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Tarean 02 - Erbe der Kristalldrachen

Tarean 02 - Erbe der Kristalldrachen

Titel: Tarean 02 - Erbe der Kristalldrachen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Bernd Perplies
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einen raschen Schluck aus seinem Steinkrug, um das Bild abzuschütteln. »Aber das sind alles nur Geschichten. Und jetzt, da ich weiß, dass die Dunkelreiche ein sehr wirklicher Ort sind, frage ich mich, wie viel davon tatsächlich wahr ist.«
    Diese Frage hatte er sich im Übrigen bereits mehr als einmal gestellt, seit sie Kesrondaia verlassen hatten. All die Jahre war er in dem Glauben an die Dreigötter aufgewachsen. Als Kind hatte ihn seine Amme mit Nachdruck dazu ermuntert, morgens, mittags und abends das Gebet an Indra, Jerup und Vazar zu richten. Spätestens die Unterweisungen des sehr aufgeklärten Bruder Ingolds hatten ihn dann erkennen lassen, dass der Dreigötterglaube keineswegs die einzige Religion in Endar war. Doch auch wenn er gelernt hatte, dass die Überwindung der Verehrung der alten Naturkräfte durch die Dreigötter sogar eine vergleichsweise junge Entwicklung in der Geschichte der Welt darstellte, waren ihm die Gebote und Geschichten der Götter des dreispeichigen Rades in Fleisch und Blut übergegangen.
    Doch seit er der Kristalldrachin begegnet war, ja, eigentlich schon seit er mit Esdurial eine Waffe an sich genommen hatte, die von der Alten Macht erfüllt war, geriet Tareans Glaube zunehmend ins Wanken. Unvermittelt hatte sich vor ihm eine ältere, größere Welt aufgetan, in der unsterbliche Steinmenschen, äonenalte Drachen und eine alles verbindende, alles umfassende Macht wirkten, die schon Jahrtausende existiert hatten, bevor auch nur der erste selbst ernannte Prophet auf den Gedanken gekommen war, den wilden Stämmen von Astria, Thal und Breganorien die Lehre von den Dreigöttern nahezubringen. Welche Bedeutung konnten Götter haben, die nur in seinem Kopf gelebt hatten, wenn er, Tarean, gleichzeitig unter Geschöpfen wandelte, deren Alter und Macht denen von Göttern ähnelte?
    »Also, ich bin ja kein Geschichtskundler«, bemerkte Iegi in das Schweigen hinein. »Aber mir scheint, dass die Diener deiner Dreigötter damals schlicht die wilden Überlieferungen genommen, die noch aus viel früheren Zeiten aus dem Süden in die Kernlande getragen worden waren, und dann für ihre Zwecke verwendet haben. Irgendwelche untoten Krieger, die eine ewige Schlacht gegen die Mächte des Bösen austragen, erwarte ich jedenfalls nicht am Ziel unserer Reise. Das klingt mir doch etwas zu abenteuerlich.«
    Tarean nickte halbherzig. »Vermutlich hast du recht. Ich hoffe , dass du recht hast.«
    Aber gänzlich überzeugt war er nicht. In der Tat nahm er nicht an, dass er einem Gott namens Vazar in den Dunkelreichen begegnen würde, der mit blitzender Klinge das Böse in Schach hielt. Doch was alles andere betraf … Zu viel von dem, was er bislang nur Märchen und Kaminfeuergeschichten entsprungen glaubte, hatte sich im Laufe seines bisherigen Weges als wahr erwiesen.
    Plötzlich wurde der Junge in seinem Gedankengang unterbrochen. Die Tür zum Schankraum des »Schwarzen Brulls« flog auf, und ein grauhaariger Sette taumelte ins Innere. Seine Kleidung war zerfetzt, und er blutete aus zahlreichen Wunden.
    Erschrocken sprangen die Gäste von ihren Bänken auf. Der Schankwirt drängte sich hinter seinem Tresen hervor und eilte auf den Alten zu. »Finrostan, was ist passiert?«, rief er.
    Der Sette hustete, und blutiger Speichel landete auf seiner braunen Lederschürze, als er in den Armen des Wirts zusammenbrach. Nur ein Wort kam über seine Lippen: »Wolflinge.«

 
    10
    HAFFTA
    »Wolflinge? Hier? Wie ist das möglich?«
    Auch Tarean und Iegi waren aufgesprungen, als der verwundete Sette in den Schankraum gestolpert war. Nun blickten sie sich alarmiert an.
    »Sie sind während des letzten halben Jahres zu einer seltenen Plage geworden, aber manchmal kommen streunende Rotten noch in die Nähe unserer Ansiedlungen, um Nahrung und Waffen zu stehlen«, erklärte ein stämmiger Bursche mit vernarbtem Gesicht und rabenschwarzem Haar. »Kommt, Brüder, das sehen wir uns mal an.« Er griff nach seinem Holzfällerbeil und machte sich mit drei anderen Setten, die dem Aussehen nach eher Kameraden als echte Blutsverwandte waren, auf den Weg nach draußen. Seine grauen Augen blitzten angriffslustig.
    In diesem Moment fing draußen auf dem Marktplatz jemand an, die Dorfglocke Sturm zu läuten, und mit einem Mal kam Bewegung in die zuvor wie erstarrt wirkende Schankgesellschaft. Alles griff nach den Werkzeugen und Waffen, die auf Stühlen und Tischen gelegen oder an den Wänden gelehnt hatten. Und wer weder Hammer noch

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