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Taran Bd 6 - Der Findling: Geschichten aus Tarans Welt

Taran Bd 6 - Der Findling: Geschichten aus Tarans Welt

Titel: Taran Bd 6 - Der Findling: Geschichten aus Tarans Welt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lloyd Alexander
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sah Rhitta, als er sein Schwert beiseite legte, dass der Fleck auf der Scheide nicht nur dunkler geworden war, sondern sich ausgebreitet hatte. Wieder versuchte er, ihn fortzuwischen, doch der hartnäckige Fleck blieb und wurde größer. Beunruhigt gab er die Waffe seinen Schmiedemeistern, doch selbst sie konnten sie nicht reinscheuern.
    Etwa zur gleichen Zeit begannen viele Edle, die mitangesehen hatten, wie der Heerführer in Ungnade gefallen war, untereinander zu murren. Des Königs Ungerechtigkeit schwärte in ihnen wie eine offene Wunde, und sie fürchteten, dass sein Zorn auch auf sie herabkommen und sie ihrer eigenen Ländereien und Ämter berauben könnte. So verschworen sie sich zu einem Aufstand gegen den König, um ihn abzusetzen.
    Doch Rhitta erfuhr von ihrem Plan, und während seine Feinde sich sammelten, um in den Krieg zu ziehen, ritten Rhitta und sein Heer aus, um ihrem Angriff zuvorzukommen.
    Wie das Schicksal es wollte, war der Ort der Schlacht genau jene Stelle, wo sich die Weide des Schäfers Amrys befunden hatte. Und Rhitta, der an der Spitze seiner Krieger ritt, schrie plötzlich vor Entsetzen laut auf. Dort, vor seinen Augen, stand der Schäfer, von blutigen Wunden bedeckt, mit dem leblosen Lamm in den Armen.
    Des Königs Krieger, die nichts gesehen hatten, nahmen Rhittas Ausruf als den Befehl zum Angriff. Sie sprengten zu einer wilden Attacke los, töteten die meisten, die sich ihnen entgegenstellten, und schlugen die übrigen in die Flucht.
    Rhitta jedoch hatte sein Pferd gezügelt und sich vom Gefecht abgewandt. Eilends ritt er zurück zu seiner Burg und lag zitternd in seinem Gemach, sicher, dass der Schäfer ihm etwas Böses hatte anhaben wollen.
    Als seine Krieger ihm Kunde von ihrem Sieg brachten und ihn fragten, ob er verwundet sei und sie deshalb nicht in die Schlacht geführt habe, wagte Rhitta ihnen nicht zu sagen, was er gesehen hatte. Stattdessen behauptete er, er sei von einem plötzlichen Fieber befallen worden. Doch er konnte den Schäfer nicht aus seinen Gedanken verbannen.
    »Er hat sein Schicksal verdient«, sagte Rhitta erneut zu sich selbst. »Wie alle, die sich gegen mich erhoben haben. Auch ihre Ländereien sollen verwirkt sein und ihre Besitztümer und ihr Gold dem königlichen Schatz hinzugefügt werden.«
    Inzwischen war der Fleck noch größer geworden und bedeckte nun fast die ganze Scheide. Wieder befahl Rhitta seinen Waffenschmieden, ein Mittel zu finden, sie zu säubern. Doch sie konnten es nicht.
    »Das Metall ist schuld«, sagte Rhitta. »Das Schwert ist fehlerhaft.«
    Gleichzeitig erfüllte Unbehagen seine Gedanken. Jetzt war er sich sicher, dass der Anblick des Schäfers ein Vorzeichen und eine Warnung vor noch mehr Verrat gewesen war. Und so rief er seine Ratsherren, seinen Heerführer und die Hauptleute seiner Kompanien zusammen und sagte:
    »Unsere Feinde sind noch nicht gänzlich besiegt, und die Gefahr für das Königreich ist größer denn je. Die Verwandten jener Verräter werden sicher auf Rache sinnen. Wahrscheinlich schmieden sie schon Pläne gegen mich. Es mag sein, dass sie noch stillhalten und auf einen geeigneten Tag warten, um unerwartet gegen mich loszuschlagen. Besser, wenn ich sie jetzt zerschmettere, bevor sie ihre Kräfte sammeln und gegen mich zu Felde ziehen können.«
    So befahl Rhitta seinen Heerscharen, sich zu wappnen und im Morgengrauen bereit zu sein, die Verwandten der Verräter zu finden und sie zu töten.
    In der Nacht jedoch wälzte sich Rhitta auf seinem Lager hin und her, und lange vor Tagesanbruch erwachte er von dem Klang einer Stimme, die in seinem Gemach erklang. Er schreckte auf, und schweißgebadet vor Schrecken sah er den Schäfer, mit dem Lamm in den Armen, am Fuß seiner Lagerstatt stehen. Und Amrys sprach und sagte:
    »Gedenket des zerbrochenen Tors, Herr. Gedenkt der verlorenen Schafe. Der Pfad, dem Ihr folgt, führt auch Euch in die Irre. Gedenket der Toten, indem Ihr Mitleid mit den Lebenden habt.«
    Der Schäfer hätte noch weiter geredet, doch Rhitta sprang auf mit einem lauten Schrei, packte Dyrnwyn und wollte das Schwert blank ziehen. Doch die Scheide hielt die Klinge eisern fest. In Angst und Zorn riss Rhitta an der Waffe und zerrte daran, bis seine Finger blutig waren. Doch er konnte das Schwert nicht zücken.
    Als seine Wachen mit Fackeln herbeigelaufen kamen, schickte er sie fort und sagte, er habe nur einen schlechten Traum gehabt. Doch am Morgen, als seine Krieger bei ihren Pferden standen und darauf

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