Tarean 02 - Erbe der Kristalldrachen
Augen, doch es war ihm unmöglich, sich aus dem Bann des Hexers in Gestalt Raisils zu befreien. Blut sickerte aus dem Winkel seines Schnabels und tropfte auf seine hellen Halsfedern.
»Calvas!«, schrie Tarean zornig.
Raisils Kopf zuckte herum, und brennende, violette Augen richteten sich auf den Jungen. Sie öffnete den Mund zu einem zornigen Zischen. »Ah. Der lästige Ritterssohn ist eingetroffen.«
Aus einem Winkel des Stalls huschte Moosbeere heran. »Schnell, Tarean, er will Ro’ik entführen«, piepste sie aufgeregt.
»Nicht, wenn ich es verhindern kann«, knurrte Tarean und packte sein Schwert fester.
Calvas ließ von dem Greifen ab und sprang anmutig zum strohbedeckten Boden des Stalls herab. »Was willst du tun, mein Junge?« Jedes grausame Wort des Hexenmeisters schmerzte aus dem Mund von Iegis liebreizender Nistschwester umso mehr. »Willst du mich niederstrecken? Willst du dieses unschuldige Mädchen töten?« Raisil deutete mit bösem Lächeln an ihrem Körper hinab.
»Mir wird schon ein Weg einfallen, wie ich Euch aus ihrem Geist herausbrenne.« Der Junge hob Esdurial und machte einen drohenden Schritt in Calvas’ Richtung.
»Nichts wird dir einfallen, törichter Knabe!«, keifte der Hexenmeister, streckte die Hand aus und sprach ein Wort der Macht. Tarean hatte das Gefühl, von einem durchgehenden Brull an der Brust getroffen zu werden, bevor er nach hinten geschleudert wurde, gegen die Stallwand neben der Tür krachte und benommen zu Boden fiel.
»Tarean!«, schrie Moosbeere erschrocken. »Alles in Ordnung?«
Du willst ein Krieger sein? Steh auf und kämpfe!, fügte seine innere Stimme weit weniger fürsorglich hinzu.
Nach Luft ringend kam er auf die Knie. Aus den Augenwinkeln sah er Iegi um die Hausecke stürmen, hinter welcher der Vogelmensch zuvor verschwunden war. »Iegi«, rief er atemlos.
»Ich bin gleich da«, erwiderte der Taijirinprinz mit einem leicht gehetzten Ausdruck auf dem Gesicht. Tareans Augen weiteten sich, als er sah, dass ein halbes Dutzend Grawls seinem Freund auf den Fersen waren, angeführt von dem Wolfling, dem jener zuvor so leichtfertig nachgerannt war.
Calvas lachte leise, während der Junge sich aufrappelte. »Wo sind sie nun, deine Gefährten? Mir scheint, dass es diesmal heißt: nur du und ich. Zwar wollte ich weder hier noch jetzt den Kampf, aber wenn du ihn doch so sehr suchst …« Er hob erneut die Hand, um Tarean zu Boden zu schleudern, doch diesmal war der Junge vorbereitet. Als die unsichtbare Riesenfaust auf ihn zudonnerte, ließ er den Drachenstab fallen und ging mit einem Hechtsprung in Deckung. Während die Druckwelle über seinen Kopf hinwegfegte und einen Teil der hölzernen Stallaußenwand geräuschvoll zerbersten ließ, rollte sich Tarean ab und kam mit erhobenem Schwert wieder auf die Beine.
Ohne sich die Mühe zu machen, auf die Drohungen des Hexers irgendetwas zu erwidern, stürmte er vor, um ihm Esdurial in den Leib zu stoßen. Raisil, vergib mir!
Aber Calvas wartete nicht tatenlos, bis der Junge heran war. Mit einem weiteren Wort der Macht rief er den herrenlosen Drachenstab in seine ausgestreckte Hand. Und als Tarean zustach, drehte sich Raisils Körper mit bemerkenswerter Eleganz zur Seite, trat an ihm vorbei, schwang den Schaft des Stabes in einer Kreisbewegung über dem Kopf und verpasste dem Jungen einen Schlag in den Rücken, der ihn nach vorne taumeln ließ. »Ah, ich beginne diesen Körper zu lieben«, triumphierte Calvas. »So jung, so schnell.«
Konzentriere dich! , schalt sich Tarean. Das kannst du besser.
Er fuhr herum und funkelte den Hexer in Gestalt der jungen Taijirin wütend an. Aber so sehr sich Iegis Nistschwester unter dem Einfluss von Calvas’ Geist in den letzten Tagen verändert hatte, war sie doch noch zu sehr das hübsche junge Mädchen, nach dessen Gesellschaft sich Tarean während der Sturmweihe in Airianis gesehnt hatte, um ihm diesen Kampf leicht zu machen. Denk nicht daran …
Mit einem Aufschrei führte er Esdurial gegen die Brust Raisils. Doch der Hexer parierte mit dem Metallschaft des Drachenstabes und ließ die Klinge Funken sprühend daran abgleiten. Gleichzeitig zuckte die obere Hälfte des Stabes vor, um Tareans Kopf zu treffen. Nur um Haaresbreite gelang es dem Jungen, sich an dem Hieb vorbeizuducken.
Schlag um Schlag tauschten sie in dem Stall aus. Mehrfach versuchte Tarean, Calvas irgendwie zu entwaffnen. Aber der Hexer erwehrte sich mit beachtlichem Geschick seiner Angriffe. Dass er sich
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