Tarean 01 - Sohn des Fluchbringers
Eingeweiden eines Berges zu kommen schien, brüllte wütend und frustriert: »Eng hier drinnen!«
So war auch dieser Fluchtweg versperrt. Tarean vermochte sich nicht auszumalen, wie die steindummen Trolle ihm auf die Spur gekommen waren – ganz zu schweigen von der bemerkenswert durchdachten Zange, in die sie ihn genommen hatten. Jedenfalls schien ihn sein Glück, das ihm bislang doch so hold gewesen war, nun endgültig verlassen zu haben.
Da huschte unvermittelt ein wahnwitziger Gedanke durch seinen Geist. Wenn sich die alten Geschichten irrten, unterschrieb er mit diesem Plan sein Todesurteil, andererseits war sein Leben auch nicht viel mehr Kupfer wert, wenn er einfach wie angewurzelt im Türrahmen stehen blieb und darauf wartete, dass ihn die Trolle zwischen ihren schaufelgroßen Pranken mit den dicken, verkrümmten Fingern zerquetschten.
Also sprang er nach vorne, riss sein Schwert aus der Scheide und schrie aus Leibeskräften: »Weichet, ihr Brut der Dunkelreiche. Sonst wird euch mein Zorn treffen.« Das klang schon recht eindrucksvoll, fand er. Noch eindrucksvoller hätte es gewirkt, wenn die Spitze seines Schwertes nicht so gezittert hätte. Rasch packte er den Griff auch mit der zweiten Hand und verzog die Miene zu einem Ausdruck grimmiger Entschlossenheit. Sein Herz pochte ihm fast bis zum Hals, als er bedächtig, Schritt für Schritt, auf die Trolle zuging.
Und dann geschah das erste Wunder. Die beiden hünenhaften Ungetüme hielten in ihrem Vormarsch inne, blickten sich misstrauisch an, und ein unruhiges Grollen drang aus den Tiefen ihrer Kehlen, wie das drohende Knurren eines Hundes, der gleichzeitig Zorn, aber auch die Furcht vor der Peitsche seines Meisters verspürt. Dann, als er einen weiteren Schritt auf sie zu machte, begannen sie sogar mit den schweren Füßen zu scharren, und schließlich, ganz langsam, wichen sie vor Tareans weit ausgestreckter Klinge zurück.
»Was machst du da?«, erkundigte sich die Elfe neugierig.
»Ich versuche, zu überleben«, erwiderte Tarean angespannt.
»Das sieht mir nicht sehr erfolgversprechend aus.«
Der Junge biss die Zähne zusammen, dass ihm der Kiefer schmerzte. »Könntest du bitte für einen Moment …« Das Geräusch schwerer Schritte unterbrach ihn, gefolgt von einem Poltern und Krachen und einem überraschten Brüllen, das ihn herumfahren ließ. Er erkannte, dass sich der dritte Troll offenbar doch gegen einen Weg mitten durch die Behausung des Druiden entschieden hatte und stattdessen zurückgeklettert und über das Felsdach gelaufen war. Soeben ging er in einer Wolke aus Felssplittern und Steinstaub zu Boden, die vom Ende des kunstvollen Eingangsportals kündete. So sehr das zerbrechliche, steinerne Geäst dem prüfenden Blick eines Gelehrten standhalten mochte, so wenig hatte es dem immensen Körpergewicht eines Trolls entgegenzusetzen, der darüber hinwegzulaufen gedachte.
Der kleine Sturz hielt das Ungeheuer allerdings mitnichten auf. Bevor sich auch nur der Staub gelegt hatte, erhob sich der Troll bereits wieder, drohend und grollend, ein urzeitliches, aus dem Fleisch der Erde herausgebrochenes Ungetüm mit tückisch funkelnden Augen und wahrhaft gewaltigen Muskeln.
Auch seine beiden Gefährten schienen sich dadurch erneut ihrer Stärke bewusst zu werden, denn ihr Rückzug kam ins Stocken. Jetzt wurde es ernst.
Die drei Trolle teilten sich auf und kreisten Tarean mit weit ausgebreiteten Armen ein, so als wollten sie ihn herzlich willkommen heißen und an ihre breite Brust drücken. Der Junge konnte dabei schon förmlich seine Knochen splittern hören, und er schauderte bei dem Gedanken, während er sich wachsam, jede Faser seines Körpers angespannt, im Inneren dieses Kreises um die eigene Achse drehte und die Ungeheuer mit seinem Schwert auf Abstand hielt. Wie lange das gut gehen würde, mochten die Dreigötter allein wissen.
Zum Glück musste es nicht lange gut gehen. Denn statt einen Angriff oder einen Ausbruchversuch zu wagen, blieb Tarean unvermittelt stehen, grinste den Troll direkt vor seiner Nase mit einer Dreistigkeit an, die er im Herzen nicht verspürte, und riss dann plötzlich sein Schwert hoch über den Kopf. Er legte alle Verzweiflung und Hoffnung, die in seiner Brust im Widerstreit lagen, in das eine Wort, das ihm Rettung oder Untergang sein mochte: »Esdurial!«
Es war seine Rettung.
Denn wieder erwachte die Alte Macht des Schwertes, und wieder züngelten weiße Flammen über die runenverzierte Klinge.
Die Trolle
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