licht der Fackeln erkannte Taran, dass der ehemalige Riese einen funkelnden Edelstein, so groß wie eine Faust, in der Hand hielt. Auch Fflewddur hatte es bemerkt, und er befahl streng: »Wirf das fort, Kleiner. Dies ist das Gebiet der Unterirdischen und nicht die fledermausverseuchte Höhle von dir.«
Glew presste seinen Fund an die Brust. »Er gehört mir!«, quäkte er. »Niemand von euch hat ihn gesehen. Sonst hättet ihr ihn selbst behalten.«
Doli warf einen Blick auf den Stein. Verächtlich sagte er: »Wertlos. Keiner der Handwerker aus dem Feenvolk würde seine Zeit damit vergeuden. Wir benützen bessere Steine, um unsere Straßen auszubessern. Wenn dein pilzgesichtiger Freund sich damit abschleppen will, soll er ruhig.«
Ohne es sich zweimal sagen zu lassen, stopfte Glew den Stein in einen Lederbeutel, den er am Gürtel trug. Sein breites, fleischiges Gesicht nahm einen Ausdruck an, den Taran bisher nur gesehen hatte, wenn der ehemalige Riese beim Essen war.
Die Gefährten kamen gleichmäßig voran. Glews Knopfaugen waren überall, und er drängte weiter mit einer für ihn ungewöhnlichen Energie. Und der ehemalige Riese wurde nicht enttäuscht, denn bald fiel das Licht der Fackeln auf weitere Edelsteine, die halb verborgen im Boden steckten oder aus den Wänden hervorstanden. Glew stürzte sich sogleich auf sie, buddelte sie mit seinen feisten Fingern aus und streckte die glitzernden Kleinodien in den Beutel. Je mehr er fand, desto erregter wurde er, kicherte und brummte glücklich mit sich selbst. Der Barde sah ihn mitleidig an.
»Nun«, seufzte er, »das kleine Wiesel hat endlich etwas gefunden, was es an sich reißen kann. Was soll ihm das schon auf der Erde nützen? Eine Handvoll Steine! Das Einzige, was ich mir vorstellen könnte, ist, dass man mit ihnen nach den Kesselkriegern werfen kann.«
Aber Glew war derart beschäftigt, die Edelsteine so flink wie möglich aufzulesen, dass er Fflewddur nicht beachtete. Bald war sein Ledersack mit hellroten, grünen, glasklaren und silbergefleckten Steinen gefüllt.
Tarans Gedanken standen nicht nach den Reichtümern des Bergwerks, obgleich die Juwelen mehr und mehr zu werden schienen, je weiter der Zug der Krieger in den Stollen eindrang. Soweit er es beurteilen konnte, war es nicht später als Mittag, und die Gefährten hatten bereits eine beträchtliche Entfernung zurückgelegt. Und als der Tunnel sich verbreiterte und der Weg gerader verlief, schritten sie sogar noch schneller aus.
»Kinderleicht«, erklärte Doli. »Noch eineinhalb Tage im höchsten Fall, und wir kommen im Brachland heraus.«
»Es ist unsere einzige Hoffnung«, sagte Taran, »und dank deiner Hilfe auch die beste, die wir überhaupt haben können. Aber das Rote Brachland macht mir Kummer. Wenn das Land kahl ist, dann finden wir wenig Schutz und wenig Möglichkeiten, die Kesselkrieger aufzuhalten.«
»Hach!«, brüstete sich Doli. »Wie ich dir bereits gesagt habe, hast du es ab jetzt mit den Kleinen Leuten zu tun, mein Junge. Und wenn wir uns einer Sache annehmen, dann tun wir es weder kleinlich noch erbärmlich.«
»Da wir gerade von kleinlich und erbärmlich sprechen«, unterbrach Fflewddur. »Wo ist eigentlich Glew?«
Taran blieb stehen und blickte sich schnell um. Zunächst sah er überhaupt nichts von dem ehemaligen Riesen. Er hielt die Fackel empor und rief seinen Namen. Dann erspähte er ihn und lief erschreckt nach vorn.
Glew, auf der Suche nach Edelsteinen, war auf eine hölzerne Galerie geklettert. Gerade über dem Bogen, der zum nächsten Höhlenraum führte, blinkte ein Stein so groß wie sein eigener Kopf. Glew hatte sich unsicher, aber erfolgreich auf einem schmalen Sims herangearbeitet und versuchte nun mit aller Kraft dieses Kleinod herauszubrechen.
Taran rief ihm zu, er solle herunterkommen, Glew aber zog und zerrte nur noch stärker. Taran ließ daraufhin die Zügel von Melynlas los und wollte sich ebenfalls hinaufschwingen. Doli aber ergriff ihn am Arm.
»Lass das!«, fuhr ihn der Zwerg an. »Die Balken tragen dich nicht.«
Er pfiff durch die Zähne und beorderte zwei der Unterirdischen, auf die Galerie zu klettern, die bereits bedrohlich unter Glews wütendem Kampf mit dem Stein zu schwanken begann.
»Beeilt euch!«, brüllte Doli. »Holt diesen Idioten herunter!«
Genau in diesem Augenblick platzte Glews über und über gefüllter Lederbeutel. Die Steine fielen in einem glitzernden Schauer herunter.
Weitere Kostenlose Bücher