Tarean 03 - Ritter des ersten Lichts
rief ihnen Leontir nach. »Solltest du deinen Krieg überleben, schau doch mal wieder rein. Wir könnten gemeinsam ein paar alte Erinnerungen auffrischen – in meinem Schlafgemach!«
»Du bist ein toter Mann«, versprach ihm Aurils Mutter, ohne sich umzudrehen, während sie zur Tür hinaustrat.
Leontir lachte nur.
Tâch’thurt verließ den Gefallenen Drachen als Letzter. Im Türrahmen drehte er sich noch einmal um, deutete beinahe drohend auf seinen Tisch in der Ecke und grollte: »Wieder.«
»Ja, schon klar«, erwiderte Leontir. »Ich halte dir deinen Stammplatz frei.«
Mit einem zufriedenen Nicken verließ der Steinerne die Taverne.
Tief in den Dunkelreichen, an einem Ort, den kein Lebender jemals betreten sollte, hockte Ghorca’than und brütete in dumpfem Zorn vor sich hin. Er war wütend auf das Schicksal im Allgemeinen, das ihn nach einem lachhaft kurzen Augenblick der Freiheit wieder in der Kristallkugel hatte enden lassen, in welcher ihn die Kristalldrachen zuvor für Ewigkeiten gefangen gehalten hatten – und auf Kesrondaia im Besonderen, die dieses Schicksal mit der Tücke eines uralten, magischen Wesens herbeigeführt hatte. Er verspürte Hass auf diesen Jungen, Tarean, der sich zum willfährigen Werkzeug der Drachin hatte machen lassen und dabei auch noch erfolgreich gewesen war. Und nicht zuletzt zürnte er Calvas, der als sein Verbündeter völlig versagt hatte, sowie sich selbst, dass ihm bei der Wahl seines Dieners solch ein unerfreulicher Fehler unterlaufen war.
Der Herr der Tiefe wünschte sich nichts sehnlicher, als es den Kristalldrachen heimzuzahlen. Beim letzten Mal hatte er sie nur ins Kristalltal gelockt und dort eingesperrt, damit sie seine Pläne für die Rückeroberung der Welt, die sie ihm einst genommen hatten, nicht durchkreuzen konnten. So viel Gnade würde er ihnen bei ihrem nächsten Zusammentreffen nicht zuteilwerden lassen. Er würde sie zerfetzen, einen nach dem anderen, und lachend über ihren zerschmetterten Leibern stehen, so wie vor all den Jahrtausenden, als er Kesrondaias Gefährten vernichtete. Die Erinnerung an diesen denkwürdigen Kampf zauberte ein bösartiges Grinsen auf sein Gesicht, das gleich darauf wieder verschwand, als er die Spiegelung seines nachtschwarzen, von Schlackeablagerungen bedeckten Titanenkörpers in der kristallenen Wand seines engen Gefängnisses sah.
Nichts würde er erreichen, solange er hier drin saß, nach dem Willen Kesrondaias bis zum Ende der Zeit eingepfercht mit seinem unfähigen Gehilfen Calvas, den er nur deshalb noch nicht zerquetscht hatte, weil es dann niemanden mehr gegeben hätte, an dem er seine Wut hätte auslassen können. Gäbe es nur die geringste Möglichkeit, seiner unglücklichen Lage zu entrinnen, er hätte sie ergriffen.
Vielleicht vermögen wir zu helfen.
Ghorca’than schnaubte überrascht und hob das gehörnte Haupt, als er die Worte in seinem Geist vernahm. Es war ein irgendwie unangenehmer Mehrklang, so als würde eine große Schar von Einzelwesen gemeinsam mit einer Stimme zu sprechen versuchen, ohne dass es ihnen wirklich gelang.
»Was habt Ihr, mein Gebieter?«, fragte Calvas.
»Wir sind nicht mehr allein«, dröhnte der Dämonenfürst, und seine rot glühenden Augen durchforschten die Winkel der großen Höhle mit dem Lavafall an der Stirnseite, die für eine kurze Zeit sein Thronsaal – und davor viel länger sein Gefängnis – gewesen war. »Zeigt Euch, wer immer Ihr seid!«
Ein Schatten löste sich von der Wand unweit des Eingangs. Obwohl der rotgelbe Schein des Lavafalles die ihn umgebenden Steine erhellte, blieb sein dunstiger Körper schwarz wie Ghorca’thans Seele. Alles Licht wurde von ihm vollständig aufgesogen.
»Ein Dunkelgeist«, stellte Calvas fest. »Wie kommt dieses niedere Geschöpf hierher?«
Befehlt diesem Niemand, still zu sein, damit wir reden können.
»Schweigt«, grollte der Herr der Tiefe, ohne den Hexer anzusehen. »Der Geist ist nur ein Bote. Ich will wissen, wer ihn gesandt hat.«
Sehr weise. Der hagere Schemen stakste lautlos näher, sein Antlitz ein undeutbarer Schleier aus Finsternis. Wir können Euch helfen, all Eure Rachepläne Wirklichkeit werden zu lassen. Wenn Ihr uns zuvor bei den unseren helft.
»Sagt mir zuerst, wer Ihr seid und wie Ihr hier eindringen konntet.«
Unser wahrer Name ist für Euch ohne Bedeutung. Wir sind die Dunkelheit, die das Licht hasst. Wir sind der Tod, der alles Leben verschlingt. Wir sind der Feind all derer, die auch Euch ein Dorn
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