Tarean 02 - Erbe der Kristalldrachen
Kyrilliankristallen, einem Bettlaken und ein paar Seilen etwas bauen können. Aber ich wünsche euch viel Spaß.«
»Danke, mein Freund.« Der Vogelmensch klopfte ihm auf den Rücken. »Wir leisten dir später sicher noch Gesellschaft.«
»Das machen wir.« Lächelnd trat Raisil auf Tarean zu, beugte sich zu ihm herab, umfasste seinen Kopf und rieb kurz ihre unverletzte Schläfe an der seinen – eine Liebkosung auf Vogelmenschen-Art. »Und danke für deine Hilfe heute.«
Dann schwangen sich die beiden jungen Taijirin kraftvoll in die kühle Abendluft hinauf und verschwanden im Reigen der anderen Tänzer.
»Gern geschehen …«, murmelte Tarean, während er ihnen nachblickte und sich dabei unwillkürlich mit den Fingerkuppen über die Schläfe strich, die Raisil mit ihrem Flaum berührt hatte. Einmal mehr in diesen Tagen vermisste er Auril.
Er fragte sich, wie es ihr und Bromm im Westen wohl erging. Gedachten sie ihrer Gefährten in den Wolkenbergen? Oder hatten sie sich bereits im Auftrag der Alben in irgendein neues, gefährliches Abenteuer gestürzt? War die gemeinsame Zeit, die sie alle auf dem Weg nach At Arthanoc verbracht hatten, für sie längst ein Teil der Vergangenheit geworden? Was sind das für Hirngespinste , schalt sich Tarean innerlich einen Narren. Auril hat versprochen, dass wir uns zur Schneeschmelze wiedersehen. Diese Zeit ist nun gekommen. Die letzten Tage, die vergehen müssen, bis wir uns begegnen, wirst du auch noch durchstehen! Doch wie so häufig, seit er das behütete, aber auch abgeschiedene Leben auf Dornhall aufgegeben hatte und in die weite Welt hinausgewandert war, sprachen Verstand und Herz in ihm nicht mit einer Stimme.
Auf einmal tauchte Moosbeere vor ihm auf, ein winziger, hell gleißender Stern inmitten des Lichtermeers aus Laternen und Lampions, und riss ihn aus seinen trüben Gedanken. »Tanz mit mir, Tarean!«, zwitscherte sie ausgelassen.
Das Irrlicht, in beträchtlich besserer Laune als noch am Vormittag, hatte ihn zwar bereits am früheren Abend zum Bankett Ieverins begleitet, doch da es selbst weder Speise noch Trank benötigte, war es schon nach kurzer Zeit – angestachelt von den Hunderten Düften, Klängen und Farben um es herum – aufgesprungen und hatte sich in die vielfach erleuchtete Nacht von Airianis gestürzt. Der Junge hatte nicht damit gerechnet, Moosbeere heute noch einmal wiederzusehen. Doch da war sie und offenkundig noch aufgekratzter als zuvor. Kapriolen schlagend umschwirrte sie Tarean, flog eine doppelte Schleife, die am Ende etwas verunglückte, sodass sie aus der Bahn geschleudert wurde wie ein junger Hund auf einer vereisten Seeoberfläche, und schließlich blieb sie direkt vor seiner Nase in der Luft hängen. Durch das Schimmern ihrer Aura sah der Junge ihre strahlend blauen Augen schelmisch blitzen, als sie ihm mit übertriebener Geste eine schlanke, winzige Hand hinhielt. »Komm, Tarean Keinriese Wunderknabe Weltenretter. Zier dich nicht. Tanz mit mir.«
Der Junge beugte sich vor und schnüffelte. Ein leichter Geruch, der an süßen Wein erinnerte, ging von dem Irrlicht aus. »Bist du etwa betrunken, Moosbeere?«
Er hätte nicht für möglich gehalten, dass sich das magische Geschöpf an irdischen Getränken berauschen könnte.
»Unsinn«, erklärte Moosbeere auch sogleich. »Ich bin nur in den Weinkrug von diesem dummen Stallburschen gefallen, den er genau in meine Flugbahn gestellt hatte.« Sie peilte mit dem ausgestreckten rechten Arm an Tareans Gesicht vorbei und geriet dabei leicht ins Trudeln.
»Was hast du bei den Stallungen gemacht?«, staunte der Junge.
»Mich mit Ro’ik unterhalten«, erklärte das Irrlicht pikiert. »Ist ja der Einzige hier, mit dem man ein vernünftiges Gespräch führen kann.«
»Das war alles?«
Moosbeere schwankte verlegen in der Luft umher. »Nun, Nishilwi …« Sie stockte, schnaubte unwillig und setzte erneut an: »… Ishilrin war auch dabei. So ein feines Greifenmädchen. So ein hübscher Anhänger.« Ein Kichern entglitt ihrer Kehle.
Und mit einem Mal war Tarean klar, was passiert war. Moosbeere war – ob absichtlich oder nicht – auf das Amulett gestoßen, das Liftrai Ishilrin umgehängt hatte, um die Brustwunde des Vogelpferdes zu heilen. Die Alte Macht in dem Kleinod musste auf das Irrlicht einen schleichenden, aber verheerenden Einfluss gehabt haben. Er hatte Ähnliches schon erlebt, damals, als sie sich im Alten Wald kennengelernt hatten und er Esdurial im Kampf gegen die Trolle
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