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Taran Bd 6 - Der Findling: Geschichten aus Tarans Welt

Taran Bd 6 - Der Findling: Geschichten aus Tarans Welt

Titel: Taran Bd 6 - Der Findling: Geschichten aus Tarans Welt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lloyd Alexander
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gerettet und ihm zugleich einen kurzen Aufschub verschafft. So schnell er konnte, krabbelte er los und bahnte sich einen Weg durch die trockenen Blätter und toten Zweige auf dem Waldboden.
    So tapfer Gwybeddin und seine Gefährten gewesen waren, so wenig konnten ihre Bemühungen den Jäger auf Dauer aufhalten. Bald hörte Kadwyr hinter sich den Verfolger durch das Unterholz brechen. Mit Leichtigkeit hatte der Jäger die Spur der Krähe gefunden, und er schien mit jedem Schritt an Kraft zu gewinnen, während seine Beute mit jedem Hüpfer schwächer wurde.
    Immer tiefer drang die Krähe in den Wald ein, in der Hoffnung, ein Dornengestrüpp oder Dickicht zu finden, wo der Jäger ihm nicht folgen konnte. Stattdessen, zu Kadwyrs Entsetzen, wurde der Wald hier lichter. Bevor die Krähe Deckung finden konnte, hatte der Jäger sie gesichtet und stieß einen triumphierenden Schrei aus.
    Kadwyr, der keinen Blick zurück mehr wagte, krabbelte durch ein Gehölz. Vor ihm erstreckte sich ein freier und ebener Grund; doch wenn ihm dies auch sein Fortkommen leichter machte, würde es dort auch für seinen Feind leichter sein, ihn einzuholen.
    In diesem Augenblick hörte Kadwyr ein zorniges Aufbrüllen. Die Krähe hielt inne und sah, wie der Jäger sich drehte und wand, als sei er in seinem eigenen Netz gefangen. Kadwyr starrte voll Staunen. Zwischen den Bäumen hatten Nedir und alle Spinnen des Waldes sich zusammengetan, um ihre stärksten Netze zu spinnen. Die Fäden waren so fein, dass der Jäger sie nicht gesehen hatte, doch jetzt klebten sie an ihm, wanden und wickelten sich um ihn, und je mehr er sich freizukämpfen suchte, desto mehr hüllten sie ihn ein.
    Von einem Zweig über Kadwyrs Kopf kam an einem einzelnen unsichtbaren Faden Nedir herabgeglitten und wedelte mit ihren langen Beinen.
    »Wir Spinner und Weber haben unser Bestes getan«, rief sie mit dünner Stimme, »doch selbst unsere stärksten Netze werden bald nachgeben. Flieh, solange du noch kannst!«
    »Großmutter Spinne«, rief der dankbare Kadwyr, »vergib mir wenn ich mich je über dich lustig gemacht habe. Dein Spinnzeug hat mir den Hals gerettet!«
    Ein zweites Mal hüpfte die Krähe weiter; diesmal war er sich sicher, dass er endgültig davongekommen war. Trotz der Schmerzen in seinem Flügel hob sich seine Stimmung wieder, und bei dem Bild des in einen riesigen Kokon eingesponnenen Jägers konnte er ein spöttisches Gackern nicht unterdrücken.
    Doch bald klappte Kadwyr den Schnabel wieder zu. Seine Augen huschten ungläubig hin und her, denn seine Flucht hatte ihn an den Rand einer steilen Klippe geführt.
    Er hielt an und trat erschrocken einen Schritt zurück. Ohne den Gebrauch seines Flügels würde er wie ein Stein in die Tiefe fallen und auf den Felsen drunten zerschmettern. Doch bevor er sich entscheiden konnte, wohin er sich wenden sollte, sah er den Jäger auf sich zu kommen.
    Frei von den Spinnweben, wütender denn je und entschlossen, der unfassbaren Krähe den Garaus zu machen, zog der Jäger sein Messer aus dem Gürtel. Mit einem Triumphschrei sprang er auf den hilflosen Kadwyr zu.
    Die Krähe, sicher, dass ihr letztes Stündlein geschlagen hatte, schlug mit ihrem heilen Flügel und streckte den Schnabel vor, bereit, ihr Leben so teuer wie möglich zu verkaufen.
    Doch mitten im Schritt stolperte der Jäger. Ein runder Stein im Weg war es, der ihn zu Fall brachte, sodass er kopfüber die Klippe hinab in den Abgrund segelte.
    Kadwyrs Schrecken verwandelte sich in freudige Erleichterung. Er krächzte, gackerte und krähte so laut wie ein Hahn. Dann blieb ihm der Schnabel offen stehen.
    Dem Stein, der ihm das Leben gerettet hatte, entwuchsen vier Stummelbeine und ein Schwanz; ein ledriger Hals streckte sich vorsichtig, und Crugan-Crawgan, die Schildkröte, blinzelte Kadwyr an.
    »Ist alles in Ordnung?«, fragte Crugan-Crawgan. »Das heißt, ich wollte sagen … es geht dir gut? Es tut mir leid … ah, Kadwyr, aber ich habe getan, was ich … konnte. Wir Schildkröten können leider nicht rennen … wie Hasen. Oder fliegen … wie Adler. Doch wir sind, und ich hoffe, du wirst dem beipflichten … ja, wir sind sehr solide. Und … sehr, sehr stabil.«
    »Crugan-Crawgan«, sagte Kadwyr, »du hast mir das Leben gerettet, und ich danke dir. Solide und stabil, das bist du, alter Bursche, und ich bin froh darüber.«
    »Im Übrigen«, fuhr die Schildkröte fort, »wollte ich noch sagen … als wir uns das letzte Mal begegneten … Ja, die Schnecke und ich

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