Tarean 03 - Ritter des ersten Lichts
die Oberfläche.
»Wer ist hier ein Hund, hm?«, höhnte Silas und verpasste Tareans Wange einen leichten Klaps mit der Breitseite seines Schwertes. »Du Versager!«
»Nimm die Klinge weg, oder du wirst es bereuen«, drohte Tarean.
»Tatsächlich?« Silas grinste breit und drückte die Spitze der Waffe leicht in Tareans Hals.
Auf einmal fuhr eine Hitzewelle wie ein Fieberschub durch seinen Leib. Tarean schrie wütend auf, riss den rechten Arm hoch und schlug mit zorniger Gewalt die Klinge des Setten mit seinem Schwert zur Seite. Die Waffe flog aus Halfbadurs Hand, überschlug sich mehrfach in der Luft und blieb dann mit der Spitze voran im Boden stecken. Unterdessen hatte sich Tarean vom eigenen Schwung getragen herumgerollt, war aufgesprungen und richtete nun seinerseits das Schwert auf die Brust seines Gegners. Sein Gesicht hatte sich vor Wut verzerrt.
»Tarean!«, schrie Iegi. »Hör auf!«
Halfbadur war überrascht einen Schritt zurückgetaumelt und hob nun langsam die Arme. »Ho, ganz ruhig, Junge. Was war das denn?« Der Blick des Setten glitt zu Tareans Arm, und als der Junge ihm folgte, sah er, dass von diesem ein sanfter gelbweißer Schimmer ausging. Das Glühen war nicht so stark wie nach der Vertreibung des Dunkelgeists in Undur, aber Tarean erkannte es eindeutig wieder.
Ein Ausdruck von Erschrecken breitete sich auf seiner Miene aus. »Ich … ich weiß es nicht. Es tut mir leid, Halfbadur.« Rasch senkte er sein Schwert.
»Nun, nun, ist ja nichts passiert.« Der Sette ging zu seiner eigenen Waffe hinüber, um sie aus dem Erdreich zu ziehen. »Auf jeden Fall hast du Kraft«, urteilte er. »Das ist gut. Und du magst es nach meinen Worten von zuvor nicht glauben, aber ich sehe auch großes Geschick in dir. Allerdings nutzt du es nicht. Das Schwert deines Vaters … Es hat dich träge gemacht.«
»Wie meint Ihr das?«, fragte Tarean.
»Du machst viele Schmetterschläge, bewegst aber kaum deine Beine. Außerdem lässt du außer Acht, dass du auch deinen Körper selbst als Waffe einsetzen kannst, so wie ich es getan habe. Man merkt, dass du die zusätzliche Kraft und die Überlegenheit gewöhnt bist, die dir Esdurial verleiht. Gib es zu: Normalerweise bedarf es keines zweiten Schlages, um einen gewöhnlichen Gegner zu fällen. Die Macht Esdurials zerschmettert Rüstung und Knochen.«
Tarean verlagerte unbehaglich das Gewicht von einem Fuß auf den anderen und nickte dann.
»Das dachte ich mir. Mit einem Schwert wie diesem muss man nicht elegant kämpfen können, um zu siegen.« Halfbadur sah ihn mit glänzenden Augen an. »Aber versuch dir auszumalen, was du erreichen könntest, wenn du Esdurial nicht nur als alles zerschmetternden Knüppel einsetzen würdest. Die Kampfkunst ist der Lebensinhalt eines Kristalldrachenritters – neben ein paar anderen Dingen, über die wir später reden können. Den Kampf beherrschst du bereits. Aber an der Kunst mangelt es. Wenn du willst, unterweise ich dich darin.«
Der Junge erkannte die Wahrheit in Halfbadurs Worten. Ilrod hatte ihn stets für einen begnadeten Schwertkämpfer gehalten, den besten unter den Burschen, denen er auf Dornhall das Kriegshandwerk beigebracht hatte. Tarean hatte sich auf dieses Lob etwas eingebildet, doch natürlich hatte der Waffenmeister seines Ahns ihn an den Fähigkeiten seiner Soldaten und der anderen jungen Kämpfer auf der Burg gemessen. Die meisten bewaffneten Auseinandersetzungen, zu denen er seit dem Verlassen des Almentals gezwungen gewesen war, hatte er nur mit Mühe und Not – und oft genug durch die Hilfe anderer – überstanden. Auril kämpfte besser als er, keine Frage, Iegi wahrscheinlich auch. Es ließ sich nicht leugnen: Sein Bestehen in der Welt da draußen war einzig der Macht Esdurials geschuldet. Es wurde Zeit, dass sich das änderte.
Tarean schaute Halfbadur an und neigte den Kopf. »Das würde mir viel bedeuten. Ich möchte das Schwert meines Vaters so führen können, wie es sich für einen Ritter geziemt.«
»Das wollte ich hören«, brummte der Sette. »Wir fangen morgen mit der Ausbildung an.«
In dieser Nacht schlief Tarean nicht besonders gut. Das hatte weniger mit den Ereignissen des Tages zu tun als vielmehr damit, dass es nirgendwo auf dem Hang um Halfbadurs Haus einen Flecken zu geben schien, an dem keine Steine lagen, die sich einem durch die Wolldecke hindurch in den Rücken bohrten. Daher erhob er sich, noch bevor auch nur der erste Silberstreif am östlichen Horizont den neuen Tag
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