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Taran Bd 6 - Der Findling: Geschichten aus Tarans Welt

Taran Bd 6 - Der Findling: Geschichten aus Tarans Welt

Titel: Taran Bd 6 - Der Findling: Geschichten aus Tarans Welt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lloyd Alexander
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keine Mühe«, meinte der Fremde zu dem entgeisterten Schmied. »In meinem Land formen Waffenschmiede Metall, das viel härter ist als alles, was du kennst. Wenn du es ihnen gleichtun willst, musst du einen Hammer verwenden, wie sie ihn haben.«
    Mit diesen Worten langte er in einen Lederbeutel an seinem Gürtel, zog daraus einen kleinen goldenen Hammer hervor und reichte diesen dem Schmied.
    »Mit so einem Spielzeug?«, schnaubte Iscovan. »Mach dich nur über mich lustig, und du wirst mehr als nur einen zerbrochenen Sporn zu flicken haben.«
    »Versuch es nur«, entgegnete der Fremde.
    Mit einem spöttischen Grinsen packte der Schmied den Hammer und schlug mit aller Kraft zu. Er rechnete fest damit, dass das Werkzeug in seiner Hand zerbrechen würde. Stattdessen stoben Funken auf, ein Donnergrollen ertönte, und sein Amboss sprang fast in zwei Stücke. Doch nach diesem einzigen Schlag war der Sporn so gut wie neu.
    Iscovan starrte mit offenem Mund auf den hoch gewachsenen Mann, der sagte:
    »Meinen Dank, Schmied. Nun gib mir meinen Hammer wieder und lass mich meiner Wege gehen.«
    »Warte«, sagte Iscovan und hielt den Hammer fest. »Sag mir erst, wo ich so einen Hammer bekommen kann.«
    »In meinem Reich werden diese Dinge hoch geschätzt«, antwortete der Fremde. »Du hast nur den kleinsten Teil dessen gesehen, was er vermag. Mit solch einem Hammer kann ein Schmied Klingen schmieden, deren Schneide und Spitze nie an Schärfe verlieren; Schilde, die niemals zersplittern; Kettenhemden, die kein Schwert durchdringt. Mit solchem Rüstzeug könnte eine Hand voll Krieger ein Königreich beherrschen.«
    »Erzähl mir nichts von Schwertern und Rüstungen«, gab Iscovan zurück. »Ich bin kein Waffenschmied; ich verstehe mich auf Pflugscharen, Rechen und Hacken. Doch wie dem auch sei, ich muss diesen Hammer haben.«
    Nun war Iscovan stets ein friedlicher Mann gewesen; doch in dem Augenblick, als er diese Worte sprach, begann sein Kopf sich vor geheimen Gedanken zu drehen. Die Stimme des Fremden schien einen Funken in ihm angefacht zu haben, bis er heller glühte als seine Esse. Denn Iscovan sagte sich: »Wenn dieser Mann die Wahrheit spricht und kein Schwert oder Speer sie verletzen kann, dann kann wahrlich eine Hand voll Krieger ein Königreich beherrschen, denn wer könnte gegen sie bestehen? Aber der Schmied, der das Geheimnis kennt – er wäre der Meister von allen! Und warum nicht ich statt eines anderen?«
    Der Fremde, der Iscovan derweil nicht aus den Augen gelassen hatte, sagte:
    »Meister Schmied, du hast mir einen Gefallen getan, und somit schulde ich dir auch einen Gefallen. Darum will ich dir diesen Hammer geben. Aber damit jeder von uns etwas davon hat, gib mir den deinen zum Tausch.«
    Iscovan zögerte. Er nahm seinen alten Hammer auf und sah ihn an. Das Heft war abgewetzt von langem Gebrauch und der eiserne Kopf verkratzt und verdellt; doch dieser Hammer kannte sein Handwerk so gut wie Iscovan selbst, denn er hatte die Schmiedekunst in sich aufgenommen. Er hatte Iscovan treu gedient und ihm Ehre eingebracht. Dennoch, in Anbetracht der neuen Macht, die er erlangen konnte, nickte Iscovan und sagte:
    »Einverstanden. So sei es.«
    Der Fremde nahm Iscovans eisernen Hammer und ließ den goldenen in der Hand des Schmieds zurück, und ohne ein weiteres Wort schritt er aus der Schmiede.
    Kaum war der Fremde fort, hob Iscovan mit einem Triumphschrei den Hammer und ließ ihn mit einem kraftvollen Schwung auf seinen Amboss niedersausen. Doch beim Aufschlag zersprang der Hammer und bröselte in Stücke. Das glänzende Gold war zu Blei geworden.
    Bestürzt starrte Iscovan auf das nutzlose Werkzeug in seiner Hand. Dann rannte er aus seiner Schmiede und schrie nach dem Fremden, um seinen alten Hammer zurückzubekommen. Doch von dem geheimnisvollen Besucher war keine Spur mehr zu sehen.
    Und von dieser Zeit an mühte sich Iscovan an seiner Schmiede, doch er fand nie wieder einen Hammer, welcher dem gleichgekommen wäre, den er eingetauscht hatte.
    An einem anderen Tag war Follin der Weber an seinem Webstuhl beschäftigt, als ein kleiner, untersetzter Mann mit roten Wangen und flinken Augen in seine Werkstatt kam. Follin hielt sein Schiffchen an, das wie ein Fisch im Wasser zwischen den Fäden hin und her geschossen war.
    »Sei gegrüßt, Meister Weber«, sagte der Fremde. Er war in Tuch gekleidet, das feiner war, als der Weber je welches gesehen hatte. Sein schwerer Mantel war aus Goldbrokat, in seltsamen Mustern gewirkt.

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